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11.12.2024
Internationales Steuerrecht

BMF veröffentlicht finales Schreiben zu § 4k EStG

Am 13.07.2023 hat das Bundesfinanzministerium den Entwurf eines Schreibens zum Betriebsausgabenabzugsverbot bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG) veröffentlicht. Knapp eineinhalb Jahre später, am 05.12.2024 wurde schließlich die endgültige Fassung veröffentlicht. Die wesentlichen Änderungen gegenüber der Entwurfsfassung sind nachfolgend kursiv dargestellt.

Hintergrund

§ 4k EStG wurde durch das ATADUmsG eingeführt, um Besteuerungsinkongruenzen in Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen zu neutralisieren. Da es sich bei der Vorschrift um eine für das deutsche Steuerrecht neuartige Regelung handelt, die sehr umfangreich ausländische Besteuerungsfolgen in den Tatbestand aufnimmt, sind zahlreiche Auslegungsfragen zu klären. Mit dem lange erwarteten BMF-Schreiben nimmt die Finanzverwaltung nun Stellung zu einigen dieser Fragen. In 129 Randziffern und 19 Beispielen (jeweils eine/eines mehr als in der Entwurfsfassung des Schreibens) werden die zentralen Konzepte der einzelnen Teile der Vorschrift erläutert.

Allgemeines

Das BMF-Schreiben betont, dass § 4k EStG der Umsetzung von Art. 9 und 9b ATAD dient. In der zeitlichen Anwendung wird auf den Unterschied zwischen Aufwendungen aus Dauerschuldverhältnissen und anderen Aufwendungen eingegangen – bei letzteren tritt kein Abzugsverbot ein, wenn die Aufwendungen rechtlich vor dem 01.01.2020 verursacht wurden, selbst wenn die Minderung der Einkünfte erst nach dem 31.12.2019 eintritt. Dies betrifft beispielsweise AfA-Aufwand aus der Anschaffung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern vor dem 01.01.2020, bei denen der Veräußerungserlös aufgrund einer Besteuerungsinkongruenz keiner Besteuerung unterlegen hat.

Das BMF-Schreiben enthält nähere Definitionen zum Anwendungsbereich, insbesondere zu den Begriffen der strukturierten Gestaltung und zu Besteuerungsinkongruenzen. In diesen Definitionen wurden in der endgültigen Fassung des Schreibens einige Anpassungen im Detail im Vergleich zur Entwurfsfassung vorgenommen. Dies betrifft insbesondere die Ausführungen zum Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten (Rz. 9) und zu strukturierten Gestaltungen (Rz. 10, 11).

Zu § 4k Abs. 1 EStG

Das Abzugsverbot des Abs. 1 betrifft Aufwendungen im Bereich von Finanzinstrumenten, deren Erträge aufgrund einer Besteuerungsinkongruenz nicht oder niedriger besteuert werden. Wichtig ist hier die Betonung der Kausalität zwischen der Besteuerungsinkongruenz und der Nicht- oder Niedrigerbesteuerung (Rz. 26 des BMF-Schreibens). Ebenfalls für die Anwendungspraxis wichtig ist die Definition der Nichtbesteuerung (Rz. 27 ff.) – hier soll nach Ansicht des BMF auch eine Besteuerung im Rahmen einer Hinzurechnungsbesteuerung ausreichend sein, um nicht mehr von einer Nichtbesteuerung sprechen zu können.

Ausdrücklich ausgeschlossen wird aber eine Besteuerung in einem System, das Einkünfte, Verluste und Steuern mehrerer Gesellschaften zusammenfasst („Blending“) (Rz. 30). Damit soll nach Ansicht des BMF weder eine Besteuerung im Rahmen des US-GILTI-Systems noch eine Erfassung durch die globale Mindestbesteuerung („Pillar 2“) ausreichend für eine „Inclusion“ sein. Korrespondierend dazu wird ein Abzug in diesen Systemen aber auch nicht als schädliche „Deduction“ angesehen (siehe unten).

Zu § 4k Abs. 2 EStG

Das Abzugsverbot des Abs. 2 betrifft Aufwendungen bei abweichender steuerlicher Behandlung eines Steuerpflichtigen sowie bei abweichender steuerlicher Beurteilung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen. Hier sind regelmäßig Qualifikationskonflikte in Bezug auf die Behandlung eines in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen erfasst, die zu einem D/NI-mismatch führen, also zu einem Abzug bei gleichzeitiger Nichterfassung der Erträge.

Hier stellt das BMF wenig überraschend klar, dass der Begriff der Aufwendungen aller Art erfasst und nicht auf Zahlungen beschränkt ist (Rz. 39). Dementsprechend sind auch AfA-Beträge ein möglicherweise unter das Abzugsverbot fallender Aufwand (Rz. 40). Etwas verwirrend ist die Aussage, wonach auch „Aufwendungen für die Anschaffung (z.B. Kaufpreiszahlung)“ als erfasste Aufwendungen gelten (Rz. 40) – hierbei soll aber die Rechtsfolge auf tatsächlich gewinnmindernde Beträge begrenzt werden. Sehr weitreichend sollen bei derartigen Anschaffungsvorgängen als „entsprechende Erträge“ beim Veräußerer alle Beträge erfasst werden, d.h. für das Abzugsverbot ist nicht danach zu unterscheiden, ob bzw. inwieweit der Veräußerer einen Veräußerungsgewinn nicht versteuert hat – es wird der Veräußerungserlös betrachtet.

Erneut betont das BMF die notwendige Kausalität zwischen der Inkongruenz und der Nichtbesteuerung. Bei § 4k Abs. 2 kann aber wichtig sein, dass das BMF die Kausalität auch auf die Behandlung in weiteren Staaten ausweitet, sofern dieser Qualifikationskonflikt ursächlich für die Nichtbesteuerung ist (Rz. 48).

Zu der Ausnahme für doppelt berücksichtigte Erträge (§ 4k Abs. 2 S. 3 EStG) wird insbesondere diskutiert, auf welcher Ebene die Erträge anfallen müssen, um als Erträge desselben Steuerpflichtigen zu gelten. Wie aus der Gesetzesbegründung zu erwarten, kann ein Organträger auch in Bezug auf die von Organgesellschaften als Einkommen zugerechneten Erträge von dieser Ausnahme profitieren, sofern diese Erträge im Ausland ebenfalls erfasst werden (Rz. 53). Die Erträge müssen dabei nicht in einem Zusammenhang zu den doppelt berücksichtigten Aufwendungen steht (Rz. 54), die doppelte Besteuerung muss aber in demselben Staat erfolgen, in dem die Nichtbesteuerung der den Aufwendungen entsprechenden Erträge eintritt. Es soll einen faktischen „Rücktrag“ von doppelt berücksichtigten Erträgen geben, wenn in einem Jahr nicht ausreichend doppelt berücksichtigter Ertrag zur Verfügung stand und in späteren Jahren mehr Erträge erzielt werden, soll mittels rückwirkendem Ereignis eine Korrektur möglich sein (Rz. 54).

Eine Änderung gegenüber der Entwurfsfassung ist besonders zu begrüßen, da damit ein in der Praxis häufiger Fall aufgegriffen wird: In bestimmten Strukturen kann es dazu kommen, dass zwar einerseits Aufwendungen in Deutschland abzugsfähig sind, ohne dass die Erträge beim Empfänger steuerlich berücksichtigt werden, gleichzeitig aber in Deutschland Erträge versteuert werden, die beim Zahlenden Konzernunternehmen nicht abzugsfähig waren. Solche Strukturen wurden vom Wortlaut der Dual Inclusion Income Ausnahme bislang nicht erfasst und ihre Behandlung war unklar. Mit den Änderungen in Rz. 53 wird nun klargestellt, dass solche „No-Deduction/Inclusion-Inkongruenzen“ „unter den weiteren Voraussetzungen des § 4k Absatz 2 Satz 3 EStG im Einzelfall regelmäßig aus Billigkeitsgründen als doppelt berücksichtigte Erträge behandelt werden“ können.

Zu § 4k Abs. 3 EStG

Das Abzugsverbot des Abs. 3 betrifft Aufwendungen, deren Erträge aufgrund einer nicht bereits durch Abs. 2 erfassten Besteuerungsinkongruenz nicht besteuert werden. Dies sind beispielsweise Zahlungen an umgekehrt hybride Rechtsträger und Zuordnungskonflikte bei Betriebsstätten, einschließlich unberücksichtiger Betriebsstätten. Bemerkenswert ist hier, dass das BMF eine mittelbare Besteuerungsinkongruenz im Rahmen einer Hinzurechnungsbesteuerung als Grund für ein Betriebsausgabenabzugsverbot ansieht (Beispiel 13) – dieses relativ komplizierte Beispiel behandelt das Nebeneinander von § 4k Abs. 2 und Abs. 3 EStG, und führt dabei nebenbei aus, dass das Unterbleiben einer ansonsten anwendbaren Hinzurechnungsbesteuerung beim Anteilseigner des Empfängers aufgrund einer Besteuerungsinkongruenz ein Anwendungsfall von § 4k sein kann.

