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26.03.2010
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Übernahme von Steuerberatungskosten ist Arbeitslohn

Aktuell: Der BFH hat mittlerweile seine Rechtsprechung geändert und vertritt nun die Auffassung, dass die Übernahme von Steuerberatungskosten des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen kann und somit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellt.
BFH, Urteil vom 09.05.2019, VI R 28/17, siehe Deloitte Tax-News 
                                                                                                                                 

Die Übernahme von Steuerberatungskosten für die Erstellung von Einkommensteuererklärungen der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber führt bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung zu Arbeitslohn.

Sachverhalt

Die Klägerin beschäftigte u.a. von ihrer Muttergesellschaft aus Japan entsandte Arbeitnehmer. Mit diesen bestehen Nettolohnvereinbarungen. Danach trägt der Arbeitgeber Steuern und Sozialabgaben für die Arbeitnehmer und diese treten dem Arbeitgeber alle Erstattungen von Steuern und Sozialabgaben ab. Nach den Feststellungen einer Lohnsteuer-Außenprüfung hatte die Klägerin für ihre japanischen Mitarbeiter die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen übernommen. Der Prüfer vertrat die Auffassung, insoweit liege steuerpflichtiger Arbeitslohn vor und berechnete die Mehrsteuern netto zu Lasten des Arbeitgebers. Streitig war daher, ob die Übernahme von Steuerberatungskosten im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung zu Arbeitslohn führt.

Entscheidung

Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber - neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung.

Vor diesem Hintergrund ist im Streitfall festzustellen, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten für die Steuererklärungen der japanischen Arbeitnehmer durch die Klägerin auch im eigenen Interesse der ausländischen Arbeitnehmer erfolgte und deshalb Arbeitslohn anzunehmen ist. Im Streitfall liegt der Abschluss der Nettolohnvereinbarungen sogar im überwiegenden Interesse der ausländischen Arbeitnehmer, weil die Nettolohnvereinbarung für den Arbeitgeber unzweckmäßig und risikobehaftet ist. Denn der (ausländische) Arbeitnehmer kann die Lohnkostenbelastung durch Änderung von in seiner Sphäre liegenden individuellen Umständen beeinflussen. Zudem wirken sich Beitragserhöhungen zu Lasten des Arbeitgebers aus. In diesem Fall muss er einen höheren Bruttolohn berechnen, um dem Arbeitnehmer den vereinbarten Nettolohn zu zahlen. Den ausländischen Arbeitnehmern hingegen wird mit dem zugesagten Nettolohn eine handhabbare Entscheidungs- und Vergleichsgröße zur Verfügung gestellt, die ihnen erlaubt, den wirtschaftlichen Nutzen des Auslandsaufenthalts zu bewerten. Darüber hinaus muss sich der Arbeitnehmer bei einer Nettolohnabrede weder mit steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einer ausländischen Rechtsordnung noch mit den Fragen grenzüberschreitender Besteuerung befassen. 

Zwar liegen Nettolohnvereinbarungen auch im Interesse des Arbeitgebers. Denn derartige Vereinbarungen dienen der Minimierung von Lohnkosten. Eine Bruttolohnvereinbarung würde bei jeder Veränderung der für die Berechnung des Nettolohns maßgeblichen Größen eine Vertragsanpassung erfordern und wäre daher mit einem administrativen Mehraufwand für den Arbeitgeber verbunden. Trotzdem kann dieser Umstand ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers am Abschluss von Nettolohnvereinbarungen nicht begründen. Die Übernahme der Steuerberatungskosten für die Erstellung der Steuererklärungen der japanischen Arbeitnehmer durch die Klägerin führte daher zu Arbeitslohn.

Vorinstanz

FG Düsseldorf, Urteil vom 05.12.2007, Az. 7 K 1743/07 H (L), EFG 2008, S. 545.

Fundstelle

BFH-Urteil vom 21.01.2010, Az. VI R 2/08, BStBl II 2010, S. 639.

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