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22.02.2023
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Erstattung von Mobilfunkkosten des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ist steuerfrei

Die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber ist nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon von dem Arbeitnehmer zu einem niedrigen, auch unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und er das Mobiltelefon dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt. Eine unangemessene Gestaltung nach § 42 AO sieht der BFH hierin nicht. 

Sachverhalt

Eine GmbH & Co. KG (Arbeitgeber) schloss mit mehreren Arbeitnehmern Kaufverträge über deren privat angeschaffte und gebrauchte Mobiltelefone zu einem Kaufpreis zwischen 1 Euro und 6 Euro ab. Zeitgleich mit diesen Kaufverträgen schloss sie mit den Arbeitnehmern jeweils eine Vereinbarung ab, wonach die GmbH & Co. KG den Arbeitnehmern ein Mobiltelefon zur Verfügung stellt und die dafür entstehenden monatlichen Kosten des Mobilfunkvertrages bis zu einer festgelegten Höhe übernimmt. Die Arbeitnehmer konnten die Mobiltelefone privat nutzen und waren verpflichtet, die Mobiltelefone nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses herauszugeben. Die GmbH & Co. KG behandelte die erstatteten Kosten der Mobilfunkverträge nach § 3 Nr. 45 EStG als steuerfreie geldwerte Vorteile.

Das Finanzamt sah in dem Verkauf der persönlichen, gebrauchten Mobiltelefone der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eine unangemessene rechtliche Gestaltung i.S. des § 42 AO, die zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führe. Der Verkauf sei lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG erfolgt. Die Kostenerstattungen der GmbH & Co. KG an ihre Arbeitnehmer seien daher steuerpflichtiger Arbeitslohn. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung

Der BFH kommt – ebenso wie das FG – zu der Auffassung, dass es sich bei dem Kauf von Mobiltelefonen von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber zu sehr niedrigen Preisen unter Marktwert nicht um eine unangemessene rechtliche Gestaltung i.S. des § 42 AO handelt die Erstattung der Mobilfunkkosten daher nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei ist.

Gesetzliche Grundlage

Die unentgeltliche Zurverfügungstellung betrieblicher Mobiltelefone einschließlich der dazugehörenden Netzteile an Arbeitnehmer (auch) für private Zwecke und die Übernahme auf private Gespräche (anteilig) entfallender Grundgebühren und Verbindungsentgelte stellen nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich steuerbare (geldwerte) Vorteile dar.

Nach § 3 Nr. 45 EStG sind die geldwerten Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- und Telekommunikationsgeräten sowie deren Zubehör, aus zur privaten Nutzung überlassenen System- und Anwendungsprogrammen, die der Arbeitgeber auch in seinem Betrieb einsetzt, und aus den im Zusammenhang mit diesen Zuwendungen erbrachten Dienstleistungen, steuerfrei.

Steuerfreier geldwerter Vorteil nach § 3 Nr. 45 EStG

Nach dem BFH wandte die GmbH & Co. KG ihren Arbeitnehmern durch die Überlassung der Mobiltelefone und die Erstattung der Kosten aus den Mobilfunkverträgen geldwerte Vorteile i.S. des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu, die jedoch gemäß § 3 Nr. 45 S. 1 EStG steuerfrei waren. Denn die Mobiltelefone stellten betriebliche Geräte der GmbH & Co. KG dar, da die GmbH & Co. KG durch den Kauf zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Mobiltelefone geworden ist.

Fremdvergleichsgrundsatz ist nicht relevant

Eine steuerliche Anerkennung der zwischen der GmbH & Co. KG und den Arbeitnehmern abgeschlossenen Kaufverträge über die Mobiltelefone sei nicht nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu versagen.

Nach dem BFH bestand zwischen der GmbH & Co. KG und ihren Arbeitnehmern bei Abschluss der Verträge ein natürlicher Interessengegensatz. Sie standen sich bei Abschluss der Kaufverträge als wirtschaftlich selbständige Marktteilnehmer gegenüber, bei denen regelmäßig davon ausgegangen werden könne, dass sie ihre jeweiligen (wirtschaftlichen) Interessen beim Abschluss gegenseitiger Verträge wahren. Allein aufgrund der geringen Höhe der vereinbarten Kaufpreise für die Mobiltelefone könne nicht angenommen werden, dass die Kaufverträge einem Fremdvergleich zu unterziehen seien bzw. einem solchen nicht standhalten würden (entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, vgl. H 3.45 LStH „Beispiele für die Anwendung des § 3 Nr. 45 EStG“, Beispiel 2). Denn die vereinbarten Kaufpreise als solche indizierten noch kein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen bestimmendes Näheverhältnis zwischen der GmbH & Co. KG und ihren Arbeitnehmern. Zudem können die (geringen) Kaufpreise nicht isoliert betrachtet werden, sondern seien in dem wirtschaftlichen Zusammenhang zu würdigen. Soweit die Arbeitnehmer angesichts der Vorteile, die ihnen die Vereinbarungen insbesondere durch die Übernahme ihrer privaten Telefonkosten brachten, bereit waren, ihre Mobiltelefone an den Arbeitgeber – möglicherweise auch unter Marktwert – zu verkaufen, sei dieser vertraglichen Regelung die steuerliche Anerkennung nicht nach Fremdvergleichsgrundsätzen zu versagen.

