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06.02.2023
Indirekte Steuern/Zoll

EU-Kommission: ViDA – Single VAT Registration (SRR)

Die EU-Kommission hat im Rahmen der Initiative „VAT in the digital age (ViDA)“ einen Richtlinienentwurf veröffentlicht, der die Digitalisierung der Meldepflichten, neue Vorschriften im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung, der Besteuerung der Plattformwirtschaft sowie eine einheitliche EU-weite MwSt-Registrierung beinhaltet. Nachstehend werden die Änderungsvorschläge der EU-Kommission im Hinblick auf die einheitliche EU-weite MwSt-Registrierung vorgestellt.

Hintergrund

Derzeit müssen sich grenzüberschreitend tätig werdende Unternehmen oftmals in verschiedenen Mitgliedstaaten umsatzsteuerlich registrieren lassen, um ihren dortigen Melde- und Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Dazu ist fast immer die Beauftragung vor Ort ansässiger Steuerberater erforderlich. Für die Unternehmen stellt das einen erheblichen Verwaltungs- und teilweise auch Kostenaufwand dar, zudem behindert es den einheitlichen europäischen Binnenmarkt. Zur Vermeidung dieser steuerlichen Registrierungs- und Meldepflichten im EU-Ausland schlägt die EU-Kommission im Rahmen der Initiative „VAT in the digital age (ViDA)“ die Einführung der sogenannten „Single VAT Registration (SRR)“ mit Wirkung zum 1.1.2024 bzw. 1.1.2025 vor. Entsprechend dieser EU-weiten einheitliche MwSt-Registrierung sollen grenzüberschreitend tätige Unternehmer künftig alle erforderlichen Meldungen in ihrem Ansässigkeitsstaat vornehmen können. Hierzu wird unter anderem auf ein bereits bekanntes und im Rahmen von bestimmten Fernverkäufen sowie sonstigen Leistungen vornehmlich im Endkundengeschäft bewährtes System, den One-Stop-Shop sowie den Import One-Stop-Shop, zurückgegriffen. Dieser soll auf bestimmte weitere Lieferungen sowie sonstige Leistungen ausgeweitet werden. Zudem soll das IOSS verpflichtend genutzt werden. Daneben werden die Regelungen zur Umkehrung der Steuerschuld sowie das Modell der fiktiven Leistungskette auf sämtliche Lieferungen innerhalb der EU über Online-Marktplätze ausgeweitet (einschließlich der Verbringung von eigenen Waren). In der Konsequenz wird die erst zum 1.1.2020 eingeführte Vereinfachungsregelung für Konsignationslager entfallen.  

Im Einzelnen

Ausweitung des Reverse Charge Verfahrens und Änderung der Erklärungspflicht in der ZM

Bei allen innergemeinschaftlichen B2B-Umsätzen, unabhängig davon, ob es sich um Warenlieferungen oder Dienstleistungen handelt, soll die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergehen, sofern der Leistende nicht in dem Mitgliedstaat ansässig ist, in dem die Steuer geschuldet wird und der Empfänger der Leistung in diesem Mitgliedstaat für mehrwertsteuerlich registriert ist. Die bisher freiwillige Anwendung des durch die Mitgliedstaaten ausgestalteten Art. 194 MwStSystRL soll ab dem 1.1.2025 obligatorisch werden. Ausgenommen vom obligatorischen Reverse Charge Verfahren sind allerdings die Leistungen, die der Margenbesteuerung unterliegen.

Zu beachten ist, dass Leistungen, für die die Steuerschuldnerschaft im Rahmen des Reverse Charge Verfahrens künftig auch übergehen soll, ab dem 1.1.2025 durch den Leistenden im Rahmen der Zusammenfassenden Meldung zusätzlich zu melden sind. Vor der Abschaffung der Zusammenfassenden Meldung zum 1.1.2028 muss diese daher erst um die zusätzliche Meldepflicht erweitert werden.

Ausweitung OSS-Verfahren

Grundsätzlich sollen alle B2C-Transaktionen, für welche eine Registrierungspflicht in einem anderen EU-Mitgliedstaat Anwendung finden könnte, über das OSS Verfahren gemeldet werden können, sofern der Leistende im jeweiligen Mitgliedstaat nicht für umsatzsteuerliche Zwecke registriert ist. Das schließt die Lieferungen von Haushaltswaren, Installations- oder Montagelieferungen, Lieferungen von Gegenständen an Bord von Schiffen, Flugzeugen oder Zügen sowie Lieferungen von Gas, Strom, Wärme und Kälte ein. Des Weiteren soll klargestellt werden, dass das OSS-System auch weiterhin keinen Vorsteuerabzug vorsieht, sondern insoweit das jeweils anwendbare Vorsteuervergütungsverfahren zur Anwendung kommt.

Innergemeinschaftliches Verbringen

Mit Wirkung zum 1.1.2025 soll das innergemeinschaftliche Verbringen grundsätzlich im OSS-Verfahren gemeldet werden können (das Verbringen bleibt meldepflichtig, nunmehr aber im OSS und nicht im EU-Ausland), wodurch die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung hinfällig wird. Unternehmer können dann das Verbringen der eigenen Ware von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen EU-Mitgliedstaat melden, ohne einer Registrierungspflicht im Bestimmungsmitgliedstaat zu unterliegen. Die Meldung des innergemeinschaftlichen Verbringens im OSS-Verfahren kann, muss aber nicht, angewendet werden. Sofern die Regelung in Anspruch genommen wird, ist der innergemeinschaftliche Erwerb der Waren in dem Mitgliedstaat, in dem die Ware versandt oder befördert wird, von der Steuer befreit. Neben Aufzeichnungspflichten gilt eine Aufbewahrungspflicht von 5 Jahren. Ausgeschlossen ist die Anwendung der Regelung jedoch für das innergemeinschaftliche Verbringen von Investitionsgütern und für Güter, für die kein Recht auf vollen Vorsteuerabzug besteht. Diese können nicht im OSS gemeldet werden.

