BZSt: Neues Merkblatt zur Entlastungsberechtigung von der deutschen Abzugsteuer vom Kapitalertrag
Kürzlich hat das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ein Merkblatt zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG bei Freistellungs- und Erstattungsanträgen auf Entlastung von deutscher Abzugsteuer vom Kapitalertrag veröffentlicht. Das BZSt lockert seine bisherige Auffassung im Hinblick auf die persönliche Entlastungsberechtigung und auf die Anwendung der Börsenklausel.
BZSt, Merkblatt zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG vom 17.03.2025
Hintergrund
Ausländische Empfänger (Gläubiger) von Kapitalerträgen können unter bestimmten Voraussetzungen Entlastungen von der deutschen Abzug- bzw. Kapitalertragsteuer erlangen. Für den teilweisen oder vollständigen Entlastungsanspruch sind grundsätzlich die Vorschriften des § 50d Abs. 3 EStG zu berücksichtigen. Die Norm enthält Regelungen zur Vermeidung von sog. "Treaty Shopping"-Gestaltungen, bei denen ausländische Gesellschaften mit geringer wirtschaftlicher Substanz lediglich zur Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen zwischengeschaltet werden.
Gesetzliche Grundlage
Gemäß § 50d Abs. 3 S. 1 EStG hat eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse auf der Grundlage eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keinen Anspruch auf Entlastung von der Kapitalertragsteuer und vom Steuerabzug nach § 50a, soweit
1. Personen an ihr beteiligt (…) sind, denen dieser Anspruch nicht zustünde, wenn sie die Einkünfte unmittelbar erzielten, und
2. die Einkunftsquelle keinen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse aufweist; (…)
Satz 1 findet keine Anwendung, soweit die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, oder wