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23.02.2017
Erbschaftsteuer

BFH: Kumulation von Erbschaftsteuer und Körperschaftsteuer ist verfassungsgemäß

Erhält eine GmbH eine Erbschaft, ist der Erwerb für die GmbH auch dann körperschaftsteuerpflichtig, wenn der Erbanfall zugleich der Erbschaftsteuer unterliegt. Die Kumulation von Körperschaftsteuer und Erbschaftsteuer ist nicht verfassungsrechtlich unzulässig.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, betreibt ein Seniorenpflegeheim. Sie wurde von einem Heimbewohner als dessen Alleinerbin eingesetzt. Das Finanzamt setzte für den Nachlasserwerb sowohl Erbschaftsteuer als auch Körperschaftsteuer für 2012 fest. Einspruch und die Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt habe zu Recht angenommen, dass die Erbschaft das Einkommen der Klägerin erhöht hat (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m § 5 Abs. 1 S. 1 EStG).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH verfüge eine Kapitalgesellschaft ertragsteuerrechtlich über keine außerbetriebliche Sphäre. Der Bereich ihrer gewerblichen Gewinnerzielung umfasse sämtliche Einkünfte, also auch Vermögensmehrungen, die nicht unter eine der sieben Einkunftsarten fallen, einschließlich Vermögenszugänge aufgrund unentgeltlicher Zuwendungen (BFH-Urteil vom 28.02.1956, BFH-Beschluss vom 15.02.2012, dazu BVerfG-Beschluss vom 12.05.2015).

Der auf der Erbschaft der Klägerin beruhende steuerbilanzielle Gewinn sei nicht durch den Abzug einer Einlage zu neutralisieren. Denn Kennzeichen einer Einlage sei die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuführung von Wirtschaftsgütern (BFH-Urteil vom 15.04.2015), was im Streitfall nicht gegeben sei.

Zwar handele es sich nach der (jüngeren) Rechtsprechung des II. Senats des BFH bei (nicht betrieblich veranlassten) Zuwendungen im Verhältnis von Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern (und umgekehrt) um gesellschaftsrechtliche Vorgänge, die als Gewinnausschüttungen, Kapitalrückzahlungen oder Einlagen anzusehen seien und damit keine unentgeltlichen (freigebigen) Zuwendungen begründen könnten (BFH-Urteil vom 20.01.2016 II R 40/14, BFHE 252, 453). Dies bedürfe jedoch im Streitfall keiner Erörterung, da hier zum einen nicht die Erbschaftsteuerfestsetzung, sondern die Höhe des körperschaftsteuerrechtlichen Gewinns strittig sei und zum anderen eben nicht über Vermögensübertragungen, die ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis zur Klägerin haben, sondern über (ausschließlich) betrieblich veranlasste Zuwendungen Dritter, die mit der Klägerin nicht gesellschaftsrechtlich verbunden sind, zu entscheiden sei.

Leistungen gesellschaftsfremder Dritter an Kapitalgesellschaften, die darauf abzielen, diese zu bereichern, fielen auch nicht unter § 7 Abs. 8 ErbStG, sondern seien als steuerbare Zuwendungen an die Kapitalgesellschaft zu erfassen (Ländererlasse vom 14.03.2012, Tz. 3.2).

Das Zusammentreffen von Körperschaftsteuer und Erbschaftsteuer verstoße schließlich nicht gegen Verfassungsrecht. Es gäbe keinen Verfassungsgrundsatz, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssen und eine Mehrfachbesteuerung vermieden werden müsse. Auch eine unterschiedliche Behandlung von Erbanfällen bei natürlichen und juristischen Personen sei zulässig, da es kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung gebe.

Schließlich gebe es nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze im Sinne eines "Halbteilungsgrundsatzes". Auch eine Gesamtbelastung von (rund) 60 % des erworbenen Vermögens verstoße nicht gegen das Übermaßverbot (BVerfG-Beschluss vom 07.04.2015).

Betroffene Normen

§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG, § 5 Abs. 1 S. 1 EStG

Vorinstanz

Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 28.06.2016, 10K 285/15, EFG 2016, S. 1366

Fundstelle

BFH, Urteil vom 06.12.2016, I R 50/16
Pressemitteilung Nr. 8/17

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.02.1956, I 92/54, BStBl III 1956, S. 154
BFH, Beschluss vom 15.02.2012, I B 97/11, BStBl II 2012, S. 697, siehe Deloitte Tax News
dazu BVerfG, Beschluss vom 12.05.2015, 2 BvR 1407/12, 2 BvR 1608/12
BFH, Urteil vom 15.04.2015, I R 44/14, BStBl II 2015, S. 769, siehe Deloitte Tax News
BFH-Urteil vom 20.01.2016 II R 40/14, BFHE 252, S. 453, siehe Deloitte Tax News
Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 14.03.2012, BStBl I 2012, S. 331
BVerfG, Beschluss vom 07.04.2015, 1 BvR 1432/10, HFR 2015, S. 695, siehe Deloitte Tax News

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