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15.05.2025
Internationales Steuerrecht

BFH: Abkommensrechtliche Betriebsstätte eines Taxiunternehmens

Die Voraussetzungen für eine abkommensrechtliche Betriebsstätte bejahte der BFH bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Taxiunternehmer, dem in den Büroräumen einer Schweizerischen Taxifunkzentrale ein Schreibtisch zur Mitbenutzung und ein Standcontainer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stand.

BFH, Urteil vom 18.12.2024, I R 47/21

Sachverhalt

Ein in Deutschland lebender und unbeschränkt steuerpflichtiger Taxiunternehmer (Kläger) übte seine Taxitätigkeit in der Schweiz aus. Er hatte aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale Zugang zu deren Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung. Der deutsche Taxiunternehmer nutzte den Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) an ein bis zwei Tagen pro Woche für geschäftsleitende Tätigkeiten sowie u.a. für die Personalverwaltung seiner angestellten Taxifahrer.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Büroräumlichkeiten in der Schweiz keine Betriebsstätte darstellen und folglich Deutschland als Ansässigkeitsstaat das alleinige Besteuerungsrecht an den Gewinnen zusteht. Hingegen nahm das FG eine Betriebsstätte in der Schweiz an.

Entscheidung

Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die ausländischen Einkünfte des Taxiunternehmers in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu stellen sind, da in der Schweiz die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt sind.

Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte

Das abkommensrechtliche Tatbestandsmerkmal "feste Geschäftseinrichtung", das im DBA nicht näher definiert wird, bestimmt der BFH (vgl. BFH-Urteil vom 07.06.2023, I R 47/20) unter Heranziehung seiner Rechtsprechung zu dem in § 12 AO enthaltenen Begriff "feste Geschäftseinrichtung oder Anlage" als körperliche Gegenstände mit einer festen Beziehung (Verbindung) zur Erdoberfläche, die von einer gewissen zeitlichen Dauer ist. Ferner muss der Unternehmer, damit eine solche feste Geschäftseinrichtung auch als Einrichtung seines Unternehmens einzuordnen ist, über diese eine ausreichende Verfügungsmacht haben.

Abschließbarer Standcontainer als Indiz für eine dauerhafte Verfügungsmacht

Der BFH bestätigt, dass der vom Taxiunternehmer mitgenutzte Büroraum der Taxizentrale eine feste Geschäftseinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 DBA-Schweiz darstellt. Diese „Verwurzelung“ des Taxiunternehmens mit dem Büroraum in der Schweiz folge aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung.

Der Büroraum in der Schweiz werde vom Taxiunternehmen seit der Unternehmensgründung dauerhaft genutzt. Zwar habe der Taxiunternehmer kein konkreter Arbeitsplatz zur ausschließlichen Nutzung, aber er habe jederzeit die Möglichkeit irgendeinen Arbeitsplatz im Büro der Genossenschaft für die Erledigung seiner Büroarbeiten zu nutzen. Ein (wesentliches) Indiz für das Bestehen einer dauerhaften Verfügungsmacht des Taxiunternehmers über den Büroraum sei der ausschließlich dem Taxiunternehmer überlassenen und entsprechend beschrifteten Standcontainer, für den nur er den Schlüssel besaß.

Ausgeübte Tätigkeiten sind keine Hilfstätigkeiten

Der BFH stellt weiter fest, dass der Taxiunternehmer in der Geschäftseinrichtung unternehmerische Tätigkeiten im Sinne des Art. 5 Abs. 1 DBA-Schweiz ausgeübt hat. Es handele sich nicht (bzw. nicht ausschließlich) um die in Art. 5 Abs. 3 DBA-Schweiz aufgeführten, für die Begründung einer Betriebsstätte nicht ausreichenden Tätigkeiten. Zu diesen Tätigkeiten zählen unter anderem die Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren (Art. 5 Abs. 3 Buchst. a DBA-Schweiz) sowie die Ausübung von Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten (Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz). Der BFH stellt klar, dass nicht sämtliche Tätigkeiten des Unternehmens, die nicht unmittelbar der Leistungserstellung von Gütern oder Dienstleistungen dienen, vorbereitende Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten sind.

Dementsprechend zählen die Geschäftsleitung sowie unternehmerisch administrative Tätigkeiten (z.B. Personalverwaltung, Vorbereitung der laufenden Unternehmensbuchführung, Rechnungswesen, Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung behördlicher Unternehmensauflagen) jedenfalls wenn sie zentrale Unternehmensfunktionen betreffen zu den Haupttätigkeiten eines Unternehmens. In der Folge erschöpfe sich auch die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmens mit mehreren angestellten Taxifahrern nicht allein im Fahren von Taxis zum Zwecke der Personenbeförderung.

Betroffene Normen

§ 12 AO, Art. 5 Abs. 1 DBA-Schweiz

Streitjahre 2008-2010

Anmerkungen

Einordnung in die Rechtsprechung

Die o.g. Entscheidung folgt der jüngeren BFH-Rechtsprechung, nach der bereits ein Schließfach, Spind, Schreibtischcontainer oder Schrank, der einem Steuerpflichtigen zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung steht, als feste Geschäftseinrichtung einzustufen sein kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.06.2023, I R 47/20, siehe Deloitte Tax-New).

Weitere BFH-Entscheidung zur Betriebsstätte

Mit demselben Datum hat der BFH noch eine weitere Entscheidung zu den zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte veröffentlicht (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2024, I R 39/21, siehe Deloitte Tax-News).

Englischsprachiger Beitrag

Zu den beiden Entscheidungen zur abkommensrechtlichen Betriebsstätte (vgl. BFH-Urteile vom 18.12.2024, I R 47/21 und I R 39/21) gibt es auch einen englischsprachiger Beitrag in den German Tax & Legal News.

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.10.2021, 3 K 589/19, EFG 2022, S. 88

Fundstellen

BFH, Urteil vom 18.12.2024, I R 47/21 

BFH, Pressemitteilung vom 02.05.2025, Nr. 26/25 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 07.06.2023, I R 47/20, BFH/NV 2023, S. 1291, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 18.12.2024, I R 39/21, siehe Deloitte Tax-News
 

Ihr Ansprechpartner

Denise Käshammer
Senior Manager

dkaeshammer@deloitte.de
Tel.: +4989290368711

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