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28.04.2016
Indirekte Steuern/Zoll

Energiesteuer/Stromsteuer: Umfassendste Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes der letzten Jahre geplant

Aktuelle Beiträge zum Thema

Bundesregierung beschließt Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes

BMF legt den Verbänden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes zur Stellungnahme vor.

Das Bundesministerium der Finanzen hat unter dem Datum des 26.04.2016 einen Diskussionsentwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes vorgelegt. Die Verbände wurden aufgefordert, zu diesem Referentenentwurf eine Stellungnahme bis zum 19. Mai 2016 abzugeben.

Der Entwurf enthält zum Teil wesentliche Änderungen des EnergieStG und des StromStG gegenüber der bisherigen Gesetzeslage. Schon jetzt kann von der umfassendsten Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes der letzten Jahre gesprochen werden. Eine Vielzahl von Energieerzeugnissen und deren steuerliche Behandlung sind betroffen.

Nach einer ersten Analyse sind folgende Themenbereiche des Entwurfs hervorzuheben:

I. Energiesteuergesetz

Die Änderungen des Energiesteuerrechts betreffen eine Vielzahl von Themenbereichen und Energieerzeugnissen sowie deren -verwendung.

Die folgenden Änderungen sind hervorzuheben:

  • Neudefinition des Begriffs des Verwenders bei begünstigten Anlagen und Stromerzeugungsanlagen nach § 53 und § 53a EnergieStG,
  • Subsidiarität der Steuerbefreiungen (§ 24 EnergieStG), Steuerentlastungen (§ 45 EnergieStG) oder ein ermäßigter Steuersatz nach § 2 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit den §§ 3 und 3a EnergieStG als staatliche Beihilfe gegenüber Betriebsbeihilfen für dieselben beihilfefähigen Kosten,
  • Erweiterung des Steuerlagers auf Flugfeldtankwagen und sog. Dispenser,
  • Erweiterung von Sicherheitsleistungen bei Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer,
  • Erweiterung der Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe auf Schweröle, in denen die aromatischen Bestandteile überwiegen (Unterposition 2707 9999),
  • Beschränkung der Steuerbefreiungen in § 28 EnergieStG,
  • Absenkung des Grenzwertes der elektrischen Nennleistung einer „großen“ Anlage von „mehr als zwei Megawatt“ auf „mindestens ein Megawatt“ (vgl. Artikel 2 Nummer 38 der EU-Effizienzrichtlinie),
  • Einführung einer Verfahrensvereinfachung für Erdgaslieferer bei selbstverbrauchten Mengen,
  • Einführung einer Steuerentlastung für die Verwendung von – technisch bedingt - nicht gekennzeichnetem Gasöl (Diesel) in Motorenprüfständen, wenn mechanische Energie ausschließlich der Stromerzeugung dient,
  • Keine Verlängerung der Steuerentlastung für Biokraftstoffe (Auslauf zum 31. Dezember 2015),
  • Ergänzung weiterer Verwendungen in § 51 Absatz 1 Nr. 1 a EnergieStG und Streichung der Herstellung von mineralischen Düngemitteln aus dieser Vorschrift,
  • Begrenzung der Steuerentlastung nach § 51 Absatz 1 EnergieStG auf den Einsatz der Energieerzeugnisse als Heizstoff,
  • Einschränkung der Steuerentlastung für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung
  • Weiterentwicklung der Steuerentlastung für KWK-Anlagen,
  • Begrenzung der Steuerentlastung für schweres Heizöl auf den Mindeststeuersatz von 21 Euro/1000 Liter,
  • Einführung eines Entlastungsvorbehaltes für hocheffiziente KWK-Anlagen bei Gewährung von staatlichen Investitionsbeihilfen,
  • Klarstellung der befristeten Gewährung der Steuerentlastung des § 54 EnergieStG wegen der zeitlich befristeten Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung,
  • Anpassung der Entlastungssätze für Erd- und Flüssiggase im ÖPNV aufgrund der gleichzeitigen Abschmelzung der begünstigten Steuersätze und Klarstellung der befristeten Gewährung der Steuerentlastung des § 56 EnergieStG wegen der zeitlich befristeten Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung,
  • Streichung der Steuerentlastung für Biokraftstoffe im Rahmen der Steuerentlastung für Betriebe der Landwirtschaft nach § 57 EnergieStG und Klarstellung der befristeten Gewährung der Steuerentlastung des § 57 EnergieStG wegen der zeitlich befristeten Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung,
  • Streichung der Steuerentlastung bei Zahlungsausfall nach § 60 EnergieStG und Beschränkung auf Billigkeitsanträge nach § 227 AO,
  • Ergänzung von Ermächtigungsgrundlagen, Einzelheiten im Verordnungswege zu regeln (hervorzuheben ist die sich abzeichnende Übermittlung von Steuererklärungen und Steueranmeldungen mittels Datenfernübertragung).

