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13.12.2018
Indirekte Steuern/Zoll

JStG 2018: Umsetzung der Gutscheinrichtlinie

Mit dem Gesetz wird eine europarechtliche Vorgabe zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen ab dem 01.01.2019 eingeführt. Die bisherige Unterscheidung zwischen konkretisierten Sach- oder Warengutscheinen und Wertgutscheinen wird aufgegeben. Bei der Definition des Gutscheins wird vielmehr auf den Einzweck- und Mehrzweck-Gutschein abgestellt. Keine umsatzsteuerlichen Gutscheine sind Preisnachlassgutscheine.

Hintergrund

Die vom Rat am 27.06.2016 erlassene und am 02.07.2016 in Kraft getretene Gutscheinrichtlinie ist von den Mitgliedstaaten bis zum 31.12.2018 und mit Wirkung vom 1.1.2019 in nationales Recht umzusetzen (siehe Deloitte Tax-News). Nach der vom Bundesrat am 23.11.2018 erteilten Zustimmung zum Umsatzsteuerbetrugsbekämpfungsgesetz (im Folgenden kurz JStG 2018 (ursprüngliche Bezeichnung) (siehe Deloitte Tax-News) stehen zwar noch die Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten sowie die Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt aus, mit beidem ist aber vor Jahresende zu rechnen. Somit dürfte Deutschland mit den neuen Regelungen im JStG 2018 auch die entsprechenden Regelungen über die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen fristgerecht in nationales Recht umsetzen.

Damit wird es erstmalig im deutschen Umsatzsteuergesetz eine Legaldefinition und Regelungen zur Besteuerung von Gutscheinen geben (siehe Deloitte Tax-News). Die bisherige Unterscheidung zwischen konkretisierten Sach- oder Warengutscheinen (Gutscheine, die sich auf eine hinreichend konkretisierte Ware oder Dienstleistung beziehen) und Wertgutscheinen (Gutscheine über einen bestimmten Nennbetrag, die gegen eine beliebige Ware oder Dienstleistung eingetauscht werden können) sowie die bislang übliche umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ist ab dem 01.01.2019 Rechtsgeschichte.

JStG 2018 – Umsetzung der Richtlinie

Definition Gutschein
Das Gesetz übernimmt inhaltlich die in Art. 30a MwStSystRL definierten Begriffe „Gutschein, Einzweck- und Mehrzweckgutschein“. Nach § 3 Abs. 13 UStG neue Fassung (im Folgenden UStG nF) ist ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweckgutschein) ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.


Im Einklang mit der Richtlinie wird in § 3 Abs. 14 UStG nF der Einzweck-Gutschein definiert und in negativer Abgrenzung dazu, der Mehrzweck-Gutschein. Ein Einzweck-Gutschein liegt nur vor, wenn der Liefer-/Leistungsort und der anzuwendende Steuersatz (einschließlich evtl. Steuerbefreiung) für die einzulösende Leistung zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins eindeutig ermittelbar sind.
Handelt es sich hingegen um einen Gutschein, bei dem sich im Zeitpunkt der Ausstellung nicht feststellen lässt, wo der umsatzsteuerliche der Liefer-/Leistungsort liegt oder in welcher Höhe Umsatzsteuer für die spätere Leistung anfallen wird, liegt ein Mehrzweck-Gutschein vor.

Rechtsfolgen
Die Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen ist für die künftige umsatzsteuerliche Behandlung wesentlich und zeigt sich bei den Rechtsfolgen der Verwendung des jeweiligen Gutscheins. So werden Einzweck-Gutscheine bereits im Zeitpunkt der Ausgabe bzw. Weitergabe des Gutscheins besteuert, so als ob die zugrundeliegende Leistung erbracht worden wäre. Die spätere Einlösung des Gutscheins sowie die Übergabe der Waren/Erbringung der Dienstleistung haben umsatzsteuerlich keine Konsequenzen.

Im Gegensatz dazu erfolgt die Besteuerung bei Mehrzweck-Gutscheinen erst bei der tatsächlichen Lieferung/Erbringung der Dienstleistung, wenn der leistende Unternehmer einen Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt. Die vorangegangene Übertragung des Mehrzweck-Gutscheins stellt keinen steuerbaren Vorgang dar. Im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage regelt § 10 Abs. 1 UStG nF, dass das Entgelt bei Mehrzweck-Gutscheinen im Fall fehlender Angaben über die Höhe der für den Gutschein enthaltenen Gegenleistung sich nach dem Gutscheinwert selbst oder nach dem in den damit zusammenhängenden Unterlagen angegebenen Geldwert, abzüglich Umsatzsteuer, bemisst.