Zu § 4k Abs. 4 EStG

Unterliegen Betriebsausgaben einem doppelten Betriebsausgabenabzug, untersagt Abs. 4 den Abzug in Deutschland soweit nicht im Rahmen der Vorrangregelungen zulässigerweise im Ausland der Abzug versagt wird. Eine doppelte Berücksichtigung setzt eine Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage voraus (Rz. 75). Entsprechend der Auffassung, dass eine Versteuerung innerhalb eines blending-Regimes (GILTI, Pillar 2) nicht als „Inclusion“ gilt, gilt ein Abzug innerhalb dieser Regime auch nicht als „Deduction“ für Zwecke des § 4k Abs. 4 EStG (Rz. 75). Insoweit anders als bei der Inclusion soll aber auch ein Abzug innerhalb eines regulären Hinzurechnungsbesteuerungsregimes nicht als Deduction gelten.


Hinsichtlich der Ausnahme bei doppelt berücksichtigten Erträgen wird auf die Ausführungen zu Abs. 2 verwiesen.

Damit werden Fälle des doppelten Abzugs von Betriebsausgaben, denen gleichzeitig steuerpflichtige Erträge ohne Abzug gegenüberstehen (no deduction/inclusion Inkongruenzen) nicht als schädlich behandelt. Dies betrifft beispielsweise cost-plus-Gesellschaften, die als disregarded entity aus Sicht ihres US-Gesellschafters behandelt werden. Fälle der Anwendung der US-GILTI Besteuerung oder von Pillar 2 führen nach Auffassung des BMF weder zu einem doppelten Abzug von Aufwendungen noch zu einer doppelten Berücksichtigung von Erträgen. Eine reguläre Hinzurechnungsbesteuerung führt dagegen (anders als noch nach dem Entwurf) nicht zu einem doppelten Abzug von Aufwendungen, aber gleichwohl zu einer (ggf. doppelten) Berücksichtigung von Erträgen.

Zu § 4k Abs. 5 EStG

Für importierte Besteuerungsinkongruenzen sieht Abs. 5 ein Abzugsverbot vor, soweit die Inkongruenz nicht auf einer der vorigen Stufen beseitigt wurde. Hier führt das BMF-Schreiben aus, dass die unmittelbar und mittelbar aus den Aufwendungen resultierenden Erträge solche sind, die aus Leistungsbeziehungen entstehen, ohne dass es dabei auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang oder Veranlassungszusammenhang ankommt (Rz. 95). Diesen Erträgen stehen Aufwendungen „gegenüber“, wenn eine Verrechnung der jeweiligen Aufwendungen mit den Erträgen möglich ist (Rz. 97). Bei der Prüfung der Aufwendungen in mehrstufigen Leistungsketten ist dabei eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten (Rz. 104), die sich vom unmittelbaren Gläubiger des deutschen Steuerpflichtigen durch die Kette der mittelbaren Gläubiger zieht, auf deren Ebene eine hypothetische Anwendung der Absätze 1 bis 4 durchzuführen ist. Versagen sowohl Deutschland als auch – auf derselben Ebene – ein anderer Staat einen Abzug von Aufwendungen nach den Regeln für importierte Besteuerungsinkongruenzen soll eine anteilige Aufteilung des Abzugsverbots erfolgen (Rz. 116, 117).

Beweislast

Zur Beweislastverteilung verweist das BMF auf die allgemeinen Grundsätze. Da das Abzugsverbot eine steuererhöhende Tatsache ist, obliegt der Feststellungslast der Finanzverwaltung, wobei auf die erhöhte Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen hingewiesen wird (Rz. 119). Als möglicherweise vorzulegenden Unterlagen nennt das BMF-Schreiben u.a. Unterlagen aus der Buchhaltung der beteiligten Rechtsträger und Auskünfte der ausländischen Finanzbehörde über die Behandlung des konkreten Sachverhalts im Ausland (Rz. 121). Für die Ausnahmetatbestände, also insbesondere die doppelt berücksichtigten Erträge, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast (Rz. 122), der Beweisvorsorge zu treffen hat (Rz. 123).

Fundstellen

BMF, Betriebsausgabenabzugsverbot bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG), Entwurfsschreiben vom 13.07.2023

BMF, Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG), Schreiben vom 05.12.2024
 

Ihr Ansprechpartner

Alexander Linn
Partner

allinn@deloitte.de
Tel.: +4989290368558

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