II. Stromsteuergesetz

Das Stromsteuergesetz wurde rechtstechnisch umfassend überarbeitet. Dabei berücksichtigt der Entwurf nicht nur aktuelle Themen wie beispielsweise das Thema Elektromobilität und Batteriespeicher, sondern regelte die stromsteuerliche Behandlung der Stromerzeugung komplett neu.

Die folgenden Änderungen sind hervorzuheben:

  • Einfügung von klarstellenden Definitionen (z.B. Elektromobilität, stationäre Batteriespeicher und Netz für die allgemeine Versorgung mit Strom),
  • Subsidiarität der Steuerbefreiungen (§ 8a bis § 8e StromStGE), Steuerermäßigungen (§ 9 StromStGE) und Steuerentlastungen (§§ 9a, 9b und 10 StromStG) als staatliche Beihilfe gegenüber Betriebsbeihilfe für dieselben beihilfefähigen Kosten,
  • Erweiterung von Sicherheitsleistungen bei Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer,
  • Einführung der Anzeigepflicht (Steueraufsicht) für Anlagen, bei denen Versorger und Eigenerzeuger keine Erlaubnispflicht haben,
  • Einführung eines Datenaustauschs zu Anlagenbetreibern und zu Anlagen zur Erzeugung von Strom zwischen Netzbetreiber und Bundesnetzagentur einerseits und Generalzolldirektion andererseits,
  • Einführung der Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Batteriespeicher als Teile des Versorgungsnetzes zu behandeln,
  •  Neuordnung der Stromsteuerbefreiungen, z.B.
  1. für Strom zur Stromerzeugung,
  2. für Strom aus Notstromanlagen,
  3. für Strom, der in Fahrzeugen – Wasser, Straße, Luft und begünstigten Schienenfahrzeugen im Schienenverkehr - erzeugt wird),
  4. für Strom aus Kleinanlagen (mit einer elektrischen Nennleistung von weniger als einem Megawatt),
  5. für Strom aus erneuerbaren Energieträgern (EE) bis zu 20 Megawattstunden pro Kalenderjahr und Anlagenbetreiber bei Entnahme in unmittelbar räumlicher Nähe zur Anlage und ohne Einspeisung in ein Netz für die allgemeine Versorgung,
  • Erweiterung der Steuererklärungspflicht (z.B. bei fehlender Erlaubnis als Versorger, Eigenerzeuger und fehlender Anzeige für EE-Anlagen nach § 4 Absatz 5 StromStGE),
  • Steuerschuld für EE-Anlagen bei Überschreitung der 20 MW-Grenze,
  • Einführung von speziellen Meldepflichten des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber und Netzbetreiber an Bundesnetzagentur für unter Nr. 5 genannte EE-Anlagen,
  • Beschränkung der Begünstigung der landseitigen Stromversorgung (gilt nicht Wasserfahrzeugen während ihres Aufenthaltes in einer Werft),
  • Gesetzliche Beschränkung der Steuerentlastung nach § 9a StromStG bei der Elektrolyse auf Strom, der unmittelbar an den Elektroden angelegt wird (Umsetzung Urteil des BFH vom 30.06.2015 – VII R 52/13, s. Deloitte Tax-News),
  • Ergänzung von Prozessen, für die eine Steuerentlastung nach § 9a StromStG gewährt werden kann und Streichung der Herstellung von mineralischen Düngemitteln aus dieser Vorschrift,
  • Gesetzliche Klarstellung, dass Kraftstrom nicht nach § 9a StromStG begünstigt ist (Umsetzung des Urteils des BFH vom 30.06.2015 – VII R 52/13),
  • Klarstellung, dass keine Steuerentlastung nach § 9b und § 10 StromStG für Strom gewährt wird, der für Zwecke der Elektromobilität verwendet wird,
  • Klarstellung der befristeten Gewährung der Steuerentlastung des § 9b StromStG und § 10 StromStG wegen der zeitlich befristeten Freistellungsanzeige bei der Europäischen Kommission nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung,
  • Einführung einer Ordnungswidrigkeit bei Verletzung von Meldepflichten nach § 8e Absatz 3 StromStGE,
  • Ergänzung von Ermächtigungsgrundlagen, Einzelheiten im Verordnungswege zu regeln, z.B. die Befugnis zur Regelung
  1. der Bestimmungen für die Elektromobilität,
  2. das Erlaubnis- und Anzeigeverfahren nach § 4 StromStGE,
  3. die Bestimmungen im Rahmen der Neuordnung der Stromsteuerbefreiungen nach § 8a bis 8e StromStGE,
  4. die Bestimmungen zur Erfüllung der Veröffentlichungs-, Informations- und Transparenzverpflichtungen für die Gewährung staatlicher Beihilfen (s. Deloitte Tax-News),
  5. die Bestimmungen hinsichtlich der sich abzeichnenden Übermittlung von Steuererklärungen und Steueranmeldungen mittels Datenfernübertragung.