Keine Preisnachlässe
Entsprechend den Erwägungsgründen der Gutschein-Richtlinie ist in § 3 Abs. 13 Satz 2 UStG nF ergänzend klargestellt, dass Instrumente, die den Inhaber zu einem Preisnachlass beim Erwerb von Gegenständen/Dienstleistungen berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände/Dienstleistungen zu erhalten (sog. „Rabattgutscheine“ oder „Preisnachlassgutscheine“), keine Gutscheine im Sinne der Definition darstellen. Für diese Instrumente gelten weiterhin die allgemeinen Bestimmungen des UStG sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung des EuGH/BFH.

Anmerkung

Die neuen Regelungen entsprechen den unionsrechtlichen Vorgaben der Gutschein-Richtlinie. Die Legaldefinition von Gutscheinen führt aus Unternehmenssicht zu notwendigen und im Einzelfall schwierigen Abgrenzungen zwischen Gutscheinen und reinen Zahlungsinstrumenten (wie etwa Guthabenkarten), sogenannten „Rabattgutscheinen“ und „Preisnachlassgutscheinen“, „Nennwertgutscheinen“ bzw. „Geschenkgutscheinen“ und Instrumenten, die als Zahlungsnachweise dienen (wie etwa Fahrscheine, Eintrittskarten für Museen/Kinos).

Abgrenzung Gutschein - Preisnachlass
Bei der Unterscheidung zwischen Gutscheinen und Zahlungsinstrumenten kann unter Umständen Ziffer 6 der Erwägungsgründe der Gutscheinrichtlinie sowie die Auflistung von Zahlungsinstrumenten der Richtlinie 2007/64/EG im Einzelfall Hilfestellung bieten. Im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen sogenannten „Rabatt- und Preisnachlassgutscheinen“ ist wesentliches Abgrenzungskriterium die verkörperte Berechtigung, bei Einlösung des Gutscheins eine Dienstleistung/Ware zu erhalten. Macht das Instrument die Zahlung entbehrlich, handelt es sich um einen Gutschein.

Kann das Instrument dazu genutzt werden, die Höhe der geschuldeten Zahlung zu reduzieren, handelt es sich um einen Rabattgutschein, für den die Vorschriften über Gutscheine nicht gelten. Bei den Sonderfällen der „Nennwert- und Geschenkgutscheine“ ist zu differenzieren. Steht im Zeitpunkt der Ausstellung dieser Instrumente weder fest, bei wem der Gutschein später eingelöst werden kann, noch unter welchen Dienstleistungen/Waren der Empfänger im Zeitpunkt der Einlösung auswählen kann, liegt kein Gutschein vor. Sofern jedoch eines der Merkmale gegeben ist, liegt ein Gutschein vor.

Prüfung Einzweck- oder Mehrzweckgutschein
Handelt es sich danach grundsätzlich um einen Gutschein, ist die sich anschließende Prüfung, ob es sich um einen Einzweck- oder Mehrzweckgutschein handelt, für Unternehmen von essentieller Bedeutung. Der Zeitpunkt der Steuerentstehung, die Bemessungsgrundlage und was es bei der Übertragung von Gutscheinen oder dem Handeln im fremden Namen zu beachten gilt, knüpft durchgängig an diese Unterscheidung. So führt beispielsweise die irrige Annahme eines Einzweckgutscheins und die damit verbundene Abrechnung mit Steuerausweis, bei Vorliegen eines Mehrzweckgutscheins, zur Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG.

Neben weiteren praktischen Herausforderungen ergibt sich bei Einzweckgutscheinen, bei deren Abgabe weder die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände noch der Umfang und die Art der sonstigen Leistung feststehen, die Frage der korrekten Leistungsbeschreibung in der Rechnung, § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG. Ist auf die handelsübliche Bezeichnung des Gutscheins abzustellen oder ist die Bezeichnung Einzweckgutschein in Verbindung mit einer Kurzbeschreibung der Leistung notwendig? Wie sind Zuzahlungen bei Gutscheinen zu behandeln? Was ist bei Nichteinlösung zu beachten?

Weitere Klarstellung erforderlich
Ein BMF-Einführungsschreiben zur Umsetzung der Gutschein-Richtlinie in nationales Recht liegt noch nicht vor. Zu hoffen ist, dass die Finanzverwaltung zu einigen der bislang offenen Fragen Stellung bezieht, auch wenn nicht erwartet werden kann, dass die Finanzverwaltung sich zu allen Fragen äußert, die sich insbesondere aus der Gutschein-Richtlinie selbst und weniger aus deren Umsetzung in nationales Recht ergeben.

Anwendung

Zu beachten ist, dass die Regelungen über die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ab dem 1.1.2019 in Kraft tritt und damit für alle nach dem 31.12.2018 ausgestellte Gutscheine gilt.

Betroffene Normen

Art. 9 §§ 3, 3a, 10 Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (kurz JStG 2018), Art. 30a, 30 b, 73a, 410a, 410b MwStSystRL
 

Fundstelle

Bundesrat, Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages: Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (verabschiedet am 08.11.2018),
BR-Drs. 559/18 vom 09.11.2018

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468 258

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

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