BMF: Einführungsschreiben zur verpflichtenden E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze
Das BMF gibt seine Rechtsauffassung zur Auslegung der neuen E-Rechnungsvorschriften bekannt.
Hintergrund
Mit dem Wachstumschancengesetz (BGBl. 2024 I Nr. 108 vom 27.03.2024, vgl. Deloitte Tax News) wurde die obligatorische E-Rechnung für Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmer eingeführt. Die neuen E-Rechnungsvorschriften treten zum 1. Januar 2025 in Kraft (vgl. Deloitte Tax News). Das Primat der Papierrechnung wurde damit aufgehoben. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen der E-Rechnungspflicht erfüllt, bedarf die E-Rechnungsstellung nicht mehr der Zustimmung des Empfängers. Von der E-Rechnungspflicht ausgenommen sind steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 bis 29 UStG), Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) und Fahrausweise (§ 34 UStDV). Während für Rechnungsaussteller gesetzliche Übergangsvorschriften vorgesehen sind, müssen Rechnungsempfänger ab dem 1. Januar 2025 sicherstellen, dass sie E-Rechnungen empfangen können. Unternehmer stehen damit vor der Herausforderung, ihre Rechnungsprozesse rechtzeitig umzustellen. Auf die Veröffentlichung erster Vorabhinweise im Oktober 2023 zur Zulässigkeit von XRechnungen und Rechnungen im ZUGFeRD-Format ab Version 2.0.1. folgte im Juni 2024 der Entwurf eines BMF-Schreibens. Mit dem Mitte Oktober 2024 veröffentlichten Anwendungsschreiben hat das BMF auf den Präzisierungsbedarf reagiert und in einigen Punkten nachgebessert.
Verwaltungsanweisung
Dem Anwendungsschreiben sind wichtige Klarstellungen, insbesondere zur Feststellung der Unternehmereigenschaft des Empfängers, den Formatanforderungen und speziellen Rechnungstypen zu entnehmen.
Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers (Rz. 15)
Ein Rechnungsaussteller darf sich, unter dem Vorbehalt des sorgfaltsgemäßen Handelns, auf die Angabe des Empfängers zu seinem Unternehmerstatus und seiner Ansässigkeit im Inland verlassen. Den im Entwurf des BMF-Schreibens noch unbestimmten Sorgfaltsmaßstab hat das BMF dahingehend konkretisiert, dass der Verwendung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Wirtschafts-Identifikationsnummer indizielle Wirkung für die Unternehmereigenschaft des Empfängers zukommt.
Betroffene Umsätze (Rz. 13, 17)
Sämtliche Umsätze, die nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, zwischen im Inland ansässigen Unternehmern unterliegen der E-Rechnungspflicht. Dazu gehören auch innergemeinschaftliche Lieferungen, z.B. aus Deutschland an die Betriebsstätte eines anderen inländischen Unternehmers im EU-Ausland. Ebenso gilt die E-Rechnungspflicht für Reverse-Charge-Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern, Umsätze von Kleinunternehmern und Umsätze, die der Durschnittsatz oder Differenzbesteuerung unterliegen (§§ 24, 25, 25a UStG). Die E-Rechnungsausstellungspflicht gilt auch, wenn der Rechnungsempfänger ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt. Unterliegen nur Teile der abgerechneten Leistung der E-Rechnungspflicht, muss ebenfalls eine E-Rechnung ausgestellt werden. Die E-Rechnungspflicht gilt auch für die Abrechnung im Wege der Gutschrift.
Format (Rz. 24 bis 34)
Die E-Rechnung muss den Anforderungen der Normenreihe EN 16931 genügen oder interoperabel sein. Zulässige nationale elektronische Rechnungsformate sind z.B. Rechnungen nach dem Standard XRechnung oder ZUGFeRD-Format ab Version 2.0.1 – davon ausgenommen sind die Profile MINIMUM und BASIC-WL. Als zulässige ausländische Formate nennt das BMF exemplarisch die Factur-X und Peppol-BIS Billing. Die im Entwurf des BMF-Schreibens noch beispielhaft erwähnte italienische FatturaPA wurde gestrichen. Bei Formaten, die aus einem strukturierten und einem menschenlesbaren Datenteil bestehen (hybride Formate), geht der strukturierte Datenteil vor.
Rechnungsinhalt (Rz. 35)
Die E-Rechnung muss die gesetzlichen Pflichtangaben enthalten (§§ 14, 14a UStG). Ergänzende Angaben können in einen in der E-Rechnung enthaltenen Anhang aufgenommen werden. So sollen z.B. Stundennachweise in einer PDF-Datei aufgeschlüsselt werden können.
Übermittlung und Empfang (Rz. 36 bis 43)
Als zulässige Übermittlungswege waren im Entwurf des BMF-Schreibens bereits der Versand per E-Mail, die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder der Download über ein Internetportal genannt. Neu ist die Klarstellung, dass der Zugriff auf einen einheitlichen Speicherort innerhalb von Konzernstrukturen ausreichend ist. Während das BMF im Entwurf der Verwaltungsanweisung die Unzulässigkeit der Übermittlung mittels externer Speichermedien (z.B. USB-Stick) betonte, ist diese Einschränkung im Einführungsschreiben nicht mehr enthalten.
