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25.05.2022
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

FG Köln: Pauschalierung der Lohnsteuer bei Betriebsveranstaltungen

Für Betriebsveranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen (hier: Vorstands- bzw. Führungskräfte-Weihnachtsfeier), findet der Pauschalsteuersatz von 25 % nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG zur Erhebung der Lohnsteuer keine Anwendung. Daran hat sich auch nach Einfügung der Neuregelung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG nichts geändert. 

Sachverhalt

Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2015 in eigenen Räumlichkeiten Weihnachtsfeiern für Mitglieder des Vorstandes und obere Führungskräfte. Neben Getränken und einem mehrgängigen Menü wurde der Raum dekoriert und musikalische Untermalung dargeboten. Das Finanzamt behandelte die von der Klägerin getragenen Aufwendungen für die Weihnachtsfeiern als steuerpflichtigen Arbeitslohn i.S. von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und versagte die Anwendung des Pauschalsteuersatzes von 25%.

Entscheidung

Das FG kommt übereinstimmend mit der Auffassung des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Aufwendungen für die Vorstands- bzw. Führungskräfte-Weihnachtsfeier die Voraussetzungen für eine pauschale Versteuerung mit 25 % nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG nicht vorliegen.

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung). Der Arbeitgeber kann dabei die Lohnsteuer, soweit er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt, nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben.

Vorliegen einer Betriebsveranstaltung i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG

Nach Auffassung des FG handelt es sich bei beiden Weihnachtsfeiern um Veranstaltungen i.S. des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG, sodass die Zuwendungen der Klägerin bei den Teilnehmern zu steuerbarem Arbeitslohn führen. Von den Zuwendungen der Klägerin kann laut FG jedoch der Freibetrag nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a S. 3 EStG i.H.v. 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht abgezogen werden, weil die Veranstaltungen im Streitfall nicht – wie vorausgesetzt – allen Betriebsangehörigen offenstanden.

Berücksichtigung von Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung

Die teilnehmenden Arbeitnehmer haben somit aus Sicht des FG in Höhe des auf sie entfallenden Anteils der Aufwendungen der Klägerin Arbeitslohn erzielt. Unerheblich sei, dass ein Teil der Aufwendungen auf die Dekoration des Raumes und die musikalische Untermalung entfiel. Denn die vor Inkrafttreten des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG ergangene BFH-Rechtsprechung, wonach Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.05.2013, VI R 94/10), sei durch die Neuregelung in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 2 EStG überholt. 

Keine Zahlung aus Anlass einer Betriebsveranstaltung i.S. des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG

Der zugewendete Arbeitslohn wurde aber nach Ansicht des FG nicht i.S. des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG aus Anlass einer Betriebsveranstaltung gezahlt, da diese Regelung nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur anwendbar ist, wenn die Teilnahme – abweichend vom Streitfall – allen Betriebsangehörigen offensteht (vgl. BFH-Urteil vom 15.01.2009, VI R 22/06; ebenso FG Münster, Urteil vom 20.02.2020, 8 K 32/19 E, P, L). Diese BFH-Rechtsprechung finde trotz der Einfügung der Neuregelung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG und deren Legaldefinition in Satz 1 weiterhin Anwendung.

Zwar ergibt sich die Voraussetzung des Offenstehens der Veranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs dem FG zufolge nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Allerdings bezwecke die Vorschrift keine Steuervergünstigung, sondern sei darauf angelegt, eine einfache und sachgerechte Besteuerung der Vorteile zu ermöglichen, die bei der teilnehmenden Belegschaft im Ganzen anfielen. Der Durchschnittssteuersatz von 25 % sei sachgerecht, weil aufgrund der „vertikalen Beteiligung“ Arbeitnehmer aller Lohngruppen an der Betriebsveranstaltung teilnähmen. Stehe eine Veranstaltung allerdings nicht allen Betriebsangehörigen offen, verfehle die Pauschalbesteuerung mit einem festen Steuersatz von 25 % das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 15.01.2009, VI R 22/06).

Ferner seien auch den Gesetzgebungsmaterialien zur Einfügung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der Regelungszweck des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG geändert und der Anwendungsbereich der Pauschalierungsmöglichkeit ausgeweitet werden sollte.  

Betroffene Normen

​§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG

Streitjahr ​2015

Anmerkungen

FG Münster, Urteil vom 20.02.2020, 8 K 32/19 E,P,L

Auch das FG Münster hat in seinem Urteil vom 20.02.2020 (8 K 32/19 E,P,L) bereits entschieden, dass die Lohnsteuer auf geldwerte Vorteile, die aus Anlass einer Betriebsveranstaltung zugewendet werden, die nur Führungskräften offensteht, nicht nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG pauschal mit 25 % erhoben werden kann. Das FG Münster vertritt wie auch das FG Köln die Rechtsauffassung, dass der Begriff der Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG abweichend von der Legaldefinition des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG auszulegen ist. Ob diese Rechtsauffassung durch den BFH bestätigt wird, bleibt abzuwarten.

BMF-Schreiben vom 14.10.2015

Bis zu einer Entscheidung des BFH sollten Steuerpflichtige berücksichtigen, dass nach dem BMF-Schreiben vom 14.10.2015 ( siehe Deloitte Tax-News) eine Betriebsveranstaltung nur dann vorliegt, wenn an der Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter überwiegend Betriebsangehörige, deren Begleitpersonen und ggf. Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund teilnehmen.

Fundstelle

Finanzgericht Köln, Urteil vom 27.01.2022, 6 K 2175/20, BFH-anhängig: VI R 5/22

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 16.05.2013, VI R 94/10, BStBl II 2015, S. 186, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 15.01.2009, VI R 22/06, BStBl. II 2009, S. 476

Finanzgericht Münster, Urteil vom 20.02.2020, 8 K 32/19 E, P, L, EFG 2020, S. 682, rechtskräftig 

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