BFH: Umsatzsteuerliche Organschaft endet mit Insolvenzeröffnung
Wird bei einem Unternehmen, das als Organträger einer umsatzsteuerlichen Organschaft fungiert, ein Insolvenzverfahren eröffnet, endet damit die umsatzsteuerliche Organschaft.
Sachverhalt
Im Jahre 2012 wurde ein Insolvenzverfahren über das Vermögen sowohl der Organträgerin (Antragstellerin) als auch ihrer Organgesellschaften eröffnet. Die Organträgerin beantragte Eigenverwaltung und ein Sachverwalter wurde für die Organträgerin und ihre Organgesellschaften bestellt.
Das Finanzamt nahm den Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft an, fasste die Umsatzsteuervoranmeldungen der Organträgerin und ihrer Organgesellschaften zusammen und erließ einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid gegenüber der Organträgerin.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass die Organschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden sei und erhob Klage beim zuständigen Finanzgericht. Die Klage wurde noch nicht entschieden, sondern dem BFH vorgelegt.
Entscheidung
Der BFH hat am 19.03.2014 beschlossen, dass ernsthafte Zweifel am Fortbestand einer umsatzsteuerlichen Organschaft im Falle einer Insolvenzeröffnung bestehen.
In einer umsatzsteuerlichen Organschaft werden, bei Erfüllung der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG normierten Voraussetzungen, mehrere Unternehmen dergestalt miteinander verbunden, dass nur ein Unternehmen (Organträger) als Steuerschuldner gegenüber dem Finanzamt agiert. Das führt dazu, dass der Organträger die Umsatzsteuer aller Gesellschaften an das Finanzamt abführt und auch dafür haftet. Das Konstrukt einer umsatzsteuerlichen Organschaft begründet im Innenverhältnis zivilrechtlich einen Regressanspruch aus § 426 BGB des Organträgers gegenüber den Organgesellschaften auf Zahlung der Umsatzsteuer.
Generell hält der BFH in seinem Beschluss fest, dass es keine sogenannte Konzerninsolvenz gibt und das insolvenzrechtliche Einzelverfahren, also eine insolvenzrechtliche Selbstständigkeit, herrscht. Gleiches müsse auch für umsatzsteuerliche Organschaften gelten.
Im Falle einer Insolvenz, so der BFH, seien die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht mehr gegeben: Mit der Bestellung eines Insolvenzverwalters entfalle die Voraussetzung der organisatorischen Eingliederung, da es dem Organträger an der Willensdurchsetzung innerhalb der Organschaft fehle.
Weiterhin begründe die geschuldete Umsatzsteuer einer Organgesellschaft keine Masseverbindlichkeit. Dies führt allerdings dazu, dass dem Organträger, sollte er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Umsatzsteuer der Organgesellschaften abgeführt haben, kein Ausgleichsanspruch auf Rückzahlung der Umsatzsteuer zusteht. Folglich könne eine Organschaft ab Insolvenzeröffnung nicht weiter fortbestehen.
Anmerkung
OFD Frankfurt a.M., Rundvfg. vom 25.11.2015
Mit Urteil vom 08.08.2013, siehe Deloitte Tax-News, hat der BFH entschieden, dass die Organschaft bereits bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt endet. In dem hier besprochenen Beschluss vom 19.03.2014 (V B 14/14) hält es der BFH auch in Fällen der Eigenverwaltung für ernstlich zweifelhaft, ob durch die Bestellung eines Sachwalters weiterhin von der organisatorischen Eingliederung ausgegangen werden kann. Das Urteil und der Beschluss wurden noch nicht amtlich veröffentlicht. Die Konsequenzen aus der neueren Rechtsprechung werden derzeit auf Bundesebene erörtert.
Betroffene Norm
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG
Fundstelle
BFH, Beschluss v. 19.03.2014, V B 14/14
Pressemitteilung Nr. 29/144 v. 16.04.2014
Weitere Fundstellen
Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M., Rundvfg. vom 25.11.2015, S 7105 A - 21 - St 110
BFH, Urteil vom 08.08.2013, V R 18/13, siehe Deloitte Tax-News