BFH: Keine Schenkungsteuer bei verbilligtem Grundstücksverkauf an ausscheidenden Gesellschafter
Verkauft eine GmbH an einen ausscheidenden Gesellschafter im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung auf Veranlassung des Anteilserwerbers ein Grundstück zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis, gehört der sich daraus für den Anteilsveräußerer ergebende geldwerte Vorteil zum Veräußerungspreis für den Anteil. Schenkungsteuer fällt daher nicht an.
Sachverhalt
Der Kläger war neben B am Stammkapital einer GmbH beteiligt. Er verkaufte seine Beteiligung im Streitjahr 2007 an B. Die durch B als Geschäftsführer vertretene GmbH verkaufte ihr gehörende Grundstücke in zeitlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis an den Kläger. Das Finanzamt nahm an, die verbilligte Überlassung der Grundstücke bilde eine gemischte Schenkung der GmbH an den Kläger und setzte Schenkungsteuer fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.
Entscheidung
Das FG habe zu Recht entschieden, dass keine der Schenkungsteuer unterliegende gemischt-freigebige Zuwendung der GmbH an den Kläger gegeben sei. Vielmehr gehöre der Vorteil des Klägers aus einem (etwaigen) verbilligten Erwerb des Grundbesitzes zum Veräußerungspreis im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 EStG und sei somit ausschließlich von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung.
Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Vermögensvorteile, die ein Steuerpflichtiger durch eine Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen gerichtete Erwerbshandlung erzielt und die deshalb bei ihm der Einkommensteuer unterliegen, werden von der Vorschrift nicht erfasst (vgl. BFH-Urteil vom 12.09.2011). Es fehle in einem solchen Fall an Freigebigkeit.
Ein Vermögensvorteil, den der Verkäufer eines GmbH-Anteils über den vom Erwerber gezahlten Kaufpreis hinaus erhalte, sei demnach beim Anteilsverkäufer allein von ertragsteuerrechtlicher Bedeutung, wenn der Vorteil zum Veräußerungspreis im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 EStG zähle und somit bei der Ermittlung des der Einkommensteuer unterliegenden Veräußerungsgewinns gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 EStG anzusetzen sei. Eine zusätzliche Erfassung des Vorteils als der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung an den Anteilsverkäufer sei auch dann ausgeschlossen, wenn der Veräußerer den Vorteil nicht vom Anteilserwerber, sondern von einem Dritten erhalten habe. Zum Veräußerungspreis im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 EStG rechnen auch alle Leistungen, die der Veräußerer nicht als Gegenleistung für den Anteil, aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung erhalten habe, sei es vom Erwerber oder von dritter Seite, selbst wenn es an einer Veranlassung durch den Erwerber fehle.
Veräußere ein GmbH-Gesellschafter seinen im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteil und seien auch im Übrigen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllt, liege demgemäß keine freigebige Zuwendung in der Form einer gemischten Schenkung der GmbH an den ausscheidenden Gesellschafter vor, wenn die GmbH im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung auf Veranlassung des Anteilserwerbers ein ihr gehörendes Grundstück zu einem deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preis an den Anteilsveräußerer verkaufe. Die Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Grundstücks und dem für das Grundstück entrichteten Kaufpreis gehöre vielmehr ebenso wie der vom Anteilserwerber gezahlte Kaufpreis für den Anteil zu dem Veräußerungspreis, der bei der Ermittlung des der Einkommensteuer unterliegenden Veräußerungsgewinns anzusetzen sei.
Betroffene Norm
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 17 Abs. 1 S. 1 EStG, § 17 Abs. 2 S. 1 EStG
Streitjahr 2007
Vorinstanz
FG Münster, Urteil vom 24.10.2013, 3 K 103/13 Erb, EFG 2014, S. 301
Fundstelle
BFH, Urteil vom 27.08.2014, II R 44/13
Weitere Fundstelle
BFH, Urteil vom 12.09.2011, VIII B 70/09, BFH/NV 2012, S. 229