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26.04.2011
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

FG Düsseldorf: Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen

Aufhebung des FG-Urteils durch: BFH, Urteil vom 16.05.2013, VI R 7/11, siehe Deloitte Tax-News
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Bei der Bemessung der Freigrenze für Betriebsveranstaltungen von 110,00 Euro je Arbeitnehmer sind alle Kosten einschließlich der Aufwendungen für den äußeren Rahmen zu summieren und durch die Anzahl der Teilnehmer zu teilen. Nehmen an der Veranstaltung allerdings tatsächlich weniger Arbeitnehmer teil als ursprünglich geplant, ist es in diesem Fall gerechtfertigt, auf den geplanten Teilnehmerkreis abzustellen.

Sachverhalt

Streitig ist die Lohnsteuernachforderung für Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich eines Betriebsfestes.

Im Rahmen einer bei der Klägerin, einer GmbH, durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin in 2005 erstmals ein Betriebsfest ausgerichtet hatte. Eine zuvor durchgeführte Umfrage hatte eine Teilnehmerzahl von 600 (Belegschaftsmitglieder und Familienangehörige) ergeben, auf deren Grundlage Angebote eingeholt und Bestellungen abgegeben worden waren. Tatsächlich hatten aber nur 348 Personen an dem Betriebsfest teilgenommen. Die Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Auffassung, dass bei der Ermittlung der Freigrenze für Betriebsveranstaltungen von 110 Euro je Arbeitnehmer (R 72 Abs. 4 S. 2 LStR) alle Kosten einschließlich der Aufwendungen für den äußeren Rahmen zu summieren und durch die Anzahl der Teilnehmer zu teilen seien. Dabei würden Zuwendungen an Angehörige und andere Gäste des Arbeitnehmers dem Arbeitnehmer zugerechnet (R 72 Abs. 5 Nr. 1 LStR 2005). Diese Berechnung könne allerdings ausnahmsweise zu einem unzutreffenden Ergebnis führen, z.B. wenn Arbeitnehmer, deren Teilnahme vorgesehen gewesen sei, nicht teilgenommen hätten. In diesem Fall dürften Sachzuwendungen, die weder ihnen noch den anderen Arbeitnehmern zugewendet worden seien, nicht in die Durchschnittsbewertung einbezogen und den teilnehmenden Personen wertmäßig zugerechnet werden, selbst wenn dem Arbeitgeber dafür entsprechende Betriebsausgaben entstanden seien. Dementsprechend sei der Gesamtaufwand der Klägerin um den Speisenaufwand für die nicht teilnehmenden Arbeitnehmer zu vermindern. Der verbleibende Gesamtaufwand sei zur Durchschnittsberechnung heranzuziehen, mit dem Ergebnis, dass im Streitfall bei allen Teilnehmern, die mit zumindest einer Begleitperson erschienen seien, steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliege.

Entscheidung

Die Lohnsteuer-Außenprüfung hat den nachzuversteuernden Arbeitslohn nicht zutreffend ermittelt. Die Höhe der auf die einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Zuwendungen ist falsch berechnet worden. Gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Im Streitfall ist eine individuelle Ermittlung dieses Betrags nicht möglich, so dass eine Schätzung geboten erscheint. Die Schätzung hat sich an den Aufwendungen des Arbeitgebers zu orientieren. Dabei sind im Grundsatz die gesamten Kosten der Betriebsveranstaltung einschließlich des äußeren Rahmens auf die teilnehmenden Personen zu gleichen Teilen aufzuteilen; auf Gäste und Familienangehörige der Arbeitnehmer entfallende Kostenteile sind dem Arbeitnehmer zuzurechnen.

Indes kann die Durchschnittsberechnung zu unzutreffenden Ergebnissen führen, wenn z.B. Arbeitnehmer, deren Teilnahme an der Betriebsveranstaltung vorgesehen war, tatsächlich nicht teilnehmen. Im Hinblick darauf, dass der Arbeitnehmer die Kosten für den äußeren Rahmen nicht beeinflussen könne und insoweit auch nicht bereichert sei, er zudem keinen Einfluss auf die Teilnehmerzahl habe, sei auf den geplanten Teilnehmerkreis abzustellen. Das FG hält es nicht für gerechtfertigt, für die Beurteilung der Freigrenze allein auf die Aufwendungen des Arbeitgebers und nicht darauf abzustellen, was bei den Arbeitnehmern als Bereicherung "ankommt". Die Bereicherung des einzelnen Arbeitnehmers ist nicht von der Teilnehmerzahl abhängig.

Dies hat im Streitfall zur Konsequenz, dass - entgegen der Lohnsteuer-Außenprüfung - nicht nur die Kosten für Speisen und Getränke, sondern sämtliche Kosten, die auf die nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen, aus der Durchschnittsberechnung auszuscheiden sind. Weder die überzähligen Speisen und Getränke noch die überdimensionierten sonstigen Sachleistungen für den äußeren Rahmen sind den teilnehmenden Arbeitnehmern der Klägerin zugewendet worden. Sie haben durch die Nicht-Teilnahme eines Großteils der angemeldeten Arbeitnehmer keine Bereicherung erfahren. Bei dieser Berechnung wird die Freigrenze von 110 Euro im Streitfall nur überschritten, sofern ein Arbeitnehmer mit mehr als einem Angehörigen an dem Betriebsfest teilgenommen hat.
Der Annahme von Arbeitslohn steht nicht entgegen, dass sie letztlich nur darauf zurückzuführen ist, dass im Streitfall die betreffenden Arbeitnehmer zwei oder mehr Begleitpersonen mitgebracht haben und dadurch die Freigrenze überschritten wurde. Derartige Härten lassen sich nur durch die Einführung eines Freibetrags vermeiden, zu der sich der Gesetzgeber noch nicht veranlasst gesehen hat (BFH-Urteil vom 25.05.1992). Die Revision war zuzulassen.

Betroffene Norm

§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG, R 72 Abs. 4 und Abs. 5 LStR 2005
Streitjahr 2005

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, 11 K 908/10 L
BFH, Urteil vom 16.05.2013, VI R 7/11

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 25.05.1992, VI R 85/90, BStBl II 1992, S. 655

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