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16.10.2024
Indirekte Steuern/Zoll

BMF-Entwurf: Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten

​Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat einen neuen Entwurf zur Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten veröffentlicht. Der Entwurf bringt bedeutende Änderungen und Klarstellungen hinsichtlich der Zuordnung von Eingangs- zu Ausgangsumsätzen sowie der Anwendung von Segmentierungsmethoden mit sich.

Hintergrund

Die Vorsteueraufteilung ist ein zentrales Thema für alle Unternehmen, die sowohl Umsätze erzielen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch solche, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Gerade für komplexe Unternehmen wie Kreditinstitute war jedoch nach Abschaffung des sog. „Bankenschlüssels“ durch die Finanzverwaltung zum 31. Dezember 1991 sowie der fehlenden Nennung des BMF-Schreibens vom 12. April 2005 (IV A 5 - S 7306a - 3/05I) zur Aufteilung des Vorsteuerabzugs bei Kreditinstituten in der Positivliste des BMF ein Vakuum entstanden, wie eine sachgerechte Vorsteueraufteilung nach den Vorstellungen der Finanzverwaltung konkret zu erfolgen hat. Mit dem Entwurf eines BMF-Schreibens unternimmt das BMF einen neuen Versuch, Leitlinien zur sachgerechten Zuordnung von Eingangs- zu Ausgangsumsätzen und Vorsteueraufteilung nach § 15 Absatz 4 UStG zu schaffen. Der Entwurf ist zwar mit „Vorsteuerabzug bei Kreditinstituten“ tituliert; die Ausführungen im Entwurf eines BMF-Schreibens sind jedoch nicht auf den Bankensektor begrenzt, sondern durch alle Finanzdienstleister sowie Unternehmen, die nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, zu beachten.

Inhalt des Entwurfs eines BMF-Schreibens

Der Entwurf eines BMF-Schreibens sieht als bevorzugten Ansatz vor, dass bei Kreditinstituten eine Vorsteueraufteilung nach den abgrenzbaren Teilen des Unternehmens (sog. „Segmentierung“) zu erfolgen hat. Dies bedeutet, dass für Zwecke der Vorsteueraufteilung einzelne Segmente (z.B. Organgesellschaften, Betriebsstätten, Geschäftsbereiche, Abteilungen, Produktgruppen) des Kreditinstituts isoliert zu betrachten sind, um eine präzisere Zuordnung der Vorsteuern zu gewährleisten.

Es bleibt den Kreditinstituten jedoch unbenommen, einen anderen Ansatz als der Segmentierung zu wählen, um Vorsteuerbeträge den Ausgangsumsätzen zuzuordnen, wenn dieser Ansatz den Besonderheiten der Kreditwirtschaft ausreichend Rechnung trägt, um eine sachgerechte Vorsteueraufteilung zu gewährleisten. Sachgerecht ist eine Methode, wenn diese (i) objektiv nachprüfbar, (ii) realistisch ist und (iii) keine selektiven Elemente enthält. Die Methode muss folglich berücksichtigen, dass in der Kreditwirtschaft die reinen Umsatzgrößen nicht die erwirtschaftete Wertschöpfung widerspiegeln.

1. Grundlagen zur Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge

Das Recht auf den Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen erfordert, dass die getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze gehören. Diese Aufwendungen müssen Teile der Kosten der Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden. Ein nur mittelbar bestehender Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsätzen tritt grundsätzlich hinter einen bestehenden direkten und unmittelbaren Zusammenhang zurück.

Hierbei ist zwischen drei Gruppen von Vorsteuerbeträgen zu unterscheiden:

1. Vorsteuerbeträge, die in voller Höhe abzugsfähig sind, weil sie ausschließlich den abzugsberechtigenden Ausgangsumsätzen zuzuordnen sind.

2. Vorsteuerbeträge, die in voller Höhe vom Abzug ausgeschlossen sind, weil sie ausschließlich den nicht abzugsfähigen Ausgangsumsätzen zuzuordnen sind.

3. Vorsteuerbeträge, die keiner der ersten beiden Gruppen zugeordnet werden können, weil sie sowohl abzugsberechtigende als auch nicht abzugsberechtigende Umsätze betreffen. Diese Vorsteuerbeträge müssen gem. § 15 Abs. 4 UStG nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel aufgeteilt werden.

