BFH: Verzinsung von Vorsteuervergütungsansprüchen
Antragsteller im Vorsteuervergütungsverfahren verletzen keine Mitwirkungspflichten, wenn sie die Einspruchsbegründung und die vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) angeforderte Unterlagen zwar nicht innerhalb der vorgeschriebenen Monatsfrist, aber innerhalb der vom BZSt verlängerten Frist vorlegen.
Sachverhalt
Bei der Klägerin handelt es sich um ein in Luxemburg ansässiges Unternehmen, das Lokomotiven und Züge verleast. Im Rahmen des Vorsteuervergütungsverfahrens stellte die Klägerin im März und im September 2011 jeweils einen Antrag auf Vergütung der Vorsteuern beim BZSt. Gegen die im Juni 2012 erfolgte Ablehnung der Anträge legte die Klägerin fristgerecht Einsprüche ohne Begründung ein. Nach der Aufforderung im Mai 2013, die Einsprüche zu begründen, beantragte die Klägerin Fristverlängerung. Im Rahmen der vom BZSt gewährten Fristverlängerung reichte die Klägerin die Begründungen ein.
Nachdem das BZSt die Klägerin um die Übersendung von Ausgangsrechnungen bat, beantragte die Klägerin erneut Fristverlängerung. Im Rahmen der vom BZSt eingeräumten First bis September 2013 übermittelte die Klägerin die angeforderten Rechnungen. Mit Bescheiden vom Oktober und November 2013 half das BZSt den Einsprüchen teilweise ab und zahlte die Vorsteuervergütung aus. Den Antrag der Klägerin auf Festsetzung der Zinsen zur Vorsteuervergütung lehnte das BZSt, unter dem Hinweis der Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten, ab.
Entscheidung
Der BFH folgt in seinem Urteil der Entscheidung der Vorinstanz. Danach ist der gemäß Vorsteuervergütungsverfahren ermittelte Erstattungsbetrag grundsätzlich zu verzinsen. Der Anspruch ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht fristgerecht nachgekommen ist. Die Begründung des Einspruchs und die vom BZSt angeforderten Unterlagen sind zwar nicht innerhalb eines Monats, aber innerhalb der vom BZSt gewährten Fristverlängerung eingegangen. Auch die zunächst fehlende Begründung des Einspruchs durch die Klägerin, erfolgte innerhalb der vom BZSt gewährten Fristverlängerung.
Unabhängig davon ist eine Begründung des Einspruchs nicht zwingend erforderlich, da es sich lediglich um eine Sollvorschrift handelt. Bei einem Verstoß liegt damit keine zu einem Rechtsverlust führende Pflichtverletzung vor. Der BFH führt aus, dass es sich bei der Monatsfrist zur Erfüllung der Mitwirkungspflichten um keine Ausschlussfrist handelt, sodass eine Fristverlängerung durch das BZSt möglich ist. Die Einhaltung der durch das BZSt verlängerten Frist reicht für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht aus. Vorliegend hat die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht daher nicht verletzt. Folglich besteht der Anspruch auf Verzinsung der Vorsteuervergütung in Höhe von 0,5% pro Monat des Zinslaufs.
Anmerkung
Der EUGH hat bereits im Urteil Sea Chefs Cruise Services entschieden, dass das die Präzisierung einer Frist mit dem Adverb „spätestens“ zur Kennzeichnung einer Ausschlussfrist dient (EUGH Urt. v. 02.05.2019, C-133/18). Da auch im Artikel 20 Abs. 2 der Richtlinie 2008/9/EG, in der die o.g. Monatsfrist auf EU-Ebene geregelt ist, diese Präzisierung fehlt, ist eine Verlängerung der Frist möglich.
Betroffene Normen
§ 18 Abs. 9 UStG, §§ 61 Abs. 5, 61 Abs. 6 UStDV, §§ 109 Abs. 1, 238, 357 Abs. 3 AO
Vorinstanz
Finanzgericht Köln, Urteil vom 07.12.2016, 2 K 2863/14, EFG 2017, S. 790.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 17.07.2019, V R 7/17, BFH/NV 2019, S. 1469
Weitere Fundstelle
EuGH, Urteil vom 02.05.2019, C-133/18, DStRE 2019, S. 1348
