Einwegkunststoffabgabe nach dem EWKFondsG
Ab 1. Januar 2024 unterliegen bestimmte Einwegkunststoffprodukte der Sonderabgabe für Hersteller nach dem EWKFondsG. Mit dem EWKFondsG werden zudem neue Pflichten für Online-Marktplatzbetreiber und Fulfillment-Dienstleister eingeführt.
Hintergrund
Auf Grundlage des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft (COM(2015) 614 final) und der Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft (COM(2018) 28 final) sieht die Richtlinie (EU) 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (Einwegkunststoffrichtlinie, ABl. L 155, 1 vom 12. Juni 2019) ein Maßnahmenbündel zur Reduzierung des Verbrauchs bestimmter Einwegkunststoffprodukte vor. Nach der Einwegkunststoffrichtlinie haben die Mitgliedstaaten für bestimmte Einwegkunststoffprodukte das Regime der erweiterten Herstellerverantwortung einzuführen. Danach sollen die Hersteller der Produkte die finanzielle oder organisatorische Verantwortung für die Bewirtschaftung in der Abfallphase übernehmen (vgl. Art. 3 Nr. 21 Richtlinie 2008/98/EG).
Sinn und Zweck des EWKFondsG
Das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG, BGBl 2023, I, Nr. 124) dient der Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben zur erweiterten Herstellerverantwortung. Die wesentlichen Regelungsbereiche des EWKFondsG betreffen die Einrichtung des Einwegkunststofffonds sowie dessen Finanzierung durch die Einführung der Einwegkunststoffabgabe. Hierzu werden den betroffenen Herstellern je nach Einwegplastikprodukt die Sammlungs-, Reinigungs-, Sensibilisierungs-, Datenerhebungs- und -übermittlungskosten sowie die Verwaltungskosten angelastet. Die Einnahmen werden zur Finanzierung des Einwegkunststofffonds, der vom Umweltbundesamt verwaltet wird, verwendet. Aus dem Fonds erhalten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und sonstige anspruchsberechtigte juristische Personen des öffentlichen Rechts Kostenersatz.
Zeitpunkt des Inkrafttretens: 1. Januar 2024
Die Einwegkunststoffabgabe wird zum 1. Januar 2024 eingeführt und ist von den Herstellern bestimmter Einwegkunststoffprodukte erstmals im Jahr 2025 für das Jahr 2024 zu entrichten. Ab dem 1. Januar 2024 müssen sich die abgabepflichtigen Hersteller im Register des Umweltbundesamtes erfassen lassen. Ab diesem Zeitpunkt müssen sie ihre meldepflichtigen Daten ermitteln. Bis zum 15. Mai 2025 sind die Meldewerte erstmals zu deklarieren.
Betroffener Personenkreis
Abgabeverpflichtet sind in- und ausländische Hersteller der in der Anlage 1 zum EWKFondsG genannten Einwegkunststoffprodukte. Der Herstellerbegriff umfasst natürliche oder juristische Personen und rechtsfähige Personengesellschaften, die als Produzenten, Befüller, Verkäufer oder Importeure gewerbsmäßig die Einwegkunststoffprodukte erstmals auf dem deutschen Markt bereitstellen. Hersteller ist auch, wer nicht in Deutschland niedergelassen ist, aber gewerbsmäßig Einwegkunststoffprodukte mittels Fernabsatzverträgen in Deutschland verkauft.
Betroffen sind auch Betreiber elektronischer Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister. Sie müssen sicherstellen, dass die Unternehmer, die auf ihren Plattformen die betroffenen Produkte anbieten oder von ihnen Leistung beziehen, im Herstellerregister erfasst sind. Betreiber elektronischer Marktplätze dürfen das Anbieten der in Anlage 1 zum EWKFondsG genannten Einwegkunststoffprodukte ab dem 1. Januar 2025 nicht ermöglichen, wenn die Hersteller nicht oder nicht ordnungsgemäß im Herstellerregister erfasst sind. Ebenso dürfen Fulfillment-Dienstleister ab diesem Zeitpunkt keine Dienstleistungen in Bezug auf die Produkte nach Anlage 1 zum EWKFondsG erbringen, wenn die Hersteller nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind. Bei Zuwiderhandlungen droht eine Geldbuße bis zu 100.000 €.
Sachlicher Anwendungsbereich des EWKFondsG – Einwegkunststoffprodukte
Der sachliche Anwendungsbereich des EWKFondsG erstreckt sich auf die in der Anlage 1 zum EWKFondsG genannten Einwegkunststoffprodukte. Das sind solche Produkte, die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen und nicht dazu bestimmt sind, während ihrer Lebensdauer mehrere Produktkreisläufe zu durchlaufen (vgl. Art. 3 Nr. 2 der Richtlinie (EU) 2019/904). Erfasst sind u.a. Lebensmittelbehälter, Tüten und Folienverpackungen, Getränkebehälter mit einem Füllvolumen von bis zu 3 Litern, Getränkebecher, leichte Kunststofftragetaschen, Feuchttücher, Luftballons für nicht-industrielle oder nicht-gewerbliche Verwendungszwecke, Tabakprodukte mit Filtern sowie kunststoffhaltige Filter für Tabakprodukte. Ab 1. Januar 2026 erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich des EWKFondsG auch auf Feuerwerkskörper.
Herstellerpflichten – Registrierung und bestätigte Meldung
Hersteller, die beabsichtigen, auf dem deutschen Markt Einwegplastikprodukte in den Verkehr zu bringen, oder bereits Einwegplastikprodukte im Inland verkaufen, müssen sich beim Umweltbundesamt registrieren lassen. Das Umweltbundesamt plant, den Einwegkunststofffonds sowie das Register für Hersteller und Anspruchsberechtigte digital über die sich derzeit noch im Aufbau befindende Plattform DIVID zu verwalten. Ab 2024 soll die digitale Einwegkunststofffonds-Plattform für Hersteller und Anspruchsberechtigte für Registrierungen und Meldungen bereitstehen. Für Hersteller, die bereits bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister erfasst sind, ist eine vereinfachte Registrierung vorgesehen. Sie können dem automatisierten Datenaustausch zwischen der Zentralen Stelle und dem Umweltbundesamt zustimmen.
Die betroffenen Hersteller müssen eine jährliche Meldung für das vorangegangene Kalenderjahr bis zum 15. Mai eines Jahres an das Umweltbundesamt abgeben. Gegenstand der Meldung sind die vom jeweiligen Hersteller im vorangegangenen Kalenderjahr erstmals auf dem deutschen Markt bereitgestellten oder verkauften, vom EWKFondsG erfassten Einwegkunststoffprodukte, aufgeschlüsselt nach Art und Masse. Die Meldung muss von einem registrierten Sachverständigen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer geprüft und bestätigt werden. Hersteller, die im Ausland niedergelassen sind, müssen bis zum 31. Dezember 2024 einen inländischen Bevollmächtigten benennen.
Im Hinblick auf die Prüf- und Bestätigungspflicht durch Dritte ist eine Bagatellgrenze vorgesehen. Für Unternehmer, die im vorangegangenen Kalenderjahr insgesamt weniger als 100 kg Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1 zum EWKFondsG oder ausschließlich Getränkepfandflaschen erstmals auf dem inländischen Markt bereitgestellt oder verkauft haben, entfällt grundsätzlich die Pflicht zur Prüfung und Bestätigung der Meldung durch einen unabhängigen Dritten. Allerdings kann das Umweltbundesamt auch bei Unterschreiten dieses Schwellenwertes die Prüfung und Bestätigung durch einen sachverständigen Dritten verlangen.