Der Unternehmer kann sich zur Erstellung bzw. Übermittlung von E-Rechnungen externer Dienstleister bedienen. Er muss dabei sicherstellen, dass dabei die Voraussetzungen gemäß §§ 14, 14a UStG gewahrt werden.
Wird bei der Übermittlung einer E-Rechnung eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein zulässiges EDI-Verfahren verwendet, gelten die Authentizität und Integrität als gewährleistet. Beides kann auch durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren sichergestellt werden, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Leistung und E-Rechnung herstellt.
Die gesetzlichen Übergangsvorschriften gelten nicht für Rechnungsempfänger. Ab dem 1. Januar 2025 müssen inländische Unternehmer daher E-Rechnungen empfangen können. Hierzu genügt ein E-Mail-Postfach. Dabei muss es sich nicht um ein gesondertes E-Mail-Postfach handeln, das ausschließlich für den Empfang von E-Rechnungen eingerichtet wird. Verweigert der Empfänger die Annahme der E-Rechnung trotz E-Rechnungspflicht, hat er kein Recht auf eine sonstige Rechnung. Der Rechnungsaussteller hat seine Übermittlungspflicht erfüllt, wenn er sich nachweislich um eine ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat. Als Nachweis kann z.B. ein Sendeprotokoll dienen.
Aufbewahrung (Rz. 60)
Der strukturierte Teil der E-Rechnung ist so aufzubewahren, dass die Unveränderbarkeit und die maschinelle Auswertbarkeit gewährleistet werden. Besteuerungsrelevante Aufzeichnungen in zusätzlichen Dokumenten (z.B. Buchungsvermerke im Bildteil einer hybriden Rechnung) sind ebenfalls GoBD-konform aufzubewahren.
Dauerrechnungen (Rz. 46)
Vor dem 1. Januar 2027 als sonstige Rechnungen ausgestellte Dauerrechnungen (z.B. in Papierform oder als PDF) bleiben gültig. Eine E-Rechnung muss für diese Dauersachverhalte erst ausgestellt werden, wenn sich die Rechnungsangaben ändern (z.B. Mieterhöhung).
Endrechnung/Restrechnung (Rz. 47 f.)
Da die Anforderungen an eine Endrechnung derzeit im strukturierten Teil einer E-Rechnung noch nicht technisch darstellbar sind, kann eine Restrechnung anstelle einer Endrechnung ausgestellt werden. Für bis Ende 2027 als E-Rechnungen ausgestellte Endrechnungen beanstandet es die Finanzverwaltung übergangsweise nicht, wenn die Verrechnung der Anzahlungen (Abschn. 14.8 Abs. 8 Nr. 2 UStAE) als unstrukturierte Datei in der E-Rechnung enthalten ist.
Rechnungsberichtigung (Rz. 49 bis 51)
Für die (rückwirkende) Berichtigung einer unrichtigen oder unvollständigen E-Rechnung ist der entsprechende Rechnungstyp zu verwenden. In Fällen der Änderung der Bemessungsgrundlage ist die Berichtigung des Steuerbetrags in der initialen Rechnung nicht erforderlich. Dies gilt z.B. bei nachträglich abgerechnete Rabatt- oder Bonusvereinbarungen auf Grundlage von Jahresabnahmemengen.
Vorsteuerabzug (Rz. 55 bis 59)
Sofern eine E-Rechnungspflicht besteht, genügt eine sonstige Rechnung nicht den gesetzlichen Anforderungen, sodass der Vorsteuerabzug grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn keine Rechnungsberichtigung erfolgt. Unterbleibt die Rechnungsberichtigung, gewährt die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug aus einer sonstigen Rechnung dennoch, wenn sie über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts prüfen zu können. Die Angaben in einer sonstigen Rechnung (z.B. Papierrechnung oder PDF-Datei) können als objektive Nachweise dienen. Wenn der Empfänger davon ausgehen konnte, dass der Rechnungsaussteller die gesetzlichen Übergangsregelungen in Anspruch nimmt, wird der Vorsteuerabzug wegen des Vorliegens einer Rechnung im falschen Format von der Finanzverwaltung nicht beanstandet.
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Rz. 52 bis 54)
Unabhängig von einer E-Rechnungspflicht für B2G-Umsätze, z.B. für das öffentliche Auftragswesen nach der ERechV des Bundes, unterliegen juristische Personen des öffentlichen Rechts unter den übrigen Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Pflicht zur Ausstellung und zum Empfang einer E-Rechnung. Eine E-Rechnungsstellungspflicht ergibt sich für juristische Personen des öffentlichen Rechts spätestens ab dem 1. Januar 2028. Werden Leistungen im Rahmen des Unternehmens und aus dem nicht wirtschaftlichen Bereich im engen Sinne einer juristischen Person gemeinsam fakturiert, ist die Rechnung insgesamt als E-Rechnung auszustellen.
Normen
§ 14 UStG, § 27 Abs. 38 UStG
Fundstelle
BMF, Schreiben vom 15.10.2024, III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007
