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01.02.2023
Internationales Steuerrecht

BFH: Ermittlung der Höhe der anzurechnenden ausländischen Quellensteuer

Für Zwecke der Anrechnung ausländischer Quellensteuer sind bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte aufgrund von Lizenzzahlungen nur solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die mit den den Einkünften zugrundeliegenden Einnahmen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Aufwendungen für künftig entstehende Lizenzen bzw. künftige Lizenzeinnahmen stehen nicht in einem solchen wirtschaftlichen Zusammenhang und sind folglich auch nicht in die o.g. Ermittlung einzubeziehen.  

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, überließ ein Entwicklungsergebnis an ihre chinesische Tochtergesellschaft zur Nutzung für die Produktion. Im Streitjahr erzielte die GmbH aus der Nutzungsüberlassung Lizenzeinnahmen, die in China einer Quellenbesteuerung von 10% unterlagen. Im Zusammenhang mit diesen Lizenzeinnahmen fielen im selben Veranlagungsjahr Betriebsausgaben an. Zudem entstanden für laufende noch nicht abgeschlossene Entwicklungsarbeiten, die in späteren Jahren zu Lizenzvergaben und Lizenzeinnahmen aus China geführt haben, weitere Aufwendungen.

Die GmbH beantragte die chinesische Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen. Das Finanzamt erfasste die Lizenzeinnahmen als Betriebseinnahmen, rechnete die chinesische Quellensteuer aber nicht auf die Körperschaftsteuer an, da unter Berücksichtigung aller Betriebsausgaben, die im Streitjahr im Zusammenhang mit den Einkünften aus Lizenzen mit China angefallen sind, negative ausländische Einkünfte vorlägen. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass auch solche Betriebsausgaben des Streitjahres für andere Projekte einzubeziehen sind, bei denen es wegen der mehrjährigen Projektentwicklung erst in späteren Jahren zur Erzielung von Lizenzerlösen komme. Hingegen war das FG der Ansicht, dass für Zwecke der Anrechnung der chinesischen Quellensteuer Aufwendungen für künftige Einnahmen nicht in die Berechnung einzubeziehen sind.

Entscheidung

Der BFH kommt – in Übereinstimmung mit dem FG – zu dem Schluss, dass die chinesische Quellensteuer auf die deutsche Körperschaftsteuer anzurechnen ist.

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 34c Abs. 1 S. 4 EStG sind bei bestimmten ausländischen Einkünften (vgl. § 34d Nummer 3, 4, 6, 7 und 8 Buchstabe c EStG), die zum Gewinn eines inländischen Betriebes gehören, bei ihrer Ermittlung Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“

Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs sei in § 34c Abs. 1 S. 4 EStG nicht definiert. Er bestimme sich nach der Rechtsprechung des BFH nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip (vgl. BFH-Urteile vom 06.04.2016, I R 61/14 und vom 18.04.2018, I R 37/16). Allerdings enthalte § 34c Abs. 1 S. 4 EStG mit der Bezugnahme auf die "diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen" einen spezifisch zweckgerichteten Veranlassungsbezug. Dieser begrenze den Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen im Rahmen der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht.

Sachlicher Bezug zu konkreten Einnahmen

Nach dem BFH enthält § 34c Abs. 1 S. 4 EStG eine spezielle Regelung u.a. für ausländische Einkünfte i.S. der in § 34d Nr. 7 EStG genannten Art, d.h. für Einkünfte aus der Rechteüberlassung zur Nutzung in einem ausländischen Staat, sofern sie zum Gewinn eines inländischen Betriebes gehören. Der Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen setze danach in sachlicher Hinsicht einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit (konkreten) "Einnahmen" voraus. Entgegen der Ansicht des Finanzamts stelle die gesetzliche Regelung damit nicht allgemein auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einkünften oder einer Einkunftsart, mithin also auf eine bestimmte Tätigkeitsart im Ausland, ab.

Zeitlicher Bezug zu konkreten Einnahmen

Indem § 34c Abs. 1 S. 4 EStG auf "Einnahmen" abstellt, werde der Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen im Rahmen der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrags nach dem BFH aber auch in zeitlicher Hinsicht begrenzt. Der BFH spricht sich für eine streng veranlagungszeitraumbezogene Betrachtungsweise aus, die nur danach fragt, ob Einnahmen eines konkreten Veranlagungszeitraums in derselben Zeitspanne konkrete Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensmehrungen gegenüberstehen. Bestätigt werde dieses Ergebnis durch den Regelungszusammenhang mit § 34c Abs. 1 S. 5 EStG. Nach § 34c Abs. 1 S. 5 EStG sind die ausländischen Steuern nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen.

Ergebnis

Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass im Streitfall die Lizenzeinnahmen insoweit zu mindern sind, als es sich bei den Betriebsausgaben um Aufwendungen im Zusammenhang mit bereits erteilten Lizenzen bzw. Lizenzzahlungen handelt. Hingegen stehen weitere Betriebsausgaben nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Lizenzeinnahmen des Streitjahres, sondern mit künftigen Lizenzeinnahmen. Die letztgenannten Betriebsausgaben sind bei der Ermittlung der Höhe der anzurechnenden chinesischen Quellensteuer im Streitfall nicht zu berücksichtigen.

Betroffene Normen

§ 34c Abs. 1 EStG a.F. (entspricht aktueller Fassung)

Streitjahr 2011

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH ist insbesondere für international tätige Gesellschaften, die aus dem Ausland Lizenzeinnahmen erzielen und dort einer Quellenbesteuerung unterliegen, zu begrüßen. Allerdings müssen die Steuerpflichtigen sicherstellen, dass sie über ein geeignetes Kostencontrolling und Dokumentationen verfügen, die die genaue Zuordnung der Betriebsausgaben zu den Lizenzeinnahmen zuverlässig belegen.

Anmerkung

Unstrittig war im Streitfall, dass das DBA-China bei einer in Deutschland ansässigen Person die Anrechnung der chinesischen Steuer auf die deutsche Körperschaftsteuer vorsieht (vgl. Art. 24 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc i.V.m. Art. 12 Abs. 2 DBA-China 1985 (aktuell ebenso nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. b Nr. iii i.V.m. Art. 12 Abs. 2 DBA-China 2014). Für die Ermittlung der Höhe der anzurechnenden chinesischen Steuer ist auch ausdrücklich die Anwendung innerstaatlichen Rechts vorgesehen (ebenso klarstellend § 26 Abs. 6 S. 1 KStG i.V.m. § 34c Abs. 6 S. 2 1. HS EStG).

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.11.2018, 9 K 4187/14 K, siehe Deloitte Tax-News 

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.08.2022, I R 14/19

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 18.04.2018, I R 37/16, BFHE 261, S. 166, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 06.04.2016, I R 61/14, BStBl. II 2017, S. 48

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