Zurück zur Übersicht
24.02.2012
Internationales Steuerrecht

BFH: Kein deutsches Besteuerungsrecht für Pensionszahlungen aufgrund eines Treaty Overrides

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Staatsbürger der USA und war bis Juni 1998 persönlich haftender Gesellschafter einer inländischen KGaA. Er verfügte im Streitjahr 1999 über einen Wohnsitz in den USA. Während seiner Aufenthalte im Inland nutzte er eine hier belegene, im Eigentum seiner Ehefrau stehende Wohnung. Im Streitjahr erhielt er für seine Tätigkeit in der KGaA eine Pension, die er in seiner Einkommensteuererklärung zur beschränkten Steuerpflicht als nicht in Deutschland steuerpflichtig behandelte (Art. 18 DBA-USA 1989 a.F.), da das Besteuerungsrecht den USA zustehe. Das Finanzamt folgte dem nicht. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Die Revision ist begründet. Deutschland steht kein Besteuerungsrecht an den im Streitjahr vom Kläger vereinnahmten Pensionsleistungen zu.

Das Finanzamt geht (mittlerweile) davon aus, dass der Kläger im Streitjahr zwar in den USA ebenso wie in Deutschland einen Wohnsitz innehatte und deshalb hier wie dort unbeschränkt steuerpflichtig war (§ 1 Abs. 1 EStG 1997), dass er seinen Lebensmittelpunkt aber in den USA hatte und aufgrund der sog. Tie-breaker-rule in Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-USA 1989 a.F. abkommensrechtlich als dort allein ansässig zu behandeln ist. Dem hat sich auch das FG angeschlossen und der Senat hat aufgrund der tatrichterlich getroffenen Feststellungen keinen Anlass, anderes anzunehmen.

Finanzamt und FG gehen fehl in der Annahme, dass die Ruhegelder in Deutschland besteuert werden durften. Nach Art. 18 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. können Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für frühere unselbständige Arbeit als Nutzungsberechtigter erzielt, nur in den USA besteuert werden. Der Kläger erhielt die Pensionsleistungen für seine frühere unselbständige Tätigkeit, die er gegenüber der KGaA erbracht hat. Dadurch, dass er zugleich deren persönlich haftender Gesellschafter gewesen ist, wird er nicht "originär" (mit-)unternehmerisch tätig (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.11.2007); er kann der KGaA gegenüber aufgrund arbeitsvertraglicher Beziehung tätig werden.

Die (ggf. vorrangige) Annahme gewerblicher Gewinne eines Unternehmens (Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F. i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 EStG 1997 und Art. 3 Abs. 2 DBA-USA 1989 a.F.) scheidet mit Verweis auf das BFH-Urteil vom 08.09.2010 aus. Eine Besteuerung kann auch nicht auf § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 n.F. gestützt werden. Danach gelten Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 zweiter Halbsatz und Nr. 3 EStG 1997, auf welche die Vorschriften eines DBA anzuwenden sind und für die das Abkommen keine ausdrückliche Regelung enthält, ausschließlich als Unternehmensgewinne. Der Senat hat in seinem Urteil vom 08.09.2010 aufgezeigt, dass die tatbestandlichen Erfordernisse dieser Gesetzesfiktion in vielfacher Hinsicht zu kurz greifen, um eine unilaterale Umqualifizierung zu erreichen.

Solche Vergütungen, die als nachträgliche Einkünfte (§ 24 Nr. 2 EStG 1997) - hier als Ruhegelder für seine frühere Tätigkeit für die KGaA - bezogen werden, sind nicht in Sondervergütungen umzuqualifizieren. Die Einordnung eines Ruhegeldes als Gewinnanteil in Form von Sondervergütungen verlangt prinzipiell, dass der Empfänger der Zahlung noch Gesellschafter der Personengesellschaft ist; ein ehemaliger Gesellschafter kann keine Gewinnanteile in Gestalt der Sondervergütungen mehr beziehen (vgl. BFH-Urteile vom 24.11.1983 und 25.10.1984). § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 n.F. bezieht sich auf die einschlägigen Regelungsbestandteile des § 15 Abs. 1 EStG 1997. Auf den Verweis auf § 15 Abs. 1 S. 2 wird dabei verzichtet. Gerade weil die Einbeziehung nachträglicher Vergütungen in den Regelungsbereich des § 15 EStG 1997/2002 aber einer besonderen Anordnung bedarf und dies auch schon einmal Anlass zu einer entsprechenden gesetzlichen Nachbesserung gegeben hat, muss angenommen werden oder ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass der Gesetzgeber den Gesetzesverweis auf § 15 Abs. 1 S. 2 EStG 1997/2002 bewusst ausgespart hat. Für eine Analogie ist angesichts dessen kein Raum.

Betroffene Norm

§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und S. 2 EStG 1997, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG 1997, Art. 18 DBA USA a.F.
Streitjahr 1999

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2010, 13 K 1214/06 E, EFG 2011, S. 878, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.12.2011, I R 5/11, nicht amtlich veröffentlicht

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 28.11.2007, X R 6/05, BStBl II 2008, S. 363
BFH, Urteil vom 08.09.2010, I R 74/09, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 24.11.1983, IV R 14/83, BStBl II 1984, S. 431
BFH, Urteil vom 25.10.1984, IV R 165/82, BStBl II 1985, S. 212

So werden Sie regelmäßig informiert:
Artikel teilen:
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen bedarfsgerechteren Service bereitstellen zu können. Indem Sie ohne Veränderungen Ihrer Standard-Browser-Einstellung weiterhin diese Seite besuchen, erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Möchten Sie mehr Informationen zu den von uns verwendeten Cookies erhalten und erfahren, wie Sie den Einsatz unserer Cookies unterbinden können, lesen Sie bitte unsere Cookie Notice.