Geplante Änderung der Besteuerung von Leistungen aus ausländischen betrieblichen Versorgungseinrichtungen durch das Jahressteuergesetz 2024
Aktuell
- Der Bundestag hat am 18.10.2024 das Gesetz verabschiedet - siehe Deloitte Tax-News
Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 enthält eine Ergänzung des § 22 Nr. 5 S. 2 EStG, wonach auch Leistungen, die auf „Beiträgen in eine ausländische Versorgungseinrichtung beruhen, für die bei der deutschen Besteuerung oder der Besteuerung in einem anderen Staat eine vergleichbare steuerliche Freistellung oder Begünstigung gewährt wurde“ in voller Höhe nachgelagert besteuert werden sollen. Die Änderung soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Beiträge zu zertifizierten Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen werden unter bestimmten Voraussetzungen nach den Vorschriften des deutschen Einkommensteuergesetzes steuerlich gefördert (z.B. durch Steuerfreistellung gemäß § 3 Nr. 63 EStG, Sonderausgabenabzug oder Zulagen). Ist eine entsprechende steuerliche Förderung in Anspruch genommen worden, so ist sind die Altersvorsorgeleistungen in der Auszahlungsphase in voller Höhe der Besteuerung zu unterwerfen (§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG, Prinzip der vollen nachgelagerten Besteuerung). Wurden Beiträge steuerlich nicht gefördert – etwa weil entsprechende Freibeträge überschritten wurden – so ist von der hierauf entfallenden Auszahlung lediglich der sog. Wertzuwachs zu versteuern (z.B. Ertragsanteil bei Rentenzahlungen oder Unterschiedsbetrag zwischen Auszahlung und hierauf entfallenden Beiträgen bei Einmalauszahlungen; § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG).
Zwar ist § 22 Nr. 5 EStG grundsätzlich auch auf Auszahlungen aus ausländischen Altersversorgungseinrichtungen anwendbar. Für diese gilt das Prinzip der vollen nachgelagerten Versteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG nach derzeit gültigem inländischem Recht jedoch nicht, soweit die Beiträge in der Ansparphase lediglich im Ausland nach dortigem Recht begünstigt bzw. steuerfrei gestellt wurden. D.h., sofern die Beiträge nicht unter Anwendung des deutschen Einkommensteuergesetzes steuerlich gefördert worden sind, werden Auszahlungen aus ausländischen Versorgungseinrichtungen derzeit nur in Höhe des Wertzuwachses nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG der Besteuerung unterworfen – unabhängig davon, ob die Beiträge im Ausland einer steuerlichen Förderung unterlagen oder nicht.
Dies war in der Vergangenheit strittig; im Hinblick auf US-amerikanische Altersvorsorgepläne (insbesondere die weit verbreiteten sog. 401(k)-Pläne) hatte die deutsche Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass auch eine steuerliche Förderung der Beiträge nach US-amerikanischen Vorschriften zur vollen nachgelagerten Besteuerung der Auszahlung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG führe. Dem schob der Bundesfinanzhof jedoch einen Riegel vor (vgl. BFH, Urteil vom 28.10.2020, X R 29/18, BStBl. II 2021, 675): Weder aus dem Gesetzeswortlaut des § 22 Nr. 5 EStG noch im Wege der rechtsfortbildenden Analogie könne geschlossen werden, dass eine steuerliche Förderung der Beiträge im Ausland nach ausländischen Vorschriften dazu führe, dass die Leistungen im Inland in voller Höhe nachgelagert zu besteuern seien. Voraussetzung für die Anwendung der vollen nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG sei danach vielmehr eine Förderung der Beiträge nach den in § 22 Nr. 5 S. 2 EStG genannten deutschen steuerlichen Vorschriften.
Während Teilnehmer eines deutschen Altersversorgungssystems in einem rein nationalen Sachverhalt – wie vom Gesetz vorgesehen – entweder in der Ansparphase oder in der Auszahlungsphase von einer steuerlichen Begünstigung profitieren, führt die Anwendung der Rechtsprechung des BFH bei einem ausländischen Versorgungsplan somit zu einer doppelten Begünstigung, wenn die Beiträge im Ausland steuerfrei gestellt waren und bei Auszahlung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG im Inland bei der Besteuerung ebenfalls nicht berücksichtigt werden.
Um dem entgegenzuwirken, enthält der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 eine Ergänzung des § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG, wonach auch Leistungen, die auf „Beiträgen in eine ausländische Versorgungseinrichtung beruhen, für die bei der deutschen Besteuerung oder der Besteuerung in einem anderen Staat eine vergleichbare steuerliche Freistellung oder Begünstigung gewährt wurde“ in voller Höhe nachgelagert besteuert werden sollen. Die Änderung soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Betroffen von der Gesetzesänderung wären nicht nur die oben genannten US-amerikanischen 401(k)-Pläne, sondern grundsätzlich sämtliche ausländische Versorgungseinrichtungen. Vor diesem Hintergrund wäre für entsprechende Sachverhalte ggfs. zu überlegen, sich Altersvorsorgeleistungen – sofern möglich – noch vor Ende dieses Jahres auszahlen zu lassen. Die Entscheidung für eine Auszahlung sollte jedoch in jedem Einzelfall sorgfältig und nicht nur unter steuerlichen Gesichtspunkten geprüft werden.
Betroffene Normen
§ 22 Nr. 5 Satz 2 EStG