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03.07.2024
Erbschaftsteuer

BFH: Parkhaus als erbschaftsteuerrechtlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen

Im Rahmen eines Parkhausbetriebs Dritten zur Nutzung überlassene Parkplätze stellen erbschaftsteuerrechtlich nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen dar. Eine einschränkende Auslegung der Rückausnahmen von der Einordnung als Verwaltungsvermögen ist weder aus systematischen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.

Sachverhalt

Der Kläger ist Alleinerbe seines 2018 verstorbenen Vaters (Erblasser). Zum Nachlassvermögen gehört das Einzelunternehmen des Erblassers. Dieses umfasste ein mit einem Parkhaus und einer Tankstelle bebautes Grundstück. Das Parkhaus, das täglich 24 Stunden geöffnet war, hatte der Erblasser ursprünglich selbst betrieben. Ab 2000 verpachtete er es unbefristet an den Kläger. Die Einnahmen aus dem Pachtverhältnis führten beim Erblasser zu gewerblichen Einkünften nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Die Tankstelle (7,12 % der gesamten Grundstücksfläche) war bis Ende 2018 an eine GmbH verpachtet.

Im Rahmen der Erklärung zur Feststellung des Werts des Betriebsvermögens auf Todeszeitpunkt seines Vaters gab der Kläger an, dass kein Verwaltungsvermögen vorliegt. Das Finanzamt (FA) nahm im Rahmen des Feststellungs- und Einspruchsverfahrens jedoch an, dass das gesamte mit dem Parkhaus und der Tankstelle bebaute Grundstück Verwaltungsvermögen darstelle. Die Klage des Klägers vor dem Finanzgericht hiergegen blieb ebenfalls erfolglos.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH gehört das von dem Kläger als Gesamtrechtsnachfolger erworbene Parkhaus zum Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 ErbStG, sodass der Wert des Betriebsvermögens nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG insgesamt nicht begünstigt ist. Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG abschließend aufgezählt. Zu dem von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgeschlossenen Verwaltungsvermögen gehören unter anderem gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 ErbStG Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Grundstücksteile. Dazu gehört auch ein Parkhaus sowie die darin gelegenen einzelnen Parkplätz, wie der BFH feststellt und damit der Einschätzung des FG folgt. Der BFH ist ebenso wie die Vorinstanz der Auffassung, dass die in § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG normierte Rückausnahme (sodass kein schädliches Verwaltungsvermögen vorläge) aufgrund der Regelung des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG nicht zur Anwendung kommt. Nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG ist eine Nutzungsüberlassung an Dritte nicht anzunehmen, wenn (i) die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche (ii) beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG führt und (iii) der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung als Erben eingesetzt hat. 

Die Rückausnahmen in § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. a bis f ErbStG sind eng auszulegen. Der BFH stellt insofern klar, dass es sich nicht um Regelbeispiele handelt, sondern um einen Katalog, in dem der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Rückführung des von der Begünstigung des Betriebsvermögens ausgenommenen Verwaltungsvermögens in die Begünstigung abschließend festlegt. Danach waren die Voraussetzungen der Rückausnahme zwar für das Parkhaus, nicht jedoch für die Tankstelle erfüllt, weil der Erblasser diese an eine GmbH verpachtet hatte, die er nicht als Erbin eingesetzt hatte. In Bezug auf das Parkhaus liegen grundsätzlich die Tatbestandsmerkmale der Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG vor. Der Parkhausbetrieb war unbefristet an den Kläger verpachtet. Die Verpachtung führte beim Erblasser auch zu Einkünften aus § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Und schließlich hatte der Erblasser den Kläger als Pächter durch Testament als Erben eingesetzt.

Jedoch scheitert die Anwendung der Rückausnahme in Bezug auf das an den Kläger verpachtete Parkhaus an den in § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG normierten Einschränkungen, deren Voraussetzungen der BFH hier erfüllt sieht. Nach der vorgenannten Vorschrift gilt die Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG nicht für verpachtete Betriebe, soweit sie vor ihrer Verpachtung die Voraussetzungen als begünstigtes Vermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG nicht erfüllt haben und für verpachtete Betriebe, deren Hauptzweck in der Überlassung von Grundstücken, Grundstücksteilen, grundstücksgleichen Rechten und Bauten an Dritte zur Nutzung besteht, die nicht unter § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG fallen. Der BFH sieht hier beide Einschränkungstatbestände nach dem Wortlaut der Vorschrift als erfüllt an. Der vom Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls an den Kläger als Erben verpachtete Betrieb war bereits vor seiner Verpachtung Verwaltungsvermögen, da der Erblasser die im Parkhaus befindlichen Parkplätze als Grundstücksteile den Parkenden vermietete. Unter den Begriff der Nutzungsüberlassung falle auch die kurzfristige und langfristige Überlassung von Parkplätzen an Parkende, unabhängig davon, ob diese im Rahmen einer Miete oder Verwahrung erfolgt. Da es sich bei der Überlassung von Parkplätzen auch nicht um die Überlassung von Wohnungen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG handelt, greift auch der zweite Einschränkungstatbestand ein.

