BFH: Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung kein Arbeitslohn
Der Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung ist kein lohnsteuerbarer Vorteil, auch wenn der Arbeitnehmer die Beteiligung an seinem Arbeitgeber zuvor verbilligt (was Arbeitslohn sein kann) erworben hat. Ein lohnsteuerbarer Vorteil kann nur insoweit vorliegen, als der Arbeitnehmer aus der Veräußerung der Mitarbeiterbeteiligung einen durch das Arbeitsverhältnis veranlassten marktunüblichen Überpreis erzielt.
Sachverhalt

Der Kläger war als leitender Angestellter bei einer GmbH beschäftigt, deren Anteile von der Y AG gehalten wurden, welche wiederum von einer Investorengruppe mittelbar über mehrere Tochtergesellschaften letztlich über die Luxemburger S S.á.r.l. mit dem Ziel erworben wurde, diese nach einer Umstrukturierung an die Börse zu bringen.
Dazu wurde ausgesuchten Führungskräften der GmbH (u.a. dem Kläger) die Möglichkeit eingeräumt, sich im Rahmen eines Managerbeteiligungsprogramms an dem Investment über eine vermögensverwaltende Manager-KG zu beteiligen, die ihrerseits Anteile an der S S.á.r.l. erwarb. Der Kläger beteiligte sich im Jahr 2006 mit einer Kommanditeinlage an der Manager-KG und war dadurch mittelbar an der S S.á.r.l. beteiligt. Die Y AG konnte nach einem Jahr erfolgreich an der Börse platziert werden. Vereinbarungsgemäß schied die Manager-KG nach dem Börsengang wieder aus der S S.á.r.l. aus und erhielt dafür die ihrem Anteil entsprechenden Aktien an der Y KG. Entsprechend seiner Kommanditbeteiligung wurden dem Kläger im Jahr 2007 Aktien der Y AG übertragen. Das Finanzamt sah darin im Streitjahr 2007 zugeflossenen Arbeitslohn. Der dagegen gerichteten Klage gab das FG statt.
Entscheidung
Der BFH schließt sich der Auffassung des FG an und kommt zu dem Ergebnis, dass der Erlös aus der Veräußerung der über die Manager KG gehaltenen Anteile an S keinen geldwerten Vorteil bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit darstellt und der Veräußerungserlös auch nach keiner anderen Einkunftsart steuerbar ist.
Gesetzliche Grundlagen
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG), die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).
Kein Vorliegen eines geldwerten Vorteils
An einem geldwerten Vorteil fehle es bereits deshalb, weil der Kläger die Anteile an der Y AG nicht verbilligt erlangt hat. Denn im Streitfall habe S ihre Gesellschaftsanteile von der Manager KG zum Marktpreis als Differenz zwischen dem (Rück-)Kaufpreis (Wert der Aktien am Übertragungsstichtag) und den Anschaffungskosten der Beteiligung (Kapitaleinlage) zurückgekauft. Leistung und Gegenleistung stünden sich bei der Veräußerung der Gesellschaftsanteile gegen die Übertragung der Aktien daher ausgeglichen gegenüber, so dass es insoweit an einem Überpreis fehlen würde. Dies gilt laut dem BFH selbst dann, wenn der Kläger die (Kapital-)Beteiligung zuvor verbilligt erworben haben sollte.
Begründung eines Sonderrechtsverhältnisses
Der Kläger hätte mit seiner Beteiligung an der vermögensverwaltenden Manager KG, aufgrund der ihm die von der Manager KG gehaltenen Anteile an S gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO entsprechend seiner Kommanditbeteiligung anteilig zuzurechnen waren, ein zivilrechtlich wirksames Sonderrechtsverhältnis begründet, das neben seinem Arbeitsverhältnis zu der GmbH bestand. Die (Kommandit-)Beteiligung an der Manager KG würde eine eigenständige, vom Arbeitsverhältnis des Klägers unabhängige Erwerbsgrundlage/Einkunftsquelle darstellen. Nach dem Erwerb eintretende Wertänderungen (vgl. BFH-Urteil vom 07.05.2014, VI R 73/12, Rz. 22), aber auch (Veräußerungs-)Gewinne wie Verluste seien regelmäßig nicht (mehr) durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, sondern durch das Sonderrechtsverhältnis "Beteiligung". Sie würden dem Arbeitnehmer nicht durch den Arbeitgeber vermittelt werden, sondern seien dem Marktgeschehen geschuldet. Der Kläger hat nach der Auffassung des BFH durch die Veräußerung der über die Manager KG gehaltenen Anteile an S daher keinen Arbeitslohn bezogen.
Kein weiterer Steuertatbestand erfüllt
Der Erlös des Klägers aus dem Rückkauf der Gesellschaftsanteile der S im Streitjahr ist auch keiner anderen der Einkunftsart zuzurechnen.
Betroffene Norm
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Streitjahr: 2007
Anmerkung
Soweit ersichtlich, hat der BFH zum ersten Mal höchstrichterlich entschieden, dass der Gewinn aus der marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung keinen Arbeitslohn darstellt.
Zu beachten ist, dass seit 2018 solche Veräußerungsgeschäfte als Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem gesonderten Steuersatz von 25 % besteuert werden. Die Attraktivität derartiger Beteiligungsmodelle wird damit zwar eingeschränkt, sie bieten aber angesichts des regelmäßig höheren individuellen Steuersatzes der an solchen Gestaltungen beteiligten Arbeitnehmern aus der Führungsebene weiterhin einen Anreiz.
Vorinstanz
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.2020, 2 K 1774/17, EFG 2020, S. 1424
Fundstellen
BFH, Urteil vom 14.12.2023, VI R 1/21, lt. BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen
Pressemitteilung Nr. 010/24 vom 27.02.2024
Parallelentscheidung: BFH, Urteil vom 14.12.2023, VI R 2/21,
Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 07.05.2014, VI R 73/12, BStBl. II 2014, S. 904
