Zurück zur Übersicht
12.09.2023
Indirekte Steuern/Zoll

Wachstumschancengesetz: Verpflichtende E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze

Die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze steht kurz bevor.

Hintergrund

Nach aktueller Rechtslage sind Rechnungen in Papierform oder, vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers, elektronisch zu übermitteln, § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG (Art. 218 und Art. 232 MwStSystRL). Eine elektronische Rechnung ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 8 UStG eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Mit dem Ziel die Betrugsanfälligkeit des MwSt-Systems zu senken sowie die Digitalisierung und Entbürokratisierung voranzutreiben, haben sich die sog. Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag 2021 darauf geeinigt, ein bundesweit einheitliches, elektronisches Meldesystem einzuführen, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet wird (vgl. Deloitte Tax-News). In einem ersten Schritt soll die verpflichtende E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze eingeführt werden. Danach sollen Regelungen über ein transaktionsbasiertes Meldesystem folgen. Da die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung im zwischenunternehmerischen Bereich unter dem unionsrechtlichen Ermächtigungsvorbehalt zugunsten des Rates steht, hat Deutschland im November 2022 einen Antrag auf Ermächtigung zur Einführung einer von der MwStSystRL abweichenden Sondermaßnahme gestellt. Im April 2023 hat das BMF daraufhin einen an die Wirtschafts- und Berufsverbände adressierten Diskussionsentwurf veröffentlicht. Mitte Juli 2023 folgte der Referentenentwurf eines Wachstumschancengesetzes (siehe Deloitte Tax-News), der u.a. Vorschriften über die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze, Übergangsregelungen und Ausnahmetatbestände enthält. Nachdem der Rat Deutschland, auf Vorschlag der EU-Kommission, nach Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL ermächtigt hat, E-Rechnungen für inländische B2B-Umsätze nicht von der Zustimmung des Rechnungsempfängers abhängig zu machen (Durchführungsbeschluss (EU) 2023/1551 des Rates vom 25.07.2023, ABl. L 188 vom 27.07.2023, S. 42), sind die unionsrechtlichen Weichen für die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für inländische Umsätze im zwischenunternehmerischen Bereich gestellt. Seit dem 11.08.2023 liegt der Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes vor. Das Gesetz wird voraussichtlich Ende 2023 verabschiedet.

Regierungsentwurf

Der Regierungsentwurf eines Wachstumschancengesetzes sieht die folgenden Neuregelungen zur Einführung der verpflichtenden E-Rechnung vor:

Neue Definition der E-Rechnung

Ab dem 01.01.2025 gilt eine neue Definition der E-Rechnung. Danach ist eine elektronische Rechnung eine in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellte, übermittelte und empfangene Rechnung, die eine elektronische Weiterverarbeitung ermöglicht und dem CEN-Format EN 16931 entspricht (§ 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 UStG-E). Das Erfordernis der vorherigen Zustimmung des Rechnungsempfängers entfällt.

Zudem sieht der Regierungsentwurf eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung über die Ausgestaltung des strukturierten elektronischen Formats vor, um mögliche Anpassungen des CEN-Formats 16931 kurzfristig umsetzen zu können (§ 14 Abs. 6 Satz 2 UStG-E).

Einführung des Rechtsbegriffs der sonstigen Rechnung

Alle Rechnungsformate, die nicht dem Standard EU 16931 entsprechen, z.B. PDF- oder Papierrechnungen, werden unter dem Begriff der sonstigen Rechnungen zusammengefasst (§ 14 Abs. 1 Satz 5 UStG-E). Die Neuregelung gilt ab dem 01.01.2025.

 Persönlicher Anwendungsbereich

Die Einführung der verpflichtenden Ausstellung elektronischer Rechnung im strukturierten Format CEN 16931 ist auf inländische B2B-Umsätze beschränkt. Im Inland ansässige Unternehmer werden für ihre im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze zur Ausstellung einer E-Rechnung verpflichtet, wenn sie Leistungen an andere im Inland ansässige Unternehmer für deren Unternehmen erbringen. Unternehmer, die für umsatzsteuerliche Zwecke in Deutschland registriert, aber im Inland nicht ansässig sind, unterliegen nicht der geplanten Neuregelung.

Die Regelungen über den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung und die Anwendbarkeit der Vorschriften über Gutschriften bleiben inhaltlich unberührt.

Übergangsregelungen und Ausnahmen

  • Die Ausstellung von Rechnungen für inländische B2B Umsätze in Formaten, die nicht dem Standard CEN 16931 entsprechen, ist bis zum 31.12.2025 zulässig (§ 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 1 UStG-E). Bis dahin ist die vorherige Zustimmung des Empfängers weiterhin erforderlich.
  • Diese Übergangsregelung wird für kleinere Unternehmen bis zum 31.12.2026 erweitert (§ 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 2 UStG-E). Für Umsätze, die nach dem 31.12.2025 und vor dem 01.01.2027 ausgeführt werden, können Unternehmer mit einem Gesamtumsatz bis zu 800.000 € im vorangegangenen Kalenderjahr Rechnungen weiterhin in einem Format, das nicht dem CEN-Standard 16931 entspricht, übermitteln. Der Zustimmungsvorbehalt bleibt unberührt.
  • Die Übermittlung über das EDI-Verfahren bleibt bis zum 31.12.2027 zulässig (§ 27 Abs. 39 Satz 1 Nr. 3 UStG-E). Der Empfänger muss in diesem Fall zustimmen.
  • Ab 01.01.2028 müssen alle elektronischen Rechnungen der CEN-Norm 16931 entsprechen.
  • Der Entwurf sieht Ausnahmen für Kleinbetragsrechnungen (§ 33 Satz 4 UStDV-E) und Fahrausweise (§ 34 Satz 2 UStDV-E) vor. Aus Vereinfachungsgründen können Rechnungen für Beträge bis 250 EUR und Fahrausweise weiterhin in allen Formaten ausgestellt werden.

Anmerkung

Unabhängig von der geplanten Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze, wird auf europäischer Ebene derzeit der Legislativvorschlag der EU-Kommission „VAT in the Digital Age“ (ViDA) beraten, der die unionsweite Einführung harmonisierter Vorschriften für die elektronische Rechnungsstellung und die Digitalisierung der Meldepflichten beinhaltet (vgl. Deloitte Tax-News). Diese Entwicklungen im Blick beinhaltet der Regierungsentwurf die Aufnahme einer Verordnungsermächtigung in § 14 Abs. 6 Satz 2 UStG-E. Damit können mögliche Änderungen der MwStSystRL hinsichtlich der Anforderungen an eine elektronische Rechnung und Anpassungen des CEN-Formats EN 16931 auch im Hinblick auf das zukünftige Meldesystem kurzfristig umgesetzt werden.

Betroffene Normen

§ 14 UStG, §§ 33, 34 UStDV

Fundstelle

Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness​

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468 258

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

Ihre Ansprechpartner

Dr. Ulrich Grünwald
Partner

ugruenwald@deloitte.de
Tel.: +49 30 25468 258

Dr. Diana-C. Kurtz
Senior Manager

dkurtz@deloitte.de
Tel.: +49 89 29036 8025

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.