Zoll: Neue Ursprungsprotokolle und alternative Ursprungsregeln im Warenverkehr mit den Partnerstaaten im Paneuropa-Mittelmeerraum
Ab dem 01.09.2021 können übergangsweise alternative Ursprungsregeln mit bestimmten Vertragsstaaten des Paneuropa-Mittelmeerraums angewendet werden.
Hintergrund
Die mehrjährigen Verhandlungen der EU mit ihren Partnerstaaten im Paneuropa-Mittelmeerraum über die Modernisierung und Änderung der derzeit geltenden Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens verfolgten das Ziel, einen einzigen Revisions-Rechtsakt abzuschließen. Wegen der ablehnenden Haltung einiger Vertragsstaaten gelang dies nicht. Um der Mehrheit der unterstützungswilligen Vertragsstaaten dennoch die Nutzung modernisierter und vereinfachter Ursprungsregeln zu ermöglichen, werden nunmehr die Ursprungsprotokolle der jeweiligen bilateralen Abkommen mit einem alternativ anwendbaren Regelwerk ergänzt. Diese "Übergangsregeln" können bis auf Weiteres optional zu den bestehenden Ursprungsregeln des Regionalen Übereinkommens angewandt werden.
Zunächst wurde im Amtsblatt der EU Nr. L 164 vom 10.05.2021 das neue Ursprungsprotokoll zum Präferenzabkommen der EU mit Jordanien veröffentlicht.
Dieses Ursprungsprotokoll gilt ab dem 01.09.2021. Die Veröffentlichung der entsprechend angepassten Ursprungsprotokolle zu weiteren Abkommen wird für die nahe Zukunft erwartet. Nach derzeitigem Stand können ab dem 01.09.2021 auch im Warenverkehr der EU mit der Schweiz, den Färöer-Inseln und Albanien die alternativen Ursprungsregeln zur Anwendung kommen.
Auswirkungen
Wahlrecht
Exporteure, die Waren in eine „anwendende Vertragspartei“ liefern können nunmehr wählen, ob sie die Übergangsregeln oder das Regionale Übereinkommen anwenden. Ein entsprechendes Wahlrecht besteht auch bei Lieferungen innerhalb der EU für die Lieferanten- oder Langzeitlieferantenerklärungen mit Präferenzursprung ausgestellt werden.
Präferenznachweise
Die Übergangsregeln sehen als Präferenznachweis nur noch die EUR 1 oder die Ursprungserklärung auf der Rechnung vor, nicht mehr jedoch die Warenverkehrsbescheinigung EUR-MED und die Ursprungserklärung EUR-MED. Bei der Ausstellung von Präferenznachweisen und ggf. in Lieferantenerklärungen ist die Anwendung der Übergangsregel durch den Vermerk „TRANSITIONAL RULES“ zu kennzeichnen.
Wichtige Ursprungsregeln
- Auf Antrag können die Hauptzollämter für die Ursprungskalkulation bewilligen, dass der Ab-Werk-Preis und der Wert der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft anhand von Durchschnittswerten berechnet werden.
- Für gewerbliche Waren gilt eine allgemeine Toleranz von 15%.
- Das Draw-Back-Verbot gilt nur noch für Waren der Kapitel 50 bis 63 des Harmonisierten Systems.
- Das Erfordernis der unmittelbaren Beförderung ist durch das Prinzip der „Nichtveränderung/Nichtbehandlung“ einer Ware ersetzt worden.
ATLAS-Codierungen
Bei der Einfuhranmeldung mit Präferenznachweis unter Hinweis auf die Anwendung der Übergangsregelung sind in ATLAS folgende Unterlagencodierungen anzumelden:
Bei Warenverkehrsbescheinigungen EUR1 mit dem Vermerk „TRANSITIONAL RULES“
- U075 und
- N954 und
- 7HHF
Bei Ursprungserklärungen auf der Rechnung mit dem Vermerk „TRANSITIONAL RULES“
- U076 und
- N864 und
- 7HHF
Anmerkung
In den nächsten Monaten ist mit dem In-Kraft-Treten weiterer neuer Ursprungsprotokolle zu den Abkommen mit den meisten der Länder im Paneuropa-Mittelmeerraum zu rechnen - diese Länder werden als "anwendende Vertragspartei" ("applying Contracting Party") bezeichnet. Welche Länder die Übergangsregeln untereinander konkret anwenden können, wird sich nach Mitteilung der EU-Kommission aus einer gesonderten Matrix ergeben, die im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden wird. Diese ist im Hinblick auf die Inanspruchnahme der neuen Präferenzbestimmungen bzw. Anwendungsmöglichkeiten in jedem Fall vorab zu konsultieren.
Die EU-Kommission hat im Internet eine englischsprachige Guidance eingestellt.
Bei Fragen zu diesem Newsletter oder bei allgemeinem Beratungsbedarf steht Ihnen unser Global Trade Advisory Team gerne zur Verfügung.
Fundstellen
