BFH: Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen
Eine Betriebsveranstaltung kann nach der 2015 eingefügten Neuregelung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Betriebsangehörigen offensteht. Die Voraussetzungen der Lohnsteuerpauschalierung mit dem Pauschsteuersatzes von 25 % sind erfüllt.
Sachverhalt
Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2015 in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Vorstandsmitglieder eingeladen waren. Darüber hinaus richtete sie im selben Jahr eine Weihnachtsfeier für Mitarbeiter des oberen Führungskreises aus. Die ihren Vorstandsmitgliedern und den Führungskräften mit den jeweiligen Weihnachtsfeiern zugewandten Vorteile wurden nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die beantragte Lohnsteuerpauschalierung nicht mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erfolgen könne. Denn der Begriff der Betriebsveranstaltung setze ungeachtet der Einfügung einer Legaldefinition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG mit Wirkung vom 01.01.2015 weiterhin voraus, dass die Teilnahme an der Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offenstehe. Das sah auch das FG so.
Entscheidung
Der BFH gelangt im Gegensatz zum FG zu der Auffassung, dass für den Arbeitslohn, der den Vorstandsmitgliedern und Führungskräften mit der Teilnahme an den Weihnachtsfeiern als Sachbezug zugewandt wurde, die Voraussetzungen einer pauschalen Versteuerung mit 25 % gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG vorliegen.
Gesetzliche Grundlagen
Nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt.
Betriebsveranstaltungen sind nach der mit Wirkung zum 01.01.2015 eingefügten Legaldefinition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter.
Bisherige BFH-Rechtsprechung
Bis zur gesetzlichen Neuregelung hat der BFH in ständiger Rechtsprechung unter den Begriff der Betriebsveranstaltung nur Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter subsumiert, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offenstand (z.B. BFH-Urteile vom 16.05.2013, VI R 94/10 und VI R 7/11).
Neuregelung zur Betriebsveranstaltung ab 2015
Das auf der BFH-Rechtsprechung gründende Tatbestandsmerkmal des Offenstehens hat in der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden gesetzlichen Legaldefinition der Betriebsveranstaltung keinen Niederschlag gefunden. Diese Voraussetzung findet sich (nunmehr) vielmehr in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 EStG und steht damit nur noch in Verbindung mit der Gewährung des Freibetrags in Höhe von 110 Euro.
Ab 2015 setzt eine Betriebsveranstaltung nur noch eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter voraus. Eine Veranstaltung, an der ausschließlich Beschäftigte des Betriebs und deren Begleitpersonen teilnehmen können, ist danach eine solche Betriebsveranstaltung, auch wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs offensteht.
Auffassung der Finanzverwaltung
Auch die Finanzverwaltung sieht Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter als Betriebsveranstaltungen an, wenn daran überwiegend Betriebsangehörige, deren Begleitpersonen und ggf. Leiharbeitnehmer oder Arbeitnehmer anderer Unternehmen im Konzernverbund teilnehmen (BMF-Schreiben vom 14.10.2015).
Betroffene Normen
§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 und 3 EStG, § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG
Streitjahr: 2015
Vorinstanz
Finanzgericht Köln, Urteil vom 27.01.2022, 6 K 2175/20, siehe Deloitte Tax News
Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.03.2024, VI R 5/22
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 14.10.2015, BStBl. I 2015, S. 832, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 15.06.2016, VI R 54/15, BStBl. II 2016, S. 1010, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteile vom 16.05.2013, VI R 94/10, BStBl. II 2015, S. 186 und VI R 7/11, BStBl. II 2015, S. 189, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 15.01.2009, VI R 22/06, BStBl. II 2009, S. 476
BFH, Urteil vom 07.11.2006, VI R 58/04, BStBl. II 2007, S. 128
BFH, Beschluss des Großen Senats vom 25.11.2002, GrS 2/01, BStBl. II 2003, S. 548
BFH, Urteil vom 07.02.1997, VI R 3/96, BStBl. II 1997, S. 365