Verkäufe der Mobiltelefone sind keine missbräuchliche Gestaltung nach § 42 AO

Nach Auffassung des BFH stellt der Abschluss der Kaufverträge über die Mobiltelefone zu Kaufpreisen zwischen 1 Euro und 6 Euro auch keinen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO dar. Die Kaufverträge und die darauf beruhende Übereignung der Geräte an die GmbH & Co. KG seien vielmehr die wirtschaftlich angemessene, einfache und zweckmäßige Möglichkeit, der GmbH & Co. KG betriebliche Mobiltelefone zu verschaffen. Der Abschluss der Kaufverträge sei auch keine nur vorübergehende, kurzfristige Maßnahme, um gesetzlich nicht vorgesehene Steuervorteile zu erlangen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 21.08.2012, VIII R 32/09). Vielmehr verblieben die von der GmbH & Co. KG erworbenen Mobiltelefone dauerhaft in deren (zivilrechtlichem) Eigentum. Der Umstand, dass die vorliegende Gestaltung es der GmbH & Co. KG gestattete, die Mobiltelefone ihren Arbeitnehmern anschließend wieder zu überlassen und unter Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG deren steuerfreie Privatnutzung zu ermöglichen, führe nicht zur Unangemessenheit der Gestaltung. Vielmehr verwirkliche sich hierdurch gerade ein vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehener steuerlicher Vorteil.

Insoweit sei es auch grundsätzlich ohne Bedeutung, zu welchem Kaufpreis die GmbH & Co. KG die Mobiltelefone erworben hat. Die Höhe der Anschaffungskosten, die der Arbeitgeber für den Erwerb der betrieblichen Telekommunikationsgeräte aufwenden muss, sei für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 45 EStG nicht relevant.

Das Ziel, eine Steuerbefreiungsvorschrift zu verwirklichen, macht eine rechtliche Gestaltung nicht unangemessen

Es treffe zwar zu, dass die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG nicht in Betracht gekommen wäre, falls die GmbH & Co. KG die Mobiltelefone nicht käuflich erworben hätte. Der Verzicht auf den Kauf der Mobiltelefone und damit auf die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung sei aber nicht die "angemessene Gestaltung" i.S. von § 42 Abs. 2 S. 1 AO, so der BFH. Vielmehr stehe es dem Steuerpflichtigen frei, einen gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil in Anspruch zu nehmen. Kein Steuerpflichtiger sei verpflichtet, einen Sachverhalt so zu gestalten, dass ein Steueranspruch entsteht. Das Bestreben, Steuern zu sparen bzw. den Tatbestand einer Steuerbefreiungsvorschrift zu verwirklichen, mache eine im Übrigen angemessene rechtliche Gestaltung nach ständiger Rechtsprechung nicht unangemessen (vgl. BFH-Urteile vom 03.02.1998, IX R 38/969 und vom 18.12.2013, I R 25/12).

Betroffene Normen

§ 42 AO, § 3 Nr. 45 EStG

Streitjahr 2015 bis 2016

Vorinstanz

Finanzgericht München, Urteil vom 20.11.2020, 8 K 2655/19, EFG 2021, S. 1288

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23.11.2022, IV R 50/20, BStBl II 2023, S. 584

Parallelentscheidung:

BFH, Urteil vom 23.11.2022, VI R 51/20

Weitere Fundstellen

​BFH, Urteil vom 22.10.1976, VI R 26/74, BStBl. II 1977, S. 99

BFH, Urteil vom 12.07.2017, VI R 59/15, BStBl. II 2018, S. 461

BFH, Urteil vom 18.11.2020, VI R 28/18, BStBl. II 2021, S. 450​

BFH, Urteil vom 04.04.2001, VI R 173/00, BStBl. II 2001, S. 677

BFH, Urteil vom 21.08.2012, VIII R 32/09, BStBl. II 2013, S. 16. siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 03.02.1998, IX R 38/96, BStBl. II 1998, S. 539

BFH, Urteil vom 18.12.2013, I R 25/12

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