BFH: Zuflusszeitpunkt von Arbeitslohn bei Gutschrift von Beteiligungskapital
Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte für ihre Arbeitnehmer im Rahmen eines Strategie- und Restrukturierungskonzepts als Maßnahme zur Kostensenkung u.a. die Variabilisierung von Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung über einen Zeitraum von drei Jahren ein. Als teilweisen Ausgleich bzw. zur Hebung der Motivation erhielten die betroffenen Arbeitnehmer im Gegenzug eine stille Beteiligung im Gesamtwert von 1.000 DM. Entsprechend dieser Vereinbarung schrieb die Klägerin u.a. zum 31. Dezember der Jahre 2001, 2002 und 2003 in ihren Jahresabschlüssen den Beteiligungskonten der betroffenen Arbeitnehmer jeweils 300 DM gut, ein weiterer Betrag von 100 DM wurde zum 31. Dezember 2004 gutgeschrieben. Die Klägerin behielt bzw. führte für die auf den Beteiligungskonten der betroffenen Arbeitnehmer gutgeschriebenen Beträge keine Lohnsteuer ab, da es nach ihrer Auffassung an einem Zufluss von Arbeitslohn fehlte. Das Finanzamt ging nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung hingegen von einem Zufluss aus und nahm dementsprechend die Klägerin im Wege der Haftung in Anspruch.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos, ebenso wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Mit ihrer Revision rügte die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidung
Die Revision ist unbegründet und demnach zurückzuweisen. Der BFH stimmt dem FG zu, dass bereits die Gutschrift des Beteiligungskapitals den Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG bewirkt. Unstrittig zwischen den Beteiligten ist dabei, dass die gutgeschriebenen Beträge einen geldwerten, der Entlohnung dienenden Vorteil darstellten und nicht als laufender Arbeitslohn sondern als sonstiger Bezug gezahlt wurden.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist grundsätzlich von Zufluss von Arbeitslohn auszugehen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum an dem versprochenen Vorteil verschafft. Der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht richtet sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann bereits einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldbuchverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verfügung steht. Darüber hinaus muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist bei den Arbeitnehmern ein Zufluss des jeweils gutgeschriebenen Beteiligungskapitals i.S. von § 11 Abs. 1 EStG im Zeitpunkt der Gutschrift zu bejahen. In der Überlassung der fälligen und verdienten Beträge liegt wirtschaftlich eine Vorausverfügung, die nicht anders behandelt werden kann als eine Auszahlung und Wiedereinzahlung auf die Beteiligungskonten. Maßgebend ist auch, dass die Gutschrift zur Zahlung der Einlage gemäß § 230 Abs. 1 HGB zur Verfügung stand.
Auch die langfristige beschränkte Verfügungsmacht der Arbeitnehmer steht einem Zufluss von Arbeitslohn nicht entgegen. Denn auch im vergleichbaren Fall des Erwerbs von Aktien zum verbilligten Kurs steht dem Zufluss nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Sperr- bzw. Haltefrist die Aktien für bestimmte Zeit nicht veräußern kann. Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass die angesammelten Beträge verzinst werden, dafür, dass der Arbeitnehmer ihm zuzurechnendes Kapital entgeltlich zur Nutzung überlässt. Hinzu kommt, dass die die Gewinnanteile jeweils bei Fälligkeit mit der Lohnabrechnung an die Arbeitnehmer ausbezahlt wurden.
Ein Zufluss ist daher, in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil in BFHE 135, 542, BStBl II 1982, 469, bereits anzunehmen, wenn die Gutschriften als Vermögenseinlagen der Arbeitnehmer zur Begründung einer stillen Gesellschaft zu verstehen sind. Der Senat geht davon aus, dass in einem solchen Fall die Arbeitnehmer bereits über Ihre Mittel durch verzinsliches Stehenlassen im Vermögen des Arbeitgebers verfügt haben. Es handelt sich hierbei nämlich um eine von diesen getroffene Vorausverfügung und nicht nur um eine „zustimmende Kenntnisnahme“.
Vorinstanz
FG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.11.2007, EFG 2009, S. 665.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 11.02.2010, VI R 47/08.
Ansprechpartner
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