Zurück zur Übersicht
20.01.2025
Indirekte Steuern/Zoll

Jahressteuergesetz 2024 und BEG IV: wesentliche Änderungen aus umsatzsteuerlicher Sicht

Mit der Verkündung des JStG 2024 und BEG IV wurden die Weichen für bedeutende Steuerrechtsänderungen gestellt. Was ändert sich wann und für wen? 

Hintergrund

Das JStG 2024 enthält zahlreiche steuerrechtliche Gesetzesänderungen. Mit dem JStG 2024 werden insbesondere unionsrechtliche Vorgaben umgesetzt und aktuelle Rechtssprechungsgrundsätze normativ verankert. Das JStG 2024 wurde am 18. Oktober 2024 im Bundestag verabschiedet (siehe Deloitte Tax-News). Der Bundesrat hat am 22. November 2024 dem JStG 2024 zugestimmt. Am 5. Dezember 2024 wurde das JStG 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. 2024 I Nr. 387 vom 05.12.2024). Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht sind die folgenden Gesetzesänderungen (geordnet nach Inkrafttreten) besonders hervorzuheben:

I. Ab dem 6.12.2024

Vorsteueraufteilung: Nachrangigkeit des Gesamtumsatzschlüssels
Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG kommt bei der Vorsteueraufteilung die Berechnung der nicht abzugsfähigen Vorsteuern nach dem Gesamtumsatzschlüssel nur in Betracht, wenn dieser der einzig mögliche Aufteilungsmaßstab ist. Damit wird die Nachrangigkeit des Gesamtumsatzschlüssels normativ verankert.

Exkurs AO: Einschränkung der elektronischen Kommunikation mit der Finanzverwaltung
Die elektronische Kommunikation mit der Finanzverwaltung wird für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe eingeschränkt (§ 87a Abs. 1 Satz 2 AO). Künftig werden Angehörige dieser Berufsgruppen in der Regel nur noch über das ELSTER-Verfahren bzw. die Schnittstelle ERiC mit der Finanzverwaltung elektronisch kommunizieren können. Es sei denn, die Verwendung einer besonderen elektronischen Signatur oder die Übermittlung über das besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) ist gesetzlich vorgesehen. Damit wird die elektronische Kommunikation mit der Finanzverwaltung über das besondere elektronische Anwalts- oder Steuerberaterpostfach (beA, beSt) grundsätzlich ausgeschlossen.

II. Ab dem 1.1.2025

Neufassung der Steuerbefreiung für Bildungsleistungen
Die Steuerbefreiungsvorschrift für Bildungsleistungen wird mit Wirkung zum 1. Januar 2025 neugefasst. Die Reichweite der reformierten Steuerbefreiungsvorschrift erstreckt sich auf den Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie auf die berufliche Umschulung (§ 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. a UStG). Abweichend vom Regierungsentwurf wird das Bescheinigungsverfahren für Einrichtungen des öffentlichen Rechts, private Schulen und allgemein- oder berufsbildenden Einrichtungen nicht gestrichen. Schul- und Hochschulunterricht, der von Privatlehrern erteilt wird, ist ab 1. Januar 2025 steuerfrei (§ 4 Nr. 21 Satz 1 Buchst. c UStG). Für die Steuerbefreiung von Schul- und Hochschulunterricht, der von Privatlehrern erteilt wird, entfällt das Bescheinigungsverfahren. Musikunterricht bleibt umsatzsteuerfrei, wenn der Unterricht der schulischen Bildung und Ausbildung dient.

Mit der Neufassung der Steuerbefreiung für Bildungsleistungen werden unionsrechtliche Vorgaben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j. MwStSystRL) und die EuGH-Rechtsprechung umgesetzt (u.a. EuGH, Urteil vom 14. März 2019, C-449/17, A & G Fahrschul-Akademie GmbH; Urteil vom 21. Oktober 2021, C-373/19, Dubrovin & Tröger GbR – Aquatics; Urteil vom 14.Juni 2007, C-445/05, Haderer; Urteil vom 28. Januar 2010, C-473/08, Eulitz). Die Steuerbefreiung für Bildungsleistungen gilt auch für Anbieter mit Gewinnerzielungsabsicht . Für Bildungsanbieter, deren Leistungen bislang steuerpflichtig waren, kann die neue Steuerbefreiungsvorschrift mit erheblichen Nachteilen einhergehen, da das Recht zum Vorsteuerabzug entfällt.

Leistungsort virtueller Veranstaltungen und Tätigkeiten: Empfängerort ab 1. Januar 2025
Werden B2C-Leistungen per Streaming übertragen oder virtuell verfügbar gemacht, ist der Besteuerungsort ab 1. Januar 2025 der Ort, an dem der Empfänger ansässig ist, seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 UStG). Wird einem unternehmerischen Leistungsempfänger mit einer Eintrittsberechtigung ermöglicht, an einer Veranstaltung virtuell teilzunehmen, ist der Leistungsort nach der allgemeinen Ortsvorschrift des § 3a Abs. 2 UStG der Empfängerort (§ 3a Abs. 2 UStG i.V.m. § 3a Abs. 3 Nr. 5 Satz 2 UStG). Virtuelle B2C-Leistungen (§ 3a Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 UStG) und virtuelle B2B-Leistungen (§ 3a Abs. 3 Nr. 5 Satz 2 UStG) sind ab 1. Januar 2025 am (Wohn-)Sitz des Empfängers zu lokalisieren. Mit der Neuregelung wird sichergestellt, dass auf virtuellem Weg erbrachte Dienstleistungen am Ort des Verbrauchs besteuert werden. Die Gesetzesänderung dient der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben (Art. 53 und Art. 54 MwStSystRL, geändert durch die Richtlinie (EU) 2022/542 vom 05.04.2022, ABl L 107, S. 1 vom 06.04.2022).

Anbieter virtueller Veranstaltungen müssen für die Bestimmung des Ansässigkeits-, Wohn- oder gewöhnlichen Aufenthaltsorts des jeweiligen Leistungsempfängers die notwendigen Daten von ihren Teilnehmern erheben, was sich insbesondere in B2C-Bereich als herausfordernd erweisen kann. In B2C-Fällen kann sich bei weitgehend automatisiert erbrachten Online-Seminaren zudem die Frage nach der Abgrenzung zur elektronisch erbrachten Dienstleistung i.S.d. § 3a Abs. 5 UStG stellen. Zwar ist in § 3a Abs. 5 UStG das Bestimmungslandprinzip für elektronische B2C-Dienstleistungen normiert, es gilt jedoch eine Bagatellgrenze, auf die der leistende Unternehmer verzichten kann (§ 3a Abs. 5 Satz 3 und 4 UStG).

Juristische Personen des Öffentlichen Rechts
Die für juristische Personen des öffentlichen Rechts maßgebliche Übergangsfrist für die Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG wird bis zum 31. Dezember 2026 verlängert (§ 27 Abs. 22a Satz 1 UStG). Die Neuregelung tritt zum 1. Januar 2025 in Kraft.

Reform der Kleinunternehmer-Regelung
Während im Regierungsentwurf des JStG 2024 noch kein an die Kleinunternehmereigenschaft anknüpfender Ausnahmetatbestand für die E-Rechnungsstellung vorgesehen war, wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Einigung über eine entsprechende Erleichterung erzielt (§ 34a Satz 4 UStDV). Kleinunternehmer müssen danach keine E-Rechnungen ausstellen. Sie müssen E-Rechnungen jedoch ab 1. Januar 2025 empfangen können.

Mit der Anhebung der Grenzwerte auf 25.000 EUR (bislang 22.000 EUR) und 100.000 EUR (bislang: 50.000 EUR) und der Einführung eines besonderen Meldeverfahrens werden die für Kleinunternehmer geltenden Vorschriften mit Wirkung zum 1. Januar 2025 grundlegend reformiert und an das Unionsrecht angepasst (§§ 19, 19a UStG). In Abweichung zum Regierungsentwurf ist eine neue Klarstellung zur weiterhin möglichen Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Leistungsbezügen eines Kleinunternehmers in der verabschiedeten Gesetzesfassung enthalten (§ 13b Abs. 5 Satz 9 UStG).

III. Ab dem 1.1.2028

Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen von Ist-Versteuerern
Das Inkrafttreten der Neuregelung zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen von Ist-Versteuerern wurde auf den 1. Januar 2028 verschoben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Berechnet der leistende Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG), kommt es für den Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Ist-Versteuerers auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Das UStG enthielt bisher keine ausdrückliche Regelung zum Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs. Mit der Neuregelung werden die vom EuGH in der Sache Kollaustraße 136 formulierten Grundsätze umgesetzt (EuGH, Urteil vom 10.02.2022, C-9/20, vgl. Deloitte Tax News). Danach dürfen Unternehmer, die Leistungen von Ist-Versteuerern beziehen, das Recht auf Vorsteuerabzug erst bei Bezahlung der Rechnung geltend machen.

Neue Rechnungspflichtangabe für Ist-Versteuerer
Flankierend wird eine neue Rechnungspflichtangabe für Rechnungsaussteller, die der Ist-Versteuerung unterliegen, mit Wirkung zum 1. Januar 2028 eingeführt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6a UStG). Für Rechnungen, die Ist-Versteuerer nach dem 31. Dezember 2027 ausstellen, ist die Angabe „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ verpflichtend. Mithilfe der neuen Pflichtangabe soll der Rechnungsempfänger den Zeitpunkt der Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug rechtssicher bestimmen können. Die neue Rechnungspflichtangabe gilt auch für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise (§ 33 Satz 1 Nr. 3a UStDV, § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a UStDV). 

Umsatzsteuerrechtlich relevante Gesetzesänderungen durch das BEG IV

Auch dem BEG IV (BGBl. 2024 I Nr. 323 vom 29.10.2024) sind wesentliche umsatzsteuerrechtliche Änderungen ab dem 1.1.2025 zu entnehmen (siehe Deloitte Tax-News).

Achtjährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen
Das BEG IV sieht die Verkürzung der bislang zehnjährigen auf eine achtjährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen vor (§ 147 Abs. 3 AO, § 14b Abs. 1 UStG). Dies gilt grundsätzlich für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31. Dezember 2024 noch nicht abgelaufen ist. Für Steuerpflichtigen gem. § 1 Abs. 1b KWG, § 1 Abs. 1 VAG und § 2 Abs. 1 WpIG gilt die auf acht Jahre verkürzte Aufbewahrungsfrist im Hinblick auf alle Unterlagen, deren Aufbewahrungsfrist am 1. Januar 2026 noch nicht abgelaufen ist (§ 27 Abs. 40 UStG).

Anhebung des Schwellenwertes für monatliche Voranmeldungen
Zudem wird der Schwellenwert, ab dem eine monatliche Voranmeldung abzugeben ist, von 7.500 EUR auf 9.000 EUR im Kalenderjahr erhöht (§ 18 Abs. 2 Satz 2, Abs. 2a Satz 1 UStG). Der neue Schwellenwert gilt ab 1. Januar 2025.

Anhebung der Bagatellgrenze für die Differenzbesteuerung
Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 wird zudem die für Wiederverkäufer maßgebliche Bagatellgrenze für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz aus allen Ver- und Einkäufen innerhalb eines Besteuerungszeitraumes von 500 EUR auf 750 EUR angehoben (§ 25a Abs. 4 UStG).

Betroffene Normen

§ 87a Abs. 1 Satz 2 AO, § 3a Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 UStG, § 4 Nr. 21 UStG, § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6a UStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG,

§§ 19, 19a UStG, § 27 Abs. 22a Satz 1 UStG, § 33 Satz 1 Nr. 3a UStDV, § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a UStDV, § 34a Satz 4 UStDV

§ 147 Abs. 3 AO, § 14b Abs. 1 UStG, § 27 Abs. 40 UStG, § 18 Abs 2, Abs. 2a UStG,

§ 25a Abs. 4 UStG 

Fundstellen

JStG 2024, BGBl. 2024 I Nr. 387 vom 05.12.2024

BEG IV, BGBl. 2024 I Nr. 323 vom 29.10.2024 

Ihr Ansprechpartner

Dr. Diana-Catharina Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

Ihr Ansprechpartner

Dr. Diana-Catharina Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.