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13.07.2011
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Sind Beitragszahlungen des Arbeitgebers zu einer Gruppenkrankenversicherung steuerpflichtiger Arbeitslohn?

Sachverhalt

Der Arbeitgeber unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb und beschäftigte dort regelmäßig polnische Saisonarbeitskräfte. Für diese Arbeitskräfte hatte er eine private Gruppenkrankenversicherung abgeschlossen und die Beiträge bezahlt.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Zahlung dieser Beiträge Arbeitslohn darstellt, welcher lohnsteuerlich zu würdigen ist. Nach erfolglosem Einspruch gegen den nach der Außenprüfung durch das Finanzamt erlassenen Nachforderungsbescheid erhob der Arbeitgeber Klage beim Finanzgericht. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Bei den gezahlten Beiträgen handelt es sich nach Auffassung des Finanzgerichts um steuerpflichtigen Barlohn. Das Finanzgericht erkannte zwar das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Beitragserbringung wegen des faktischen Zwangs zum Abschluss der Krankenversicherungsverträge an, war jedoch der Auffassung, dass das eigenbetriebliche Interesse nicht den Vorteil des Arbeitnehmers am Krankenversicherungsschutz überwiegt. Des Weiteren handele es sich um Barlohn, weil der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer sei und der Arbeitgeber nur dessen Verbindlichkeit getilgt habe.

Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte der Arbeitgeber Revision beim BFH ein.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH ist die Revision begründet. Aufgrund fehlender Feststellungen des Finanzgerichtes u.a. zum Versicherungsvertrag war es dem BFH jedoch nicht möglich, in der Sache final zu entscheiden. Die Entscheidung des Finanzgerichtes wurde infolgedessen durch den BFH aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Nach Ansicht des BFH sind im vorliegenden Urteilsfall zahlreiche Tatbestände nochmals zu prüfen. Weiterhin ist auf Basis dieser Prüfung festzustellen, ob die Beitragszahlungen in einer private Gruppenkrankenversicherung im vorliegenden Fall zu steuerpflichtigem Bar-oder Sachlohn führen.
Grundsätzlich führte der BFH in seinem Urteil aus, dass Beiträge des Arbeitgebers zu einer privaten Gruppenkrankenversicherung Arbeitslohn des Arbeitnehmers darstellen, wenn dieser durch die Beitragsleistung einen eigenen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen den Versicherer erlangt. 

Die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ist in Höhe der geleisteten Beiträge als Sachlohn zu qualifizieren, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht alternativ eine Geldzahlung verlangen kann. Der BFH verweist in diesem Zusammenhang auf das grundlegende Senats-Urteil vom 11. November 2010 (VI R 41/10) bezüglich der Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn. Danach ist für die Zuordnung der Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend. Auf Grund der arbeitsvertraglichen Regelungen ist daher zu ermitteln, welche Leistungen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Kann der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst (im vorliegenden Fall Versicherungsschutz) beanspruchen, liegt ein Sachbezug vor. Unerheblich ist in diesem Fall, dass der Arbeitnehmer die Sache nicht unmittelbar vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten auf Kosten des Arbeitgebers erhält. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder ob der Arbeitgeber die Sachleistung bei einem Dritten bezieht (Senatsurteil vom 11. November 2010, VI R 27/09). Hat der Arbeitnehmer dagegen einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihm anstelle des Sachbezugs (Versicherungsschutz) einen Barlohn in Höhe des Wertes des Sachbezuges ausbezahlt, liegt keine Sachbezug vor. Die Unterscheidung zwischen Bar- und Sachlohn ist vor dem Hintergrund wichtig, ob die Sachbezugsfreigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG anwendbar ist. 

Weiterhin können die Beiträge für eine Krankenversicherung der Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 62 Satz 1 Alt. 3 EStG steuerfrei sein, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer zwischenstaatlichen Verwaltungsvereinbarung, die ihrerseits auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht, zur Leistung verpflichtet ist. Der BFH hat in diesem Zusammenhang offengelassen, ob eine zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Nationalen Amt Polens eine Bestimmung darstellt, aus der sich eine Verpflichtung zur Erbringung von Krankenversicherungsleistungen ergibt. Diese Feststellung obliegt dem Finanzgericht.

Betroffene Norm

§ 2 LStDV

Vorinstanz

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01.09.2009, 6 K 1661/08

Fundstelle

BFH, Urteil vom 14.04.2011, VI R 24/10

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.11.2010, VI R 41/10, BFHE 232, S. 62, BStBl II 2011, S. 389
BFH, Urteil vom 11.11.2010, VI R 27/09, BFHE 232, S. 56, BStBl II 2011, S. 386

Ansprechpartner

Jochen Schreiber | Düsseldorf

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