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12.11.2010
Erbschaftsteuer

Niedersächsisches FG: Freigebige Zuwendung bei disquotalen Einlagen im Rahmen einer Kapitalerhöhung

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin im Zuge einer Kapitalerhöhung bei der A Holding GmbH eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erhalten hat. Die Klägerin war jeweils mit 10 % an der D GmbH und an der A Holding GmbH (Holding) beteiligt. Ihr Ehemann hielt jeweils 90 % der Anteile dieser Gesellschaften. Die Klägerin verkaufte im Dezember 1997 9,45 % ihrer Anteile an der D GmbH an die Holding. Am gleichen Tag beschlossen die Gesellschafter der Holding, das Kapital um 5.000 DM zu erhöhen. Die Klägerin hatte dazu eine Bareinlage i.H.v. 500 DM zu leisten. Der Ehemann musste seine zusätzliche Einlage (nominal 4.500 DM) durch Einbringung seiner Anteile an der D GmbH zum Buchwert leisten. Diese Anteile hatten einen gemeinen Wert von 4.613.814 DM. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, durch die wertmäßig stark abweichenden Leistungen der Gesellschafter im Rahmen der Kapitalerhöhung habe der Ehemann der Klägerin hinsichtlich der Wertdifferenz etwas unentgeltlich zugewendet und setzte Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest. Dagegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.

Entscheidung

Die Wertsteigerung bezüglich des bisherigen Anteils der Klägerin an der Holding (10 %) stellt keine freigebige Zuwendung ihres Ehemannes dar (1.), während die Wertdifferenz bezüglich der neuen Anteile der Klägerin an der Holding schenkungsteuerpflichtig ist (2.). 

  1. Schenkungsteuerpflicht der Wertsteigerung der ursprünglichen Stammeinlage der Klägerin an der Holding 

    Der Schenkungsteuer unterliegt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Reine Wertveränderungen der Geschäftsanteile bleiben schenkungsteuerlich außer Betracht. Eine (mögliche) Werterhöhung der Geschäftsanteile spiegelt zwar die auf einer unentgeltlichen Zuwendung beruhende Werterhöhung des Gesellschaftsvermögens wider. Die Gesellschafter sind insoweit jedoch nicht auf Kosten des Zuwendenden bereichert. Die Werterhöhung der Geschäftsanteile ist vielmehr Folge der Gesellschafterstellung und beruht auf ihr. Rechtsgrund der "Bereicherung" der Gesellschafter ist allein die im Geschäftsanteil verkörperte Mitgliedschaft der Gesellschafter; diese vermittelt die Teilhabe der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen. Empfänger der einer GmbH gemachten Zuwendung ist, anders als bei der Gesamthandsgemeinschaft die GmbH selbst, denn das Gesellschaftsvermögen ist Vermögen der GmbH. Sie ist Bedachte der Zuwendung und wird durch die Zuwendung als Inhaberin des Gesellschaftsvermögens auf Kosten des Zuwendenden bereichert. 

    Nach diesen Grundsätzen hat die eingetretene Wertsteigerung hinsichtlich der Anteile der Klägerin, die diese bereits vor der Kapitalerhöhung hielt, nicht zu einer schenkungsteuerlich relevanten Bereicherung der Klägerin geführt. Empfängerin einer solchen Zuwendung war die Holding selbst, da deren Gesellschaftsvermögen insoweit auf Kosten des Zuwendenden, des Ehemannes der Klägerin, bereichert worden ist. Dies schließt eine gleichzeitige Zuwendung an die Klägerin aus.  
     
  2. Schenkungsteuerpflicht der Wertdifferenz der Stammeinlage der Klägerin aus der Kapitalerhöhung bei der Holding 

    Von Leistungen ins Vermögen einer Kapitalgesellschaft (oben 1.), die deren Gesellschafter nur indirekt begünstigen, sind solche Zuwendungen zu unterscheiden, die im Zuge eines Gründungsvorganges oder einer effektiven Kapitalerhöhung erfolgen. Im Streitfall ist die Klägerin auf Kosten ihres Ehemannes durch die Zulassung der disquotalen Einlagen im Zuge der Kapitalerhöhung bereichert. 

    Eine freigebige Zuwendung unter Lebenden i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt über das Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale die Verwirklichung eines subjektiven Tatbestands voraus. Es genügt dabei, wenn sich der Zuwendende der (Teil-) Unentgeltlichkeit seiner Leistung bewusst ist. Bei Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge reicht regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es hingegen nicht an. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Im Streitfall war dem Ehemann der Klägerin spätestens durch den vereinbarten Kaufpreis für den Verkauf der Anteile der Klägerin an der D GmbH an die Holding bekannt, dass die Anteile - und damit auch seine eigenen 90 % der Anteile - einen erheblichen Wert hatten. Der Ehemann der Klägerin konnte deshalb auch leicht erkennen, dass bei einer Einbringung der Anteile seinerseits zu Buchwerten für ein zusätzliches Stammkapital von 4.500 DM und der Verpflichtung der Klägerin zur Einlage nur des nominellen zusätzlichen Stammkapitals von 500 DM eine ganz erhebliche Wertverschiebung bezogen auf den zukünftigen Wert der Stammeinlagen erfolgen wird.       
            
    Die Revision wird zugelassen, da bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist, wie schenkungsteuerlich die Kombination aus der Einbringung eines Unternehmens zu Buchwerten bei einer gleichzeitigen disquotalen Kapitalerhöhung, für die alle Gesellschafter zugelassen worden sind, erfasst werden muss.

Betroffene Norm

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG

Fundstelle

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 20.01.2010, 3 K 449/06

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