Abschaffung der Konsignationslagerregelung zum 01.01.2025

Die erst zum 1.1.2020 im Rahmen der Umsetzung der Quick Fixes eingeführte Vereinfachungsregelung für Konsignationslager in Art. 17a MwStSystRL (siehe § 6b UStG), soll zum 31.12.2025 auslaufen. Alle bis einschließlich zum 31.12.2024 durchgeführten Einlagerungen im Konsignationslager fallen daher für bis max. 12 Monate unter die Regelung. Hintergrund ist, dass das innergemeinschaftliche Verbringen im OSS gemeldet werden kann, so dass eine Registrierung in einem anderem EU-Mitgliedstaat allein aufgrund dessen nicht mehr erforderlich ist.

Ausweitung der Lieferkettenfiktion des Schnittstellenbetreibers auf Warenlieferungen

Der Anwendungsbereich von Art. 14a MwStSystRL (vgl. § 3 Abs. 3a UStG), der die fiktive Einbeziehung von elektronischen Schnittstellenbetreibern in Lieferketten für bestimmte Fernverkäufe regelt, soll erweitert werden. Bislang findet eine Einbeziehung für Lieferungen mit Drittlandsbezug statt. Entweder muss der Liefergegenstand eines Fernverkaufs mit einem Sachwert von bis zu 150 EUR mit Versand aus dem Drittland in einen EU-Mitgliedstaat gelangen, oder der Lieferant muss für einen Fernverkauf innerhalb der EU im Drittland ansässig sein. Die erste Lieferung an den Schnittstellenbetreiber ist dabei steuerfrei, während dessen fiktive Lieferung an den Kunden den allgemeinen Besteuerungsregelungen unterliegt (vgl. Art. 36a, 36b, 136a MwStSystRL).

Ab dem 1.1.2025 soll es für alle Lieferungen innerhalb der EU zu einer fiktiven Lieferkette kommen, unabhängig davon, wer Empfänger (B2C/B2B) der Lieferung ist oder wo der Lieferant ansässig ist. Die Steuerschuld wird danach immer dann auf die Schnittstelle übergehen, wenn der Warentransport entweder grenzüberschreitend oder innerhalb eines Landes innerhalb der EU stattfindet und der Verkauf durch die Schnittstelle unterstützt wird.

Zudem findet die Regelung auch auf bestimmte innergemeinschaftliche Verbringenssachverhalte Anwendung (Ausnahmen s.o.), die durch eine elektronische Schnittstelle unterstützt werden. Ausgenommen von der Lieferkettenfiktion sollen nur die Fälle sein, in denen die Schnittstelle lediglich Leistungen unterstützt, die in dem Mitgliedstaat steuerbar sind, in dem sie selbst ansässig ist (inländische Lieferungen). In allen anderen Fällen der Lieferkettenfiktion bei der Lieferung über eine elektronische Schnittstelle, ist es erforderlich, Aufzeichnungen über die Lieferanten zu führen, deren Verkäufe die Schnittstelle vermittelt hat. Dazu gehören ua. Name, Postanschrift und elektronische Adresse oder Website des Lieferanten, seine USt-ID Nr. oder Steuernummer sowie sein Bankkonto. 

Anmerkung

Die Ausweitung des Übergangs der Steuerschuld und des OSS-Verfahrens führen dazu, dass Registrierungen in vielen Fällen nicht mehr erforderlich sind. Für Unternehmen wird sich der damit einhergehende Verwaltungs- und Kostenaufwand mindern. Auch wird die Meldung des innergemeinschaftlichen Verbringens von eigenen Waren durch die Nutzung des OSS vereinfacht. Dennoch entfällt die Registrierungsverpflichtung nicht in allen Fällen, wie bspw. im Rahmen von steuerfreien Ausfuhrlieferungen außerhalb des Ansässigkeitsstaats oder im Rahmen von steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen, die nicht mittels Einbindung einer elektronischen Schnittstelle erfolgen (außerhalb des Ansässigkeitsstaats). Dafür bestehen jedoch umfassende Melde- und Berichtspflichten, denen nicht nur der Leistende, sondern in einigen Fällen auch der Leistungsempfänger entsprechen muss (vgl. Art. 194, 267 MwStSystRL-E).

Insgesamt handelt es sich bei den Vorschlägen der EU-Kommission um sehr weitreichende Änderungen, die im Rahmen eines ambitionierten Zeitplans umgesetzt werden sollen. Die Mitgliedstaaten müssen den Änderungsvorschlägen der EU-Kommission allerdings noch zustimmen.

Fundstellen

Europäische Kommission, Questions and Answers: VAT in the Digital Age, 08.12.2022

Europäische Kommission, Fragen und Antworten: Bericht über die Mehrwertsteuerlücke 2022, 08.12.2022

Europäische Kommission, VAT in the Digital Age, 08.12.2022

European Commission, Proposal for a Council Directive amending Directive 2006/112/EC as regards VAT rules for the digital age, 08.12.2022

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468 258

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

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