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19.07.2012
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung

Sachverhalt
Die Kläger wohnten in den Streitjahren 2001 bis 2003 gemeinsam mit ihren beiden Kindern und den Eltern des Klägers in F. Die P GmbH, bei der der Kläger als Arbeitnehmer beschäftigt war, hatte dem Kläger 2000 die Leitung ihrer Niederlassung in D übertragen. Der Kläger und Frau E, die ab August 2000 als Assistentin der Geschäftsleitung der P GmbH in D tätig war, mieteten gemeinsam zum 01.07.2000 in D eine Dreizimmerwohnung. Später erwarben der Kläger und Frau E im von D 24 km entfernt gelegenen K jeweils zur Hälfte ein Haus, das sie im August 2001 bezogen.

Die Kläger machten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung des Klägers geltend. Das Finanzamt ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das FG abgewiesen.

Entscheidung
Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen noch keine abschließende Beurteilung, ob und in welcher Höhe Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen sind.

Zu den Werbungskosten gehören auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG i.d.F. des StÄndG 2003). Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG).

Die Errichtung des Zweithaushalts am Beschäftigungsort ist beruflich veranlasst, wenn der Arbeitnehmer den Zweithaushalt begründet, um von dort aus seinen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dann ist es insoweit auch unerheblich, ob der Arbeitnehmer diesen zweiten Haushalt allein führt oder gemeinsam mit Freunden oder Arbeitskollegen. Die Wohnform kann reine Zweckgemeinschaft sein oder auch auf persönlichen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Mitbewohnern gründen, ohne dass die Wohnung am Beschäftigungsort schon dadurch ihre Qualifikation als aus beruflichen Gründen unterhaltende Zweitwohnung verliert. Es ist unerheblich, ob zwischen den Mitbewohnern solche Beziehungen schon bestehen oder sich solche erst entwickeln. Die Lebensführung des Steuerpflichtigen am Beschäftigungsort wirkt sich nicht auf die Frage der beruflichen Veranlassung aus. Das Einkommensteuerrecht sieht insoweit keine weitere Motivforschung für die gewählte Wohnform am Beschäftigungsort vor. So hat der Senat schon in seinen Urteilen in den so genannten Wegverlegungsfällen entschieden, dass durch die Begründung einer doppelten Haushaltsführung zum ohnehin vorhandenen Haupthaushalt ein Zweithaushalt hinzukommt, ohne dass die Motive einer "Aufspaltung" der Haushaltsführung oder der Wahl des Ortes des Haupthausstands über die berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung entscheiden (BFH-Urteile vom 05.03.2009). Erst wenn sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen an den Beschäftigungsort verlagert und die Wohnung dort zum Ort der eigentlichen Haushaltsführung wird, entfällt deren berufliche Veranlassung.

Angesichts dessen scheidet der Abzug der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung entgegen der Auffassung des FG hier nicht schon deshalb aus, weil der Kläger den Zweithaushalt am Beschäftigungsort mit einer Berufskollegin in einer Art Wohngemeinschaft führte. Das FG hat nichts dazu festgestellt, dass für den Kläger in den Streitjahren die Wohnungen in D und K zum Ort seiner eigentlichen Haushaltsführung wurden, indem er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen dorthin verlagert hätte. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die entsprechenden Feststellungen nachzuholen haben.

Betroffene Norm
9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 (StÄndG 2003)
Streitjahre 2001 bis 2003

Vorinstanz
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2010, 5 K 1285/07, EFG 2011, S. 1968

Fundstelle
BFH, Urteil vom 28.03.2012, VI R 25/11, BStBl II 2012, S. 831

Weitere Fundstelle 
BFH, Urteile vom 05.03.2009, VI R 23/07, BStBl II 2009, S. 1016 und VI R 58/06, BStBl II 2009, S. 1012, siehe Deloitte Tax-News

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