Die Abgabe wird jährlich durch einen Abgabebescheid des Umweltbundesamtes festgesetzt. Sie wird grundsätzlich einen Monat nach Zugang des Abgabebescheids fällig. Die jährliche Abgabe berechnet sich nach der Masse der jeweiligen Einwegkunststoffprodukte multipliziert mit dem maßgeblichen Abgabesatz. Die Abgabensätze werden durch die Einwegkunststofffondsverordnung bekannt gegeben. Gemäß der noch nicht in Kraft getretenen Einwegkunststofffondsverordnung (Referentententwurf) wird der Abgabensatz beispielsweise für Lebensmittelbehälter 0,177 €/kg betragen.
Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das EWKFondsG
Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die Pflichten nach dem EWKFondsG sind bußgeldbewehrt (bis zu 100.000 €). Nicht registrierte Hersteller dürfen ab 1. Januar 2024 Einwegkunststoffprodukte i.S.d. Anlage 1 zum EWKFondsG nicht auf dem deutschen Markt bereitstellen, verkaufen oder gewerbsmäßig zum Verkauf anbieten. Betreiber elektronischer Marktplätze dürfen ab 1. Januar 2025 das Anbieten der betroffenen Einwegkunststoffprodukte nicht ermöglichen, wenn der Hersteller nicht im Herstellerregister erfasst ist. Ebenso dürfen Fulfillment-Dienstleister ab 1. Januar 2025 keine Lager-, Verpackungs-, Adressierungs- oder Versandleistungen im Hinblick auf die betroffenen Produkte erbringen, wenn die Hersteller nicht registriert sind.
Erstattungen aus dem Einwegkunststofffonds
In den Einwegkunststofffonds zahlen Hersteller, die die Produkte nach Anlage 1 zum EWKFondsG erstmals auf dem Markt bereitstellen oder verkaufen, abhängig von Produktart und Masse, ein. Aus dem Fonds erhalten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und sonstige anspruchsberechtigte juristische Personen des öffentlichen Rechts Kostenersatz. Die Geltendmachung des Anspruchs setzt eine vorherige Registrierung beim Umweltbundesamt voraus. Ab 1. Januar 2024 haben die Anspruchsberechtigten ihre kostenverursachenden Leistungen bis zum 15. Mai des jeweiligen Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr zu melden. Erfolgt keine fristgerechte Meldung, ist eine Erstattung für das vorangegangen Kalenderjahr ausgeschlossen.
Anmerkung
Auf betroffene Hersteller, Online-Marktplatzbetreiber und Fulfillment-Dienstleister kommen mit dem EWKFondsG umfassende Verpflichtungen zu. Abgabepflichtige Hersteller müssen sich ab 1. Januar 2024 elektronisch beim Umweltbundesamt erfassen lassen und jährlich jeweils zum 15. Mai die in Verkehr gebrachte Masse der Einwegkunststoffprodukte über das Onlineportal an das Umweltbundesamt melden. Kommen Hersteller ihrer Registrierungspflicht nach dem EWKFondsG nicht nach, dürfen sie die betroffenen Produkte nicht anbieten. Bei unterlassener Registrierung seitens der Hersteller dürfen Betreiber elektronischer Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister ihre Online-Marktplätze oder Dienstleistungen nicht zur Verfügung stellen. Andernfalls drohen erhebliche Bußgelder.
Marktteilnehmer sollten frühzeitig klären, ob sie mit ihrem Produktsortiment in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des EWKFondsG fallen. Unternehmensinterne Prozesse sollten rechtzeitig überprüft und an die neue Rechtslage angepasst werden. Die Datensysteme betroffener Akteure müssen für die Registrierung und Erfassung der Meldewerte zeitnah vorbereitet werden. Für EU-grenzüberschreitende Fälle sollte die Umsetzung der maßgeblichen unionsrechtlichen Bestimmungen in den übrigen Mitgliedstaaten beobachtet werden.
Fundstelle
EWKFondsG, BGBl. 2023 I Nr. 124 vom 15.05.2023
Einwegkunststofffondsverordnung, Referentenentwuf (Stand: März 2023)