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13.05.2015
Erbschaftsteuer

BVerfG: Doppelbelastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer bei Vererbung von Zinsansprüchen ist verfassungsgemäß

Das BVerfG entscheidet mangels Erfolgsaussichten nicht über eine Verfassungsbeschwerde gegen die doppelte Steuerbelastung bei der Vererbung von Zinsansprüchen. Der Gesetzgeber darf die später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer unberücksichtigt lassen, ohne gegen Art. 3 Abs.1 GG (Gebot der steuerlichen Lastengleichheit) zu verstoßen.

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist Alleinerbe eines Nachlasses, für den im Streitjahr 2001 Erbschaftsteuer festgesetzt wurde. Zum Nachlass gehören auch zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits aufgelaufene, aber erst ein Jahr später fällige Zinsansprüche, für die 2002 Einkommensteuer festgesetzt wurde. Bei der Bestimmung des erbschaftsteuerlichen Gesamtwerts des Nachlasses in 2001 wurden die Zinsansprüche mit ihrem Nennwert in die Berechnung einbezogen, die ruhende Belastung mit der künftigen sog. latenten Einkommensteuer jedoch außer Betracht gelassen. Das Begehren des Beschwerdeführers die Erbschaftsteuer entsprechend zu mindern blieb im Einspruchs- sowie im Klageverfahren ohne Erfolg.

Beschluss

Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung an.
Die Doppelbelastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer bei der Vererbung von Zinsansprüchen sei verfassungsgemäß.

Die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG werde durch die steuerliche Doppelbelastung nicht verletzt. Bei der vorliegenden Gesamtsteuerbelastung (4,9 Mio. DM) in Relation zum Nachlasswert (15 Mio. DM) könne nicht von ökonomischer Sinnlosigkeit des Vererbens gesprochen werden. Dies sei gegeben, wenn die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belaste und die ihm zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend beeinträchtige.
Die als übermäßig gerügte Steuerbelastung der Zinsansprüche – wenn man sie isoliert für sich betrachte – spiele keine Rolle, da es zu keiner atypischen separaten Vererbung der Ansprüche gekommen sei, sondern der Nachlass als Gesamtes zu betrachten sei.

Ebenso wenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Das BVerfG sei hier nicht gezwungen eine generelle Aussage zum Verhältnis von Erbschaft- und Einkommensteuer und dem Problem der latenten Einkommensteuerbelastung zu treffen. Denn alleine wegen der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers sei es bereits gerechtfertigt, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer unberücksichtigt zu lassen.

Unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit sei eine Typisierung und Pauschalierung angemessen. Steuergesetze müssten, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei in weitem Umfang die Besonderheiten des einzelnen Falls vernachlässigen. Wichtig dabei sei, dass die steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem gesunden Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stünden. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Sachverhalt erfüllt.

Bei der Bestimmung des Nachlasswertes würde eine sog. latente Einkommensteuerbelastung nur in den Fällen berücksichtigt werden, wenn noch der Erblasser selbst sämtliche einkommensteuerrelevante Tatbestände verwirklicht habe.
Für den besonderen Fall, dass Forderungen, die erst mit späterem Zufluss beim Erben einkommensteuerpflichtig werden (§ 11 EStG), sei im Rahmen der jeden gesetzlichen Regelung immanenten Verallgemeinerung keine Sonderregelung durch den Gesetzgeber getroffen worden. Dies bezwecke eine Entlastung der Finanzbehörden, welche somit keine Berechnungen über künftige Einkommensteuerbelastungen anstellen müssten.

Die Vereinfachungseffekte stünden – jedenfalls bei den hier ausschließlich zu beurteilenden Zinsansprüchen – im rechten Verhältnis zu der hiermit notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung. Denn bei der Beurteilung des Maßes an Ungleichheit – der Doppelbesteuerung – müsse die Mehrbelastung in Relation zur Gesamtbelastung gesehen werden. Die Berücksichtigung der späteren Einkommensteuerbelastung würde eine Ermäßigung der Erbschaftsteuer um lediglich 0,65 % bedeuten und sei somit vernachlässigbar.

Betroffene Normen

Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG
Streitjahr 2001

Vorinstanzen
BFH, Urteil vom 17.02.2010, II R 23/09, siehe Deloitte Tax-News
FG München, Urteil vom 18.02.2009, 4 K 1131/07

Fundstelle
BVerfG, Beschluss vom 07.04.2015, 1 BvR 1432/10

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