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07.02.2011
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Innergemeinschaftliche Erwerbe auf dem Prüfstand - Kein Vorsteuerabzug bei Verwendung einer falschen USt-ID Nummer

Sachverhalt

In zwei Entscheidungen hat der BFH (Urteile vom 08.09.2010 und 01.09.2010) den Vorsteuerabzug aus innergemeinschaftlichen Erwerben versagt, wenn der Erwerber eine andere USt-ID Nummer verwendet als die des Bestimmungslands der Ware.

In beiden Fällen kauften deutsche Unternehmer Ware unter Verwendung ihrer deutschen USt-ID Nummer innergemeinschaftlich ein. Bestimmungsland der Ware war jedoch nicht Deutschland. Die innergemeinschaftlichen Erwerbe wurden nicht im EU-Bestimmungsland der Ware (§ 3d S.1 UStG), sondern im Land der verwendeten USt-ID Nummer Deutschland (§ 3d S. 2 UStG) besteuert. Der Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG) wurde zeitgleich vorgenommen.

Die Erwerbsbesteuerung und insbesondere der Vorsteuerabzug erfolgten somit im „falschen“ Staat. Im Raum stand auch der Vorwurf der Einbindung der Unternehmen in ein Umsatzsteuerkarussell.

Der EuGH hatte in seinen Urteilen „X und Facet Trading BV“ (Urteile vom 22.04.2010, C-536/08 und C-539/08) für derartige Fallkonstellationen (Verwendung einer vom Bestimmungsland abweichenden USt-ID Nummer) die Besteuerungspflicht im Land der verwendeten USt-ID Nummer bejaht, eine Entlastung qua zeitgleichem Vorsteuerabzug jedoch verneint.

Umstritten war seitdem, ob der Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG so zum Nachteil der Steuerpflichtigen (richtlinienkonform) ausgelegt werden kann, dass man der EuGH Rechtsprechung ohne Gesetzesänderung Geltung verschaffen kann.

Entscheidung

Der BFH hat den Vorsteuerabzug versagt, indem er das nationale Recht (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG) im Lichte der EuGH-Rechtsprechung „X und Facet Trading BV“ einschränkend auslegt. Der in den Vorinstanzen thematisierte Missbrauchsvorwurf war folglich nicht entscheidungserheblich, da sich die Versagung des Vorsteuerabzugs bereits aus der teleologischen Gesetzesauslegung ergab.

Wareneinkäufe aus dem EU-Ausland müssen im ERP-System daher zukünftig zwingend nach Fallkonstellationen unterschieden werden, in denen Bestimmungsland der Ware gleich der verwendeten USt-ID Nummer ist und Fällen, in denen das Bestimmungsland der Ware und das Land der verwendeten USt-ID Nummer voneinander abweichen.

In letzteren Fällen darf zukünftig keine korrespondierende Vorsteuer zur Erwerbssteuer im System gebucht werden. Falls dies doch geschieht, liegt eine Steuerverkürzung vor.

Nach Meinung des BFH erfolgt die Entlastung des Unternehmers von der Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb im Fall des § 3d S. 2 UStG nicht durch die Gewährung des Vorsteuerabzugs, sondern durch eine Verminderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Unternehmer die Besteuerung im Mitgliedstaat der Beendigung der Beförderung der Ware nachweist. Eine etwaige Berichtigung ist „ex nunc“ in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der Nachweis der Besteuerung im Bestimmungsland der Ware erbracht worden ist.

Deutsche Unternehmen, die Wareneinkäufe aus dem EU-Ausland (z.B. Spanien) unter ihrer deutschen USt-ID Nummer als innergemeinschaftliche Erwerbe erklären, obwohl die Ware nicht nach Deutschland sondern direkt in ein anderes EU-Mitgliedsland (z.B. UK) transportiert wird, müssen folglich die Erwerbssteuer in Deutschland mangels Vorsteuerabzug vorfinanzieren und können die Steuer erst in dem Voranmeldungszeitraum berichtigen, in dem gegenüber dem deutschen Finanzamt die Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland der Ware (z.B. UK) nachgewiesen wurde.

Betroffene Normen

§ 3d S.2 UStG, § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG

Vorinstanzen

Sächsisches Finanzgericht, Entscheidung vom 15.10.2008, 8 K 2097/06
Sächsisches Finanzgericht, Entscheidung vom 15.10.2008, 8 K 1490/07

Fundstellen

BFH, Urteil vom 08.09.2010, XI R 40/08 BFH, Urteil vom 01.09.2010, V R 39/08

Weitere Fundstellen

EuGH, Urteil vom 22.04.2010, C-536/08

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