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28.04.2011
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

BMF: Dienstwagenbesteuerung – Lohnsteuerliche Behandlung von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Hintergrund

Der BFH hat in der Vergangenheit mehrere Urteile zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte erlassen. In diesen Urteilen hat der BFH übereinstimmend die Rechtsauffassung vertreten, dass es sich bei der 0,03%-Regelung (Zuschlagsregelung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) um einen Korrekturposten zur Entfernungspauschale handelt und daher ein geldwerter Vorteil lediglich im Umfang der tatsächlichen Nutzung des Firmenwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu erfolgen hat. Wird der Dienstwagen beispielsweise nur einmal wöchentlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, hängt der Zuschlag von der Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten ab. Hinsichtlich der Ermittlung des Zuschlages ist auf die Einzelbewertung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit dem Ansatz von 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer zurückzugreifen.

Zuletzt hatte der BFH seine Rechtsauffassung mit Beschluss vom 31.01.2011 erneut bestätigt. Die eingereichte Beschwerde hinsichtlich des Ansatzes des 0,03%-Zuschlags für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wurde vom BFH mit dem Hinweis des fehlenden Interesses der Allgemeinheit abgelehnt. Die vorgetragene Beschwerde beinhaltet nach Auffassung des BFH eine Rechtsfrage, welche durch den BFH bereits in mehreren Urteilen abschließend geklärt wurde.

Verwaltungsanweisung

Nachdem die Finanzverwaltung der jüngeren BFH-Rechtsprechung bisher nicht gefolgt war, hat sie mit Schreiben vom 01.04.2011 zur Anwendung der BFH-Urteile vom 22.09.2010 (VI R 54/09, VI R 55/09, VI R 57/09) bezüglich der lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte Stellung genommen und ihre bisherige Auffassung (BMF, Schreiben v. 23.10.2008, BStBl I S. 961 und v. 12.03.2009, BStBl I S. 500) revidiert.

Stellt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen unentgeltlich zur Verfügung und kann der Arbeitnehmer den Firmenwagen auch privat nutzen, handelt es sich bei dieser Nutzungsmöglichkeit um einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Der geldwerte Vorteil wird gemäß der 1%-Regelung ermittelt. Der geldwerte Vorteil erhöht sich um monatlich 0,03% des Bruttolistenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die Finanzverwaltung vertrat bisher die Auffassung, dass der 0,03%-Zuschlag unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen ist. Diese Auffassung hält die Finanzverwaltung nicht mehr aufrecht.

Die o.g. BFH-Rechtsprechung ist gemäß dem neuen BMF-Schreiben für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2010 in allen offenen Fällen im Veranlagungsverfahren anwendbar. Ab 2011 ist die neue Rechtsprechung auch im Lohnsteuerabzugsverfahren anwendbar. Hierdurch ergeben sich für den Arbeitgeber folgende Konsequenzen:

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens den geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Basis der tatsächlichen Nutzung zu ermitteln. Dies bedeutet, dass der geldwerte Vorteil nach wie vor unter Anwendung der 0,03%-Regelung ermittelt werden kann.

Der Arbeitgeber muss in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer für jedes Kalenderjahr einheitlich festlegen, ob die BFH-Rechtsprechung (Einzelbewertung) oder die 0,03%-Regelung angewendet werden soll. Die Methode darf während des Kalenderjahres nicht gewechselt werden. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist der Arbeitnehmer jedoch nicht an die für die Erhebung der Lohnsteuer gewählte Methode gebunden und kann die Methode einheitlich für alle ihm überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge für das gesamte Kalenderjahr wechseln.

Entscheidet sich der Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer zur Anwendung der Einzelbewertung, muss der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich fahrzeugbezogen schriftlich erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er das betriebliche Kraftfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte genutzt hat; die bloße Angabe der Anzahl der Tage reicht nicht aus. Diese Erklärungen hat der Arbeitgeber als Belege zum Lohnkonto aufzubewahren. Aus Vereinfachungsgründen ist dabei nicht zu beanstanden, wenn für den Lohnsteuerabzug jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt wird. Der Arbeitgeber hat aufgrund der Erklärung des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug durchzuführen, sofern der Arbeitnehmer nicht erkennbar unrichtige Angaben macht. Ermittlungspflichten des Arbeitgebers ergeben sich hierdurch nicht.

Wird im Lohnsteuerabzugsverfahren eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten vorgenommen, so hat der Arbeitgeber für alle dem Arbeitnehmer überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeuge eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Fahrten vorzunehmen, wobei eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ausgeschlossen ist.

Sofern der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren 2011 bisher die 0,03%-Regelung angewendet hat, kann er ausnahmsweise während des Kalenderjahres 2011 zur Anwendung der Einzelbewertung übergehen. Die Methode darf während des Kalenderjahres 2011 jedoch nicht erneut gewechselt werden. Die Begrenzung auf 180 Tage ist für jeden Kalendermonat, in dem die 0,03%-Regelung angewandt wurde, um 15 Tage zu kürzen.

Weiterhin übernimmt die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen die Rechtsauffassung des BFH im Urteil vom 22.09.2010 (VI R 54/09), wonach die Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03% Regelung) selbständig neben der 1%-Regelung anzuwenden ist. In diesem Zusammenhang sind die bestehenden Verwaltungsgrundsätze bezüglich des Nutzungsverbots eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für private Zwecke (BMF-Schreiben vom 28.05.1996) zu beachten.

Und schließlich erkennt die Finanzverwaltung die vom BFH im sogenannten „Park and ride“-Urteil (VI R 68/05) vertretene Rechtsauffassung an. Nutzt der Arbeitnehmer seinen Firmenwagen nur für eine Teilstrecke, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Zuschlag auf Grundlage der Teilstrecke ermittelt wird, die der Arbeitnehmer tatsächlich mit dem Firmenwagen zurücklegt. Voraussetzung ist, dass für die restliche Teilstrecke ein Nachweis über die Benutzung eines anderen Verkehrsmittels (z.B. eine auf den Arbeitnehmer ausgestellte Jahres-Bahnfahrkarte) erbracht wird.

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 01.04.2011, IV C 5 - S 2334/08/10010

Weiterer Beitrag

BMF: Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeuges für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Kurzfassung vom 26.04.2011) 

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 31.01.2011, VI B 130/10 
BFH, Urteile vom 22.09.2010, VI R 54/09, VI R 55/09, VI R 57/09, siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 04.04.2008, VI R 68/05 „Park and ride“

Ansprechpartner

Jochen Schreiber | Düsseldorf

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