BFH: Änderung der Bemessungsgrundlage beim Verkauf einer Gewerbeimmobilie
Sachverhalt
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erwarb ein Grundstück, um darauf ein Einkaufszentrum zu errichten. Noch vor dessen Fertigstellung verkaufte sie (umsatzsteuerpflichtig kraft Option nach § 9 UStG) das Grundstück an einen Interessenten und garantierte im Kaufvertrag ohne gesondert berechnetes Entgelt hierfür "... das Mietaufkommen aus den abgeschlossenen Mietverträgen".
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die tatsächlichen Mieteinnahmen erheblich geringer waren als die in Aussicht gestellten Mieterträge, verklagte der Grundstückskäufer die GbR auf Schadensersatz aufgrund einer Mietgarantie. Das Oberlandesgericht entschied, dass die Gesellschaft gegenüber dem Käufer eine Mietgarantie übernommen hatte und daher verpflichtet sei, diesem die Differenz zwischen den tatsächlich erzielten Mieteinnahmen und der Sollmiete zu ersetzen. Zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs wies das OLG die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurück. Im Rahmen dieses Verfahrens schlossen die Beteiligten einen Vergleich, infolge dessen die Gesellschaft an den Käufer eine Zahlung leistete.
In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Streitjahr machte die GbR die Zahlung als nachträgliche Minderung des Kaufpreises gemäß § 17 UStG für die Immobilie geltend (Hinweis: nach der zum Zeitpunkt des Verkaufs geltenden Rechtslage oblag die Steuerschuld bei einem steuerpflichtigem Grundstücksverkauf dem Verkäufer; nach der gegenwärtigen Rechtslage wäre eine Umkehrung der Steuerschuld auf den Grundstückskäufer nach § 13b Abs. 1 Nr. 3; Abs. 2 UStG erfolgt).
Das Finanzamt ging dagegen davon aus, dass es sich bei der Zahlung um "echten" Schadensersatz handele.
Die von der GbR erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück.
Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg.
Anmerkung
Thematisch betrifft die Entscheidung die in der Praxis oft umstrittene Frage, ob Zahlungen (nicht steuerbaren) Schadensersatz darstellen oder in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Leistung stehen. Letzteres sah der BFH hier gegeben und stützte damit die Rechtsauffassung des Grundstückverkäufers (GbR). Die Zahlung des Verkäufers steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dessen erbrachter Leistung, da sie den Minderwert des übereigneten Grundstücks ausgleicht.
Die Änderung der Bemessungsgrundlage berechtigt gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 UStG den leistenden Unternehmer zur Berichtigung seiner Umsatzsteuerschuld (welche zunächst auf Basis des vereinbarten Entgelts entsteht) bezüglich des entsprechenden Umsatzes und verpflichtet den Leistungsempfänger zur entsprechenden Berichtigung des Vorsteuerabzugs.
Der Berichtigungsmechanismus des § 17 UStG stellt sicher, dass die Leistung des Unternehmers systemgerecht und endgültig nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich für seine erbrachte Leistung vereinnahmte Gegenleistung ergibt.
Voraussetzung einer Berichtigung nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG wegen Minderung der Bemessungsgrundlage ist jedoch, dass eine etwaige (Rück-) Zahlung des Leistenden an den Leistungsempfänger unmittelbar das Leistungsaustauschverhältnis betrifft, d.h. in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner erbrachten Leistung steht.
Unerheblich ist hierbei nach Ansicht des BFH,
- ob die Zahlung auf einem gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich beruht, da der Vergleich letztlich nichts über die Eigenart der Zahlung aussagt, sondern nur das Mittel ist, einen Rechtsstreit zu beenden;
- ob die Zahlung zivilrechtlich Schadensersatz darstellt.
Der BFH geht davon aus, dass im vorliegenden Fall die erzielbaren Mieterträge den Kaufpreis für die Immobilie entscheidend in seiner Höhe beeinflusst haben (höherer Kaufpreis). Werden die erzielbaren Mieterträge nicht erreicht und dient eine Zahlung des Immobilienverkäufers der Korrektur eines überhöhten Kaufpreises, steht die Zahlung nach Ansicht des BFH in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verkauf der Immobilie und rechtfertigt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG.
Vorinstanz
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 26.11.2008, 4 K 38/07.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 11.02.2010, Az. V R 2/09.
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Dr. Eduard Forster | München