BFH: Betriebsstättenzurechnung und Abgeltungswirkung bei gewerblich geprägter KG im Nicht-DBA-Fall
Auch eine gewerblich geprägte KG kann ihren ausländischen in einem Nicht-DBA-Staat ansässigen Gesellschaftern eine inländische Betriebsstätte vermitteln. Die Abgeltungswirkung für den Kapitalertragsteuerabzug ist damit beim Bezug von (inländischen) Dividenden durch die KG insoweit ausgeschlossen.
Sachverhalt
Strittig war, ob Gewinnausschüttungen einer inländischen GmbH auch insoweit bei der empfangenden inländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft gesondert und einheitlich festzustellen sind, als die Ausschüttungen auf ausländische Beteiligte entfallen, oder ob sie der Abgeltungswirkung des § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG unterliegen.
An einer GmbH & Co. KG waren u.a. zwei Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in Chile beteiligt, die u.a. auch Gesellschafter der Komplementär-GmbH, waren. Geschäftsführer der GmbH war der in Deutschland ansässige A sowie der in Chile ansässige B. Die GmbH war zur Geschäftsführung der GmbH & Co. KG berechtigt und verpflichtet. Die GmbH & Co. KG erhielt in den Streitjahren 2008 und 2009 Gewinnausschüttungen aus ihrer 50 %-igen Beteiligung an der KP GmbH. Sie begehrte für die Streitjahre gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellungen unter Einbeziehung sämtlicher Gesellschafter sowie die Feststellung und Verteilung der von der KP GmbH einbehaltenen Steuerabzugsbeträge.
Entscheidung
Der BFH ist der Ansicht, dass auch eine nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägte inländische KG ihren ausländischen in einem Nicht-DBA-Staat ansässigen Gesellschaftern eine Betriebsstätte vermitteln kann und die Abgeltungswirkung für den Kapitalertragsteuerabzug insoweit ausgeschlossen ist.
Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind die von den Beteiligten gemeinschaftlich erzielten und im Inland steuerpflichtigen Einkünfte (vgl. BFH-Beschluss vom 13.05.2013). Aus der Feststellung ausgenommen werden allerdings solche Einkünfte, die wegen beschränkter Steuerpflicht von Beteiligten einer abgeltenden Steuer unterliegen. Gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG ist die Körperschaftsteuer für Einkünfte, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, durch den Steuerabzug abgegolten, wenn der Bezieher der Einkünfte beschränkt steuerpflichtig ist und die Einkünfte nicht in einem inländischen gewerblichen Betrieb angefallen sind. Eine Abgeltungswirkung ist bei beschränkter Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen, wenn aufgrund einer Betriebsstätte Vollstreckungsmöglichkeiten gegeben sind.
Die GmbH & Co. KG, eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, bei der ausschließlich eine Kapitalgesellschaft persönlich haftende Gesellschafterin und zur Geschäftsführung befugt ist, ist eine sog. gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG.
Nach Auffassung des BFH sind die Einkünfte auch insoweit, als sie den ausländischen (chilenischen) Kapitalgesellschaften zuzurechnen sind, im Inland nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG steuerpflichtig, da im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird.
Der Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich nach innerstaatlichem Recht (vgl. BFH-Urteil vom 20.07.2016). Da § 12 S. 1 AO für das Vorliegen einer Betriebsstätte allgemein die unternehmerische Tätigkeit fordert, werden von § 12 AO auch Betriebsstätten erfasst, die einem Betrieb zuzurechnen sind, dessen Tätigkeit kraft Gesetzesfiktion ertragsteuerrechtlich als Gewerbebetrieb gilt (vgl. BMF-Schreiben vom 24.12.1999). Als Betriebsstätte ist nach § 12 S. 2 Nr. 1 AO insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung anzusehen. Für die zur Geschäftsführung berufene Komplementär-GmbH einer KG sei entscheidend, an welchem Ort die für die GmbH handelnde Geschäftsführung die Tagesgeschäfte erledigt. Nach diesen Maßgaben habe die GmbH & Co. KG über eine inländische Stätte der Geschäftsleitung verfügt, da deren Tagesgeschäfte ausschließlich von dem im Inland ansässigen A als Geschäftsführer der Komplementärin erledigt wurden.
Nach Ansicht des BFH gehören zu den Einkünften eines „gewerblichen Betriebs“ i.S.v. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG auch gewerblich geprägte Einkünfte. Damit ist die Abgeltungswirkung für den Kapitalertragsteuerabzug für die von der KG bezogenen (inländischen) Dividenden ausgeschlossen. Folglich werden die ausländischen (chilenischen) Gesellschafter der KG nach Maßgabe ihrer beschränkten Steuerpflicht veranlagt und die auf die Dividenden erhobene Kapitalertragsteuer wird auf die sich hierbei ergebende Körperschaft- oder Einkommensteuerschuld angerechnet und ggf. auch erstattet.
Der BFH weist jedoch darauf hin, dass dies nicht uneingeschränkt gilt. Übt der Gesellschafter einer solchen inländischen KG im Ausland eine weitere eigene unternehmerische Tätigkeit aus, sei zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Wirtschaftsgüter, aus deren Nutzung die Einkünfte erzielt werden, nach dem Veranlassungsprinzip der inländischen Betriebsstätte – oder vielmehr der ausländischen Betriebsstätte – zuzuordnen sind. Dies gelte auch bei Sitz/Ansässigkeit der Gesellschafter in einem Staat, mit dem kein DBA abgeschlossen ist (z.B. Chile).
Betroffene Norm
§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG
Streitjahre 2007 bis 2009
Anmerkungen
Das FG hatte bisher keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Besitz der Beteiligung, aus der die KG die Dividende erzielt hatte, überwiegend mit der branchenähnlichen ausländischen betrieblichen Tätigkeit der Gesellschafter im Zusammenhang stand. Daher hat der BFH die Sache an das FG zurückverwiesen.
Vorinstanz
Finanzgericht Bremen, Urteil vom 25.06.2015, 1 K 68/12 (6), EFG 2016, S. 88
Fundstelle
BFH, Urteil vom 29.11.2017, I R 58/15
Pressemitteilung 18/2018
Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 20.07.2016, I R 50/15, BStBl II 2017, S. 230, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 13.05.2013, I R 39/11, BStBl II 2016, S. 434, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 24.12.1999, BStBl I 1999, S. 1076