2. Aufteilung der Vorsteuerbeträge bei Kreditinstituten

Das BMF vertritt im Entwurf eines BMF-Schreibens die Auffassung, dass bei Kreditinstituten eine Vorsteueraufteilung nach den Segmenten des Kreditinstitutes zu einer sachgerechten und präzisieren Vorsteueraufteilung führt. Beispiele für mögliche Segmente können sein: 

  • Organgesellschaft
  • ausländische Betriebsstätte
  • Filialen
  • Geschäftsbereiche (z.B. Investmentbanking, Privatkundengeschäft, Firmenkundengeschäft)
  • Abteilungen (z.B. Versicherungsvermittlung, Immobilienverwaltung)
  • Produktgruppen (z.B. Kreditgeschäft, Depotgeschäft, Immobilienhandel, Windkraftanlagen, Zertifikatehandel)

Hierzu ist erforderlich, eine Analyse des Kreditinstituts nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall durchzuführen und sich an den wirtschaftlichen und organisatorischen Strukturen des Unternehmens auf Basis des konkreten Geschäftsmodells zu orientieren. Weisen ähnliche Ausgangsumsätze (z.B. Kreditgeschäft im Retail- und Großkundenbereich) deutlich unterschiedliche Verhältnisse – insbesondere der vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen – auf, sind gesonderte Segmente zu bilden.

Für jedes Segment ist anschließend ein Vorsteuerschlüssel (sog. Segmentschlüssel) zu bestimmen. Für Leistungsbereiche des Bankgeschäfts, bei denen der Umsatz weitgehend von nicht vorsteuerbelasteten Eingangsleistungen bestimmt wird, kann z.B. die Marge eine aussagekräftigere Bezugsgröße für die Vorsteueraufteilung darstellen.

Für die keinem Segment zuordenbaren Eingangsleistungen (z.B. für alle Segmente betreffende Gemeinkosten) hat die Ermittlung des Vorsteuerabzugs auf Gesamtunternehmensebene nach einem sachgerechten „Restschlüssel“ unter Einbeziehung aller Aktivitäten des Kreditinstituts (sog. Residualschlüssel) zu erfolgen.

3. Aufzeichnungspflichten und Dokumentation

Nach § 22 UStG und § 63 UStDV trägt der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, die Darlegungs- und Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen. Mängel in den Aufzeichnungen gehen zulasten der Unternehmer.

Hierzu verlangt das BMF im Entwurf eines BMF-Schreibens von Kreditinstituten eine Dokumentation der gewählten Vorsteueraufteilungssystematik zum Nachweis von deren Sachgerechtigkeit. Diese Dokumentation soll das Ergebnis der Analyse, ob eine Vorsteueraufteilung sachgerecht ist, sowie die Erwägungen zu deren Auswahl und Ermittlung umfassen.

Betroffene Normen

​§ 15 Abs. 4 UStG, Art. 173, 174, 175 MwStSystRL,15.2d, 15.17 Abs.3 UStAE, UStDV

Anmerkung

Der Entwurf des aktualisierten Schreibens ist zu begrüßen und beruht auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung zu dieser Thematik. Nicht unerwähnt bleiben soll jedoch an dieser Stelle, dass die Segmentierung von Unternehmen regelmäßig mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. In anderen europäischen Mitgliedstaaten (z.B. Niederlande) akzeptieren die Finanzverwaltungen daher jedenfalls für kleinere Finanzdienstleister vereinfachte Ansätze zur Reduzierung des Compliance-Aufwands vor. Heutige Tool-Lösungen ermöglichen jedoch, den Anforderungen der Finanzverwaltung (insbesondere zur Dokumentation) gerecht zu werden.

Positiv hervorzuheben ist, dass im Entwurf auch dem Umstand Rechnung getragen wird, dass in der Kreditwirtschaft regelmäßig internationale Unternehmensstrukturen anzutreffen sind. Diesbezüglich konnte insbesondere mit dem EuGH-Urteil vom 24. Januar 2019, C-165/17, „Morgan Stanley & Co. International“, mehr Rechtssicherheit geschaffen werden. Der Entwurf des aktualisierten BMF-Schreibens zum Vorsteuerabzug für Kreditinstitute trägt den Grundsätzen dieser Rechtsprechung weitestgehend Rechnung. Die sich aus den EuGH-Urteilen zu grenzüberschreitenden umsatzsteuerlichen Organschaften ergebenden Rechtsfolgen (EuGH-Urteil vom 17.09.2014, Rs. C-7/13 „Skandia America“ sowie EuGH-Urteil vom 11.03.2021, Rs. C-812/19 „Danske Bank A/S“) müssen in den vorliegenden Entwurf noch eingearbeitet werden. Diesbezüglich wird alsbald die Veröffentlichung eines gesonderten BMF-Schreibens erwartet. Es bleibt spannend.

Fundstelle

​BMF, Entwurf, III C ​2 - S 7306/19/10003 :004

Weitere Fundstellen

​EuGH, Urteil vom 24.01.2019, C-165/17

Ihr Ansprechpartner

Benno L’habitant
Director

blhabitant@deloitte.de
Tel.: +49 69 756957852

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