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10.09.2010
Internationales Steuerrecht

BFH: Der Begriff „Finanzplandarlehen“ spricht nicht per se für eine Zuwendung als Eigenkapitalersatz

Sachverhalt

Die Klägerin war in den Streitjahren zu 97 % bzw. zu 100 % an einer ungarischen Kapitalgesellschaft T beteiligt. Diese hatte in Ungarn ein Fabrik- und Verwaltungsgebäude errichtet und verpachtet. Zur Finanzierung der Herstellungskosten des Gebäudes hatte die Klägerin der ungarischen Gesellschaft im Jahr 1998 ein unverzinsliches „Finanzplandarlehen“ in Höhe von 370.500 DM gewährt. Das Finanzamt nahm an, dass die Darlehensgewährung der Vorschrift des § 1 Abs. 1 AStG a.F. unterliege und setzte bei der Besteuerung der Klägerin geschätzte fiktive Zinseinnahmen in Höhe von 22.230 DM pro Jahr einkommenserhöhend an. Das Finanzgericht hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben.

Entscheidung

Nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. sind Einkünfte unter bestimmten Voraussetzungen abweichend von der tatsächlich angefallenen Höhe anzusetzen, wenn ein Steuerpflichtiger Geschäftsbeziehungen zum Ausland unterhält. Die Berichtigung der Einkünfte hängt davon ab, dass es um ein Verhältnis zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahe stehenden Person geht, das als "Geschäftsbeziehung" qualifiziert werden kann.

Der BFH hatte die Frage zu beantworten, ob die unverzinsliche Darlehensgewährung zu einer „Geschäftsbeziehung“ i.S.d. § 1 Abs. 1 AStG a.F. führen kann. Die Gewährung eines unverzinslichen Gesellschafterdarlehens ist nach der Rechtsprechung des BFH nur dann nicht Gegenstand einer „Geschäftsbeziehung“, wenn sie entweder nach den Vorschriften des für die Darlehensnehmerin maßgeblichen Gesellschaftsrechts als Zuführung von Eigenkapital anzusehen ist oder wenn sie der Zuführung von Eigenkapital soweit vergleichbar ist, dass eine steuerrechtliche Gleichbehandlung geboten ist. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn die Darlehensgewährung eine unzureichende Eigenkapitalausstattung der Kapitalgesellschaft ausgleicht und eine notwendige Bedingung dafür ist, dass die Gesellschaft die ihr zugedachte wirtschaftliche Funktion erfüllen kann.

Das Finanzgericht hatte keine Feststellung dazu getroffen, ob die Darlehensgewährung nach den Vorschriften des ungarischen Gesellschaftsrechts als Zuführung von Eigenkapital anzusehen ist. Auch hatte es nicht festgestellt, ob durch die Darlehensgewährung eine funktionsgerechte Kapitalausstattung herbeigeführt wurde. Die Bezeichnung des Darlehens als „Finanzplandarlehen“ lässt keinen Rückschluss auf den eigenkapitalersetzenden Charakter des Darlehens zu. Dieser Begriff ist nicht so konkret und eindeutig, dass sich daraus gesicherte Rückschlüsse auf einen bestimmten wirtschaftlichen Hintergrund der Darlehensgewährung oder eine bestimmte Ausgestaltung der Darlehensbedingungen ziehen lassen könnten. Zum anderen mag er zwar im Kern eine Situation bezeichnen, in der die Darlehensgewährung in der Weise in die Finanzplanung der Gesellschaft einbezogen ist, dass die zur Aufnahme der Geschäfte notwendige Kapitalausstattung durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung erreicht werden soll. Das allein reicht aber für die Annahme nicht aus, dass die Darlehensgewährung keine "Geschäftsbeziehung" i.S. des § 1 Abs. 1 AStG a.F. begründet. Eine solche ist vielmehr unter dem Gesichtspunkt der "funktionsgerechten Kapitalausstattung" nur dann zu verneinen, wenn die Darlehensnehmerin so offensichtlich unterkapitalisiert ist, dass sich die Darlehensgewährung von vorn herein einem Fremdvergleich entzieht. Letzteres kann in der hier zu beurteilenden Situation, in der T über ein Eigenkapital von umgerechnet 65.000 EUR verfügte und ein Darlehen in Höhe von 370.500 DM erhalten hat, nicht ohne Weiteres angenommen werden.

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur Feststellung weiterer entscheidungserheblicher Sachverhaltsmerkmale an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Betroffene Norm

§ 1 Abs. 1 AStG idF des StÄndG 1992
Streitjahre 1999 - 2001

Vorinstanz

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.03.2009, 5 K 118/09.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23.06.2010, I R 37/09, BStBl II 2010, S. 895.

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