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04.12.2013
Indirekte Steuern/Zoll

Bundesrat gegen den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission für eine Standard-Mehrwertsteuererklärung

Mit dem Vorschlag einer EU-weiten Standard-Mehrwertsteuererklärung wollte die EU-Kommission die Verwaltungskosten von Unternehmen um bis zu 15 Mrd. Euro jährlich senken. Der Bundesrat hat sich gegen den Vorschlag gewandt und Subsidiaritätsrüge erhoben.

Hintergrund

Am 23.10.2013 hat die Europäische Kommission eine neue EU-weite Standard-Mehrwertsteuererklärung vorgeschlagen. Dadurch sollen Unternehmen in der EU jährlich bis zu 15 Mrd. Euro Verwaltungskosten einsparen. Ziel des Vorschlags ist es, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen zu verringern, die Einhaltung der Vorschriften zu verbessern und die Steuerbehörden EU-weit effizienter zu machen. Die Standard-Mehrwertsteuererklärung soll die nationalen Steuererklärungen ersetzen, unter Einhaltung der nationalen Fristen und grundlegenden Angaben. Nach dem Vorschlag der Kommission soll die Standard-Mehrwertsteuererklärung von Unternehmen monatlich eingereicht werden, für Kleinstunternehmen ist ein vierteljährlicher Abstand vorgesehen. Die Verpflichtung zur Abgabe einer zusammenfassenden jährlichen Erklärung würde künftig wegfallen. Ferner solle die Standard-Mehrwertsteuererklärung künftig EU-weit elektronisch eingereicht werden können. Der Vorschlag sieht eine Höchstzahl von 26 von den Unternehmen auszufüllenden Feldern vor, wobei die Mitgliedstaaten lediglich fünf Pflichtfelder vorschreiben müssen. Die Mitgliedstaaten können inhaltlich nur aus dem Katalog der von der EU-Kommission vorgeschlagenen 26 Standardangaben auswählen. Lediglich zur Kontrolle und Verwaltung der Mehrwertsteuer für besondere Gebiete, Territorien oder MwSt-Sonderregelungen können zusätzliche Angaben eingefordert werden. Bisher schreiben einige Mitgliedstaaten in ihren nationalen MwSt-Erklärungen das Ausfüllen von bis zu 100 Feldern vor.
 

Beschluss des Bundesrates

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29.11.2013 Subsidiaritätsrüge gegen einen Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung der sogenannten Standard-Mehrwertsteuererklärung erhoben. Damit folgt er der Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates vom 18.11.2013.

Fehlende Ermächtigungsgrundlage
Die EU habe keine Ermächtigungsgrundlage für eine EU-weite Standard-Mehrwertsteuererklärung. Artikel 113 AEUV erstrecke sich auf Regelungen zum materiellen Umsatzsteuerrecht, nicht aber auf Bestimmungen mit verfahrensrechtlichem Gehalt. Letztere seien Angelegenheiten der Mitgliedstaaten. Auf die Erforderlichkeit für das Funktionieren des Binnenmarkts oder die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen komme es mangels Kompetenz der EU nicht mehr an. Der Hinweis, der Rat habe in Bezug auf die Mehrwertsteuer auch schon früher Rechtsvorschriften betreffend die Erklärungspflichten erlassen greife nicht, da frühere Regelungen die Steuerverwaltungen weniger stark gebunden hätte. Zudem sei die Annahme einer Kompetenz aufgrund vorangegangenem, unbeanstandeten Richtlinien-oder Verordnungserlassen der Kommission den europäischen Verträgen fremd und stehe in Widerspruch zu Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 EUV.

Keine „Standard-Mehrwertsteuererklärung“ durch den Richtlinienvorschlag
Der Richtlinienvorschlag eigne sich nicht, die Mehrwertsteuerlücke zu schließen. Bei insgesamt 21 optionalen Angaben handle es sich zudem schon nicht um eine „Standard-Mehrwertsteuererklärung“. Eine Standard-Mehrwertsteuererklärung ohne Optionen könne die 28 nationalen Mehrwertsteuergesetze nicht erfassen; dies sei selbst bei der vorgeschlagenen Standard-Mehrwertsteuererklärung mit ihren Optionen nicht möglich.

Keine bessere Missbrauchsbekämpfung durch die Standard-Mehrwertsteuererklärung
Auch sei die Standard-Mehrwertsteuererklärung nicht besser geeignet um Wettbewerbsverzerrungen (ausgelöst durch Umgehung und Hinterziehung der Mehrwertsteuer) zu vermindern. Die deutschen Vordrucke und Prüfungsroutinen wären der vorgeschlagenen Standard-Mehrwertsteuererklärung überlegen; Mitgliedsstaaten wie Deutschland wären daher zur Betrugsbekämpfung nicht auf die Standard-Mehrwertsteuererklärung angewiesen. Eine Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten erscheine insbesondere vor dem Hintergrund der knappen Frist (bis zum 01.01.2017) als unwahrscheinlich. Zudem verstoße die vorgesehene Festlegung von gemeinsamen "Verfahren für die Korrektur unrichtiger Angaben in der Standard-Mehrwertsteuererklärung" gegen Art. 291 AEUV, da dies eine verfahrensrechtliche Frage sei.

Unverhältnismäßigkeit der vorgeschlagenen Richtlinie
Da die vorgeschlagene Richtlinie nicht zur geplanten Standardisierung führe, sei sie bereits ungeeignet. Dafür würden jedoch nationale Befugnisse abgegeben werden. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Verwaltung würden unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Schließlich würden die bisherigen Instrumente zur Missbrauchsbekämpfung unbrauchbar ohne, dass neue verfügbar würden.

Schlussfolgerung des Bundesrates
Der Bundesrat begrüße zwar Vorschläge zur Förderung des Binnenmarktes, zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsvereinfachung, bitte die Bundesregierung wegen der vorgenannten Einwände jedoch dem Vorschlag nicht zuzustimmen. Zudem sei für die Implementierung neuer Prüfungsroutinen, die auf dem Richtlinienvorschlag basieren, ein erheblicher Arbeitsmehraufwand nötig, der zu nicht zu vernachlässigenden Steuermindereinnahmen führen könne, da nicht erkennbar sei, wie dieser Arbeitsmehraufwand durch die Steuerverwaltungen der Länder aufgefangen werden könnte. Gleichwohl könne der Richtlinienvorschlag den Mitgliedsstaaten Denkanstöße geben.
 

Fundstellen
Subsidiaritätsrüge des Bundesrates vom 29.11.2013, BRat-Drs. 735-13(B)
Stellungnahme des Bundesrates vom 29.11.2013, BRat-Drs. 735-13(B)(2)
PM vom 29.11.2013

Weitere Fundstellen
Empfehlung der Ausschüsse vom 18.11.2013
Richtlinienvorschlag für eine Standard-Mehrwertsteuererklärung vom 23.10.2013

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