Auch eine systematische Auslegung führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine Nutzungsüberlassung von Grundstücksteilen an Dritte im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 ErbStG bzw. des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG nicht vorliegt, wenn die Nutzungsüberlassung zusammen mit einem Bündel an gewerblichen Leistungen erfolgt, sodass ein originär gewerblicher Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegt. Der Gesetzgeber hat im Wortlaut des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 und S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG nicht auf die Gewerblichkeit abgestellt. Von Bedeutung ist ebenso wenig, ob der Betrieb eines Parkhauses einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 S. 1 AO erfordert. Diese Voraussetzung ist bei der Rückausnahme im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG bei der Vermietung von Wohnungen (sog. „Wohnungsunternehmen“) ausdrücklich genannt, nicht aber in § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG.

Ebenfalls ist auch keine teleologische Reduktion von § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 1 und S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG und damit eine Ausdehnung des unschädlichen Verwaltungsvermögens in den Fällen geboten, in denen Parkplätze Dritten zur Nutzung überlassen werden, wie der BFH feststellt. Die teleologische Reduktion setzt eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Es bedarf demnach einer verdeckten Regelungslücke. Lässt sich ein bestimmter Gesetzeszweck hingegen nicht sicher feststellen, so ist für eine teleologische Reduktion kein Raum. Mit den Regelungen zur erbschaftsteuerrechtlichen Begünstigung von Betriebsvermögen im Sinne der §§ 13a und 13b ErbStG wollte der Gesetzgeber produktives Vermögen begünstigen, solches Vermögen hingegen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt, von der Begünstigung ausnehmen. Hinsichtlich der Rückausnahmen wollte der Gesetzgeber weder eine Einzelfallprüfung vornehmen noch wollte er allgemein Grundstücke dann wieder aus der Steuerschädlichkeit ausnehmen, wenn diese zusammen mit anderen gewerblichen Leistungen einem gewerblichen Betrieb dienen. Was der Gesetzgeber als steuerschädliches Verwaltungsvermögen ansieht, hat er vielmehr in dem enumerativen Verwaltungsvermögenskatalog des § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 5 ErbStG geregelt. Hierbei stand ihm ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Hinsichtlich der Überlassung von Grundstücksteilen an Dritte hat er von seinem Entscheidungsspielraum dahingehend Gebrauch gemacht, dass er nur die Überlassung von Wohnungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 14 AO (sog. „Wohnungsunternehmen“, § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. d ErbStG), Grundstücksteile zum Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten im Rahmen von Lieferungsverträgen (sog. „Brauereigasstätten-Klausel“, § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. e ErbStG) und Grundstücksteile zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. f ErbStG) begünstigen wollte. Im Umkehrschluss soll jede andere Überlassung von Grundstücksteilen, wie zum Beispiel Zimmer im Rahmen von Beherbergungsbetrieben (Hotels, Pensionen, Campingplätze), Räume in Gaststätten und auch Parkplätze in Parkhäusern nach der gesetzgeberischen Entscheidung nicht begünstigt sein. Eine verdeckte Regelungslücke liegt daher nicht vor, sodass für eine teleologische Reduktion von § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. b S. 2 ErbStG kein Raum ist.

Schlussendlich hat der BFH auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weshalb eine Aussetzung des Verfahrens und eine Einholung einer Entscheidung des BVerfG nicht in Betracht kommt.

Betroffene Norm

 § 13b ErbStG

Anmerkungen

Der BFH stellt bemerkenswert deutlich heraus, dass die Rückausnahmen zur Einordnung von Wirtschaftsgütern als Verwaltungsvermögen eng auszulegen sind. Die Rückausausnahmen sind seitens des Gesetzgebers abschließend und nicht als Regelbeispiele zu verstehen. Am Beispiel des im Streitfall einschlägigen § 13b Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) ErbStG bestätigt der BFH dieses Ergebnis unter Zuhilfenahme der gängigen Auslegungsregeln. Insbesondere einer möglichen teleologischen Reduktion des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b) S. 2 ErbStG erteilt er mit Blick auf den erkennbaren Willen des Gesetzgebers eine Absage. Dadurch gewinnt dieses Urteil über den Streitfall hinaus an Bedeutung und muss bei der Auslegung der Rückausnahmen von der Einordnung als schädliches Verwaltungsvermögen beachtet werden, zumal es im Streitfall der Einordnung seitens des zuständigen Finanzamts folgt.

Für die Praxis bedeutet dies, dass mit Umsicht geprüft werden muss, ob die Rückausnahmen zur Einordnung als schädliches Verwaltungsvermögen eingreifen können. Das Risiko, dass eine solche Rückausnahme im Rahmen einer Nachfolge entgegen der ersten Annahme doch nicht seitens der Finanzverwaltung akzeptiert werden wird, ist durch dieses Urteil gestiegen. Auch die Finanzgerichte werden sich an diese Entscheidung halten, so dass der finanzgerichtliche Weg zwecks Erreichens einer der Rückausnahmen in § 13b Abs. 4 ErbStG erschwert wird. Zudem ist zu beachten, dass der BFH ausdrücklich dargestellt hat, dass Beherbergungsbetriebe, wie z.B. Hotels und Campingplätze, nach dem gesetzgeberischen Willen nicht begünstigt sein sollen. Nach den aktuellen Verlautbarungen der Finanzverwaltung sind Hotels, Pensionen und Campingplätze begünstigt (vgl. R E 13b.13 S. 3 ErbStR). Die Entscheidung des BFH könnte somit dazu führen, dass sich die Verwaltungsmeinung insoweit ändern könnte.

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 10.06.2021, 7 K 2718/20

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28.02.2024, II R 27/21 

Ihr Ansprechpartner

Markus Schmitz
Partner

mschmitz@deloitte.de
Tel.: +4989290368408

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