BFH: Bewertung unentgeltlich eingeräumter Genussrechte
Sachverhalt
Der Arbeitgeber räumt im Oktober 2005 seinen Arbeitnehmern befristet bis Ende 2007 das Recht ein, monatlich unentgeltlich ein Genussrecht in Höhe von jeweils EUR 44 zu erwerben, das anschließend einem Kapitalkonto (Kapitalstock) gutgeschrieben wurde. Bei Erreichen des Renteneintrittsalters bzw. bei anderweitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte der Kapitalstock sowie der Saldo des Guthabenkontos an den jeweiligen Arbeitnehmer ausgezahlt werden.
Der Arbeitgeber (ein Buchverlag) unterwarf die unentgeltlich gewährten Genussrechte nicht dem Lohnsteuerabzug und berief sich dabei auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG. Das Finanzamt wiedersprach der Auffassung des Arbeitgebers und kam im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung zu dem Ergebnis, dass die unentgeltliche Gewährung der Genussrechte einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil darstellt. Daraufhin wurde ein entsprechender Nachforderungsbescheid erlassen.
Entscheidung
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs hat der Arbeitgeber richtigerweise die den Mitarbeitern unentgeltlich eingeräumten Genussrechte wegen der in § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG für unentgeltliche Sachbezüge normierten Freigrenze nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen.
Unstrittig ist, dass die unentgeltliche Überlassung von Genussrechten einen Vorteil darstellt, der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt und somit im Grundsatz zu Arbeitslohn (geldwerter Vorteil) führt. Ebenfalls unstrittig ist, dass es sich um eine Vermögensbeteiligung im Sinne des Fünften Vermögensbildungsgesetzes handelt, die nach § 19a Abs. 1 EStG bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 135 steuerfrei ist.
Bezug nehmend auf seine vorangegangene Rechtsprechung stellt der Bundesfinanzhof in seinem Urteil klar, dass die für Vermögensbeteiligungen geltende Bewertungsvorschrift des § 19a EStG nur in den Fällen anzuwenden ist, in denen der sich aus der Annahme des vom Arbeitgeber eingeräumten Überlassungsangebots ergebende (geldwerte) Vorteil bis zur endgültigen Überlassung noch Veränderungen oder Schwankungen unterliegen könnte.
Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall in seinem Überlassungsangebot den Vorteil mit einem feststehenden und konkreten und damit unabänderbaren Betrag festgelegt hat, sieht der BFH keine Anwendungsmöglichkeit für die Bewertungsvorschrift des § 19a Abs. 2 Satz 2 EStG.
Es ist daher nach Auffassung des BFH nicht weiter entscheidend, ob die nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG geltende Freigrenze durch die für Vermögensbeteiligungen geltende Vorschrift des § 19a EStG verdrängt werden könnte. Zudem darf eine begünstigende Norm nicht dazu führen, dass es zu einer ungünstigeren Behandlung kommt, als wenn es diese Vergünstigung nicht gäbe.
Vorinstanz
Finanzgericht München, Urteil vom 21.08.2008, 15 K 1238/06.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 10.03.2010, VI R 36/08
Ansprechpartner
Nils Hupfer I Hamburg
Jochen Schreiber I Düsseldorf