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02.03.2023
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

FG Münster: Zurechnung der Vorbesitzzeit im Sinne von § 6a GrEStG bei Aufspaltung

Die für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG erforderliche Vorbesitzzeit wird bei Aufspaltung einer KG der Gesellschafterin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zugerechnet.

Sachverhalt

Zwei Kommanditisten (W und O.W.) waren jeweils hälftig an einer KG beteiligt. Diese war seit 1993 Alleingesellschafterin der F-GmbH, die Grundstücke hielt. 2010 gründeten die beiden Kommanditisten jeweils eine GmbH (F-Trading GmbH und C.O. GmbH) und brachten ihre Kommanditanteile an der KG in diese ein. Im gleichen Jahr schlossen die beiden neu gegründeten GmbHs und die KG einen Spaltungs- und Übernahmevertrag. Das Vermögen der KG wurde so aufgeteilt, dass ein Teilbetrieb samt der Beteiligung der KG an der F-GmbH auf die F-Trading-GmbH (Klägerin) übertragen wurde. 2013 wurde die F-GmbH auf die F-Trading-GmbH (Klägerin) verschmolzen.

Die Finanzverwaltung war der Auffassung, dass diese Verschmelzung den Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG erfüllt und somit der Grunderwerbsteuer unterliegt. Nach der Finanzverwaltung handelt es sich auch nicht um eine steuerbegünstigende Umstrukturierung im Konzern nach § 6a GrEStG, da die F-Trading GmbH die sog. Vorbehaltensfrist von 5 Jahren nicht erfülle, da sie erst seit 2010 die Beteiligung an der grundbesitzenden F-GmbH halte.

Demgegenüber vertrat die F-Trading GmbH die Auffassung, dass ihr die Vorbesitzzeit der KG (an der F-GmbH) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zuzurechnen sei.

Entscheidung

Das FG kommt – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - zu dem Ergebnis, dass der steuerbefreiende Tatbestand des § 6a GrEStG erfüllt ist.
Nach dem FG stellt die Verschmelzung der grundbesitzenden F-GmbH auf die F-Trading GmbH (unstrittig) einen steuerbaren Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG dar. Strittig sei allein die Frage, ob die Grunderwerbsteuerbefreiung für Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a GrEStG zur Anwendung kommt.

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 6a S. 1 und 3 GrEStG wird die Steuer für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang auf Grund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG nicht erhoben, wenn an dem Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und eine von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaft beteiligt sind. Nach § 6a S. 4 GrEStG ist eine Gesellschaft abhängig, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist.

Vorbehaltensfrist aufgrund Zurechnung der Besitzzeit der Rechtsvorgängerin erfüllt

An der Verschmelzung waren ausschließlich die F-Trading GmbH und die F-GmbH beteiligt. Nach dem FG sei die Vorbehaltensfrist von 5 Jahren im Streitfall eingehalten, da der F-Trading GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin der KG gemäß § 45 AO die seit 1993 bestehende hundertprozentige Beteiligung der KG an der F GmbH zuzurechnen sei.

Nach der BFH-Rechtsprechung tritt der der Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich in die abgabenrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein(vgl. BFH-Urteil vom 10.02.2021, IV R 38/19). Somit wirken alle steuerlich relevanten Umstände, die in der Person des Rechtsvorgängers eingetreten waren, auch für und gegen den Gesamtrechtsnachfolger (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.1993, X R 107/91). Dies gelte jedoch nicht für höchstpersönliche Verhältnisse oder Umstände, die unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpft sind.

Die F-Trading GmbH sei zivilrechtlich im Zuge der Aufspaltung – insbesondere was die Anteile an der F-GmbH angeht, Gesamtrechtsnachfolgerin der KG geworden (vgl. auch BFH-Urteil vom 07.08.2002, I R 99/00). Bei der Vorbesitzzeit der KG hinsichtlich der Anteile an der F-GmbH handelt es sich, so das FG, auch nicht um einen höchstpersönlichen Umstand, der einer Zurechnung entgegenstünde.

Rechtsprechung zu den Vor- und Nachbehaltensfristen im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG

Das FG betont weiter, dass die Rechtsprechung zu den Vor- und Nachbehaltensfristen im Rahmen der §§ 5 und 6 GrEStG(vgl. u.a. BFH-Urteil vom 25.09.2013, II R 17/12, BFH-Beschluss vom 05.06.2019, II B 21/18) sich nicht auf die Vor- und Nachbehaltenfristen des § 6a Satz 4 GrEStG übertragen lässt. Begründet sei dies durch die unterschiedlichen Ziele, die die Regelungen der §§ 5 und 6 GrEStG einerseits und des § 6a GrEStG andererseits verfolgen. Bei §§ 5 und 6 GrEStG, die Rechtsträgerwechsel zwischen Gesamthand und Gesamthändern von der Steuer ausnehmen, dienen die Vor- und Nachbehaltensfristen der Missbrauchsvermeidung. Demgegenüber solle § 6a GrEStG aus wirtschaftspolitischen Gründen die Umstrukturierung von Unternehmen erleichtern, wobei die Vor- und Nachbehaltensfristen vornehmlich dazu dienten, die als verschonungswürdig qualifizierten Sachverhalte zu umschreiben und zu begrenzen.

Betroffene Norm

§ 6a GrEStG

Streitjahr 2013

Fundstelle

FG Münster, Urteil vom 12.01.2023, 8 K 169/21, BFH-anhängig: II R 5/23

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.02.2021, IV R 38/19

BFH, Urteil vom 22.09.1993, X R 107/91, BStBl. II 1993, 874

BFH, Urteil vom 07.08.2002, I R 99/00, BStBl. II 2003, S. 835

BFH, Urteil vom 25.09.2013, II R 17/12, BStBl. II 2014, S. 268

BFH, Beschluss vom 05.06.2019, II B 21/18

 

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