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01.02.2013
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BFH: Zufluss von Aktienoptionsrechten für Arbeitnehmer bei Übertragung auf Dritten

Der Vorteil aus einem vom Arbeitgeber eingeräumten Aktienoptionsrecht fließt dem Arbeitnehmer zu, wenn der Arbeitnehmer das Recht ausübt oder anderweitig verwertet. Eine solche anderweitige Verwertung liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer das Recht auf einen Dritten überträgt. Der Vorteil bemisst sich nach dem Wert des Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber.

Sachverhalt

Der Kläger ist bei der E-GmbH als Geschäftsführer beschäftigt und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die E-GmbH räumte dem Kläger das Recht ein, Aktien der A-AG zu einem festgelegten Kaufpreis zu erwerben. Der Kläger übertrug im Jahr 2002 seine Rechten und Pflichten aus dem Optionsvertrag entgeltlich auf die Z-GmbH, an der er zu 100 % beteiligt war. Im Streitjahr 2004 übte die Z-GmbH das Optionsrecht aus. Die Aktien der A-AG wurden daraufhin in das Depot der Z-GmbH eingebucht. Das Finanzamt ermittelte hieraus für den Kläger einen geldwerten Vorteil mit dem Kurswert im Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot der Z-GmbH abzüglich des Kaufpreises der Aktien. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung der Aktienoption, die der Kläger entgeltlich an die von ihm beherrschte Kapitalgesellschaft übertragen hat.

Entscheidung

Das FG hat zwar grds. zutreffend entschieden, dass die Einräumung eines Optionsrechts durch den Arbeitgeber zugunsten seines Arbeitnehmers einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründen kann. Entgegen der Ansicht des FG ist dem Kläger ein solcher geldwerter Vorteil allerdings nicht erst im Jahr der Ausübung des Optionsrechts durch die Z-GmbH, sondern bereits im Jahr der Übertragung des Rechts auf die Z-GmbH zugeflossen.

Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG). Auch die Gewährung eines Ankaufs-/Optionsrechts kann zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen. Nach (mittlerweile) ständiger Rechtsprechung des BFH fließt i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG der Vorteil aus einem solchen Optionsrecht nicht schon mit Einräumung des Optionsrechts zu, sondern erst mit Ausübung der Option. Der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil in Form des auf den Aktienerwerb gewährten Preisnachlasses gelangt regelmäßig erst aufgrund der Ausübung der Option in das wirtschaftliche Eigentum des Arbeitnehmers (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 20.11.2008).

Der Vorteil fließt dem Arbeitnehmer nicht nur durch Ausübung, sondern auch durch Verwertung des Optionsrechts zu. Eine solche anderweitige Verwertung liegt regelmäßig vor, wenn der Arbeitnehmer über das Recht verfügt, so etwa, wenn der Arbeitnehmer ein Wandeldarlehen samt damit verbundenem Wandlungsrecht gegen Entgelt auf einen Dritten überträgt (BFH, Urteil vom 23.06.2005) oder auf ein ihm zugewandtes Aktienankaufsrecht gegen Entgelt verzichtet (BFH, Urteil vom 19.06.2008). Der einkommensteuerrechtlich maßgebende Zuflusszeitpunkt des aus einer Option stammenden Vorteils richtet sich grds. nach dem Zeitpunkt der Verwertung des Rechts. Im Fall der Optionsausübung ist dies regelmäßig der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien, nämlich der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers (BFH, Urteil vom 20.11.2008, m.w.N.). Soweit der Arbeitnehmer über das Optionsrecht anderweitig verfügt, ist der Vorteil aus der Verwertung dieses Rechts im Zeitpunkt der Verfügung darüber zu erfassen, nämlich im Zeitpunkt der Übertragung des Rechts (BFH, Urteil vom 23.06.2005) oder des Verzichts darauf (BFH, Urteil vom 19.06.2008).

Demnach ist im Streitfall dem Kläger kein geldwerter Vorteil im Streitjahr 2004 (Ausübung des Optionsrechts durch die Z-GmbH) zugeflossen. Denn der Kläger hatte das Optionsrecht bereits im Jahr 2002 durch Übertragung des Rechts auf die Z-GmbH verwertet. Entgegen der Auffassung des FG ist auch eine verdeckte Einlage eines dem Arbeitnehmer von dessen Arbeitgeber eingeräumten Optionsrechts eine Verwertung des Rechts, indem der Arbeitnehmer das Recht auf einen anderen Rechtsträger überträgt. Der Vorteil aus der Verwertung des Optionsrechts ist im Zeitpunkt der Verfügung darüber zugeflossen und auch auf diesen Zeitpunkt zu bewerten. Entscheidend ist demnach der Wert des Optionsrechts im Zeitpunkt der Übertragung auf die Z-GmbH. Das durch Übertragung realisierte Optionsrecht zählt in gleicher Weise wie vom Arbeitgeber verbilligt zugewandte Aktien zu den Sachbezügen i.S.d. § 8 Abs. 2 S.1 EStG und ist mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen.

Betroffene Norm
§ 11 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2 EStG
Streitjahr 2004

Vorinstanz
Finanzgericht München, Urteil vom 20.10.2010, 9 K 3804/08, EFG 2011, S. 702, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 18.09.2012, VI R 90/10, BStBl II 2013, S. 289 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 20.11.2008, VI R 25/05, BStBl II 2009, S. 382
BFH, Urteil vom 19.06.2008, VI R 4/05, BStBl II 2008, S. 826
BFH, Urteil vom 23.06.2005, VI R 10/03, BStBl II 2005, S. 770

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