BFH: Bauträger sind keine Steuerschuldner gemäß § 13b UStG
Nach § 13b UStG schuldet (ausnahmsweise) der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer bei bestimmten Bauleistungen, wenn er selbst Bauleistungen erbringt. Der BFH hat nun den Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich eingeschränkt und die dazu ergangene Anwendungsvorschrift der Finanzverwaltung ausdrücklich verworfen. Hiernach ist der Leistungsempfänger nur dann Schuldner der Umsatzsteuer, wenn er die an ihn erbrachten Leistungen seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Danach sind z.B. Bauträger für die von ihnen in Auftrag gegebenen Bauleistungen nicht mehr Schuldner der Umsatzsteuer.
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Bauträger, hatte einen Generalunternehmer mit der Erstellung eines Gebäudes beauftragt und die von diesem nach Kündigung des Generalunternehmervertrags nicht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zunächst selbst erklärt und abgeführt. In ihrer Jahreserklärung gab sie an, keine nachhaltigen Bauleistungen erbracht zu haben (Abschnitt 182a Abs. 10 UStR 2005). Sie schulde deshalb die Umsatzsteuer nicht. Das Finanzamt hielt dem entgegen, dass die Klägerin sich mit dem Generalunternehmer darüber geeinigt habe, dass sie die Umsatzsteuer schulde (Abschnitt 182a Abs. 17 UStR 2005). Die Finanzverwaltung geht im Übrigen davon aus, dass der Empfänger einer Bauleistung schon dann seinerseits Bauleistungen im Sinne der Vorschrift (§ 13b UStG) erbringt, wenn zwischen den von ihm empfangenen und den von ihm erbrachten Leistungen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht (Abschnitt 182a Abs. 11 UStR 2005). Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt, um klären zu lassen, ob § 13b UStG mit dem Europarecht vereinbar sei. Der EuGH hat dies grundsätzlich bejaht (EuGH, Urteil v. 13.12.2012, C-395/11). Er hat aber die nationalen Gerichte dazu aufgefordert, bei der Anwendung der Vorschrift für Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit Sorge zu tragen. Davon ausgehend hat der BFH nun die Auslegung der Vorschrift durch die Finanzverwaltung – soweit im Streitfall anwendbar – als nicht rechtssicher genug verworfen.
§ 13b Abs. 2 Satz 2 UStG ist entgegen Abschn. 182a Abs. 11 UStR 2005 (bzw. Abschn. 13b.3 Abs. 10 UStAE) einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet.
Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen kommt es entgegen Abschn. 182a Abs. 10 UStR 2005 (bzw. Abschn. 13b.3 Abs. 2 UStAE) nicht an.
Anmerkung
Konkret bedeutet dies, dass Bauträger nicht mehr als Steuerschuldner nach § 13b UStG in Betracht kommen, denn Bauträger erbringen keine Bauleistung im Sinne der Vorschrift, sondern liefern bebaute Grundstücke. Das unterscheidet sie vom sog. Generalunternehmer, der an seinen Auftraggeber Bauleistungen erbringt und deshalb die Steuer (auch) für die von ihm in einer Leistungskette (von Subunternehmern) bezogenen Bauleistungen nach § 13b UStG schuldet. Ist der Unternehmer sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig, kommt es auf die Verwendung der von ihm bezogenen Bauleistung an. Maßgeblich ist dann, ob der Unternehmer die Bauleistung für eine steuerfreie Grundstücksübertragung als Bauträger oder für eine eigene steuerpflichtige Bauleistung als Generalunternehmer verwendet.
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Im Rahmen des Kroatiengesetzes (siehe Deloitte Tax-News) wurde der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Bauleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG) geändert, um die Folgen des BFH-Urteils vom 22.08.2013 in der Praxis zu vermeiden: Der Leistungsempfänger ist nur dann Steuerschuldner für eine an ihn erbrachte Bauleistung, wenn er selbst nachhaltig Bauleistungen ausführt, unabhängig davon, ob er sie für eine von ihm erbrachte Bauleistung verwendet. Mit Schreiben vom 26.09.2014 nimmt das BMF zu dieser Neuregelung Stellung.
BMF, Schreiben vom 26.09.2014, IV D 3 – S 7279/14/10002
Betroffene Norm
§ 13b UStG
Vorinstanz
Finanzgericht Münster, Urteil vom 01.09.2010, 5 K 3000/08 U, EFG 2011, S. 278
Fundstelle
BFH, Urteil vom 22.08.2013, V R 37/10
Pressemitteilung vom 27.11.2013
Weitere Fundstellen
EuGH, Urteil vom 13.12.2012, C-395/11
BFH, Pressemitteilung vom 03.08.2011
BFH, Beschluss vom 30.06.2011,V R 37/10, BStBl II 2011, S. 842, Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
Weitere Beiträge
EuGH: Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen (29.08.2013)
BFH: EuGH-Vorlage zum Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen (05.08.2011)