Zurück zur Übersicht
24.03.2011
Erbschaftsteuer

FG Nürnberg: Einzahlungen auf ein Oder-Konto als freigebige Zuwendungen

Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, da noch geklärt werden muss, ob die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Ehemann zur Hälfte an dem Kontoguthaben beteiligt war. Maßgebend hierfür sind die Vereinbarungen der Eheleute sowie die Verwendung des Guthabens. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht einzahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft.
BFH, Urteil vom 23.11.2011, II R 33/10, siehe Deloitte Tax-News 


Ist Ehegatten ein Oder-Konto jeweils hälftig zuzurechnen und hat der Ehemann Erlöse aus der Veräußerung seiner Firmenbeteiligung auf dieses Konto einbezahlt, so hat der Ehemann seiner Ehefrau die Hälfte des Veräußerungserlöses freigebig zugewendet.

Sachverhalt FG

Die Klägerin und ihr Ehemann haben im September 2003 bei der Bank 1 ein Direkt-Depot mit Extra-Konto als sog. "Oder-Depot" eröffnet. Die Einzahlungen auf das Oder-Konto hat der Ehemann vorgenommen, sie stammten im Wesentlichen aus der Veräußerung seiner Beteiligung an einer Firma. Im Zeitraum vom 08.07.2004 bis 08.10.2007 wurden insgesamt 207.000 Euro - meist in Beträgen von 5.000 Euro - von dem Oder-Konto auf das Girokonto des Ehemannes bei der Bank 2 überwiesen. Für dieses Konto besaß die Klägerin eine Kontovollmacht. Beide Ehegatten verfügten regelmäßig über das Guthaben auf dem Girokonto bei der Bank 2 zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts. Daneben unterhielt der Ehemann seit 1997 ein Einzelkonto bei der Bank 3 zur Anlage von Wertpapieren; die Klägerin besaß auch für dieses Konto eine Vollmacht. Streitig ist, ob die Einzahlungen des Ehemannes auf das Oder-Konto freigebige Zuwendungen an die Ehefrau darstellen.

Entscheidung FG

Die Einzahlungen des Ehegatten der Klägerin auf dem gemeinsamen Oder-Konto sind der Klägerin in Höhe des hälftigen Betrages freigebig zugewendet worden. Jede freigebige Zuwendung unter Lebenden unterliegt der Schenkungsteuer, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Gemäß § 430 BGB sind die Inhaber eines Oder-Kontos als Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Fehlen abweichende schriftliche oder mündliche Vereinbarungen der Eheleute über das Innenverhältnis, ist dieses vornehmlich aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen.

Eine von der gesetzlichen Vermutung abweichende schriftliche Vereinbarung der Eheleute, dass sie sich zu jedem Zeitpunkt einig gewesen seien, dass der im Jahr 2004 erzielte Veräußerungserlös aus dem Verkauf der Beteiligung ausschließlich dem Ehemann zustehe, wurde erst am 30.05.2007 und damit zeitlich bis zu 3 Jahre nach den Einzahlungen auf dem Oder-Konto niedergelegt. Die schriftliche Vereinbarung wurde darüber hinaus erst in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der durch das Finanzamt bei der Klägerin und ihrem Ehemann Anfang des Jahres 2007 durchgeführten Prüfung nach Hinweis auf etwaige Schenkungen verfasst. Sie kann daher lediglich Absichten der Ehegatten für vorangegangene Zeiträume fixieren, rückwirkend jedoch keine Zurechnung an einen Ehegatten begründen.

Im Streitfall ist daher auf das tatsächliche Verhalten der Klägerin und ihres Ehemanns abzustellen. Dabei ist entscheidend, wie die Klägerin und ihr Ehemann die Kosten der gemeinsamen Lebensführung bestreiten, welche Funktion dabei dem Oder-Konto zukommt, für welche Zwecke die Klägerin von ihrer Kontoberechtigung vor und nach Zufluss des Veräußerungserlöses Gebrauch macht und wie die Mittel verwendet werden, die für die laufende Lebensführung nicht benötigt werden. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin oder ihr Ehemann auf das Guthaben bei der Bank 1 zugegriffen haben, um jeweils eigenes Vermögen zu bilden. So erfolgten die Verfügungen, welche zwar durch den Ehemann vorgenommen wurden, im Regelfall auch zugunsten der Klägerin. Dass die Ehegatten die Guthaben auf dem Oder-Konto als gemeinsame Guthaben angesehen und verstanden haben, wird durch ihre Einkommensteuererklärungen für 2004 und 2005 bestätigt, in denen die Erträge aus dem Oder-Konto jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet worden sind. Den Ehegatten ist somit jeweils hälftig das Oder-Konto zuzurechnen. Durch die Einzahlung der streitbefangenen Erlöse aus der Veräußerung seiner Firmenbeteiligung auf das Oder-Konto hat der Ehemann der Klägerin die Hälfte des Veräußerungserlöses freigebig zugewendet.

Betroffene Norm

§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
Streitjahre 2004 - 2007

Fundstellen

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 25.03.2010, 4 K 654/2008
BFH, Urteil vom 23.11.2011, II R 33/10

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.