III. Änderungen Sonstiger Verbrauchssteuergesetze

Ferner enthält der Entwurf Änderungen von weiteren Verbrauchsteuergesetzen, wie das Tabaksteuergesetz, das Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz; das Kaffeesteuergesetz; das Alkoholsteuergesetz, das Luftverkehrsteuergesetz, das Alkopopsteuergesetz, und die Alkopopsteuerverordnung. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Einführung von Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass der Bestimmungen der sich abzeichnenden Übermittlung von Steuererklärungen und Steueranmeldungen mittels Datenfernübertragung.

Fazit

Die Neuregelungen führen in weiten Teilen zu einer Neuordnung der bisherigen Gesetzeslage verbunden mit einer Erweiterung von gesetzlichen Pflichten. Jedenfalls ist der vorgelegte Entwurf die umfassendste Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuerrechts der letzten Jahre.

Das BMF geht davon aus, dass der einmalige Aufwand für die Wirtschaft ca. 4,8 Mio Euro und der dauerhafte Aufwand ca. 6 Mio Euro beträgt. Immerhin rechnet das BMF mit einem Erfüllungsaufwand für die Verwaltung mit einem einmaligen Aufwand für ca. 6 Mio Euro und mit einem dauerhaften Aufwand von ca. 6,6 Mio Euro. Damit läge der Aufwand der Verwaltung über dem der Wirtschaft.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen für jedes Unternehmen sind unterschiedlich. Bisher gewährte Steuerbegünstigungen entfallen ersatzlos, andere wiederum werden nur noch begrenzt gewährt. Gerade die beihilferechtlichen Aspekte führen zu einem erhöhten administrativen Aufwand für fast alle Unternehmen. Jedenfalls kann bereits jetzt als Fazit gezogen werden, dass die Administration der Energie- und der Stromsteuer im Ist-Vergleich in Zukunft komplexer werden wird.

Jedes Unternehmen sollte daher die Auswirkungen des vorgelegten Entwurfs auf die steuerlichen Verpflichtungen, die wirtschaftlichen Folgewirkungen und mögliche Vorbeugemaßnahmen genau prüfen.

Doch jetzt haben erstmal die Verbände das Wort. Viellicht wird die eine oder andere Regelung doch noch verändert. Bis zum 19.05.2016 besteht dazu die Möglichkeit der Stellungnahme. Es verbleibt nicht viel Zeit.

Wir informieren Sie über die weitere Entwicklung.

Ihr Ansprechpartner

Tino Wunderlich
Director

twunderlich@deloitte.de
Tel.: 030 25468-165

Ihr Ansprechpartner

Tino Wunderlich
Director

twunderlich@deloitte.de
Tel.: 030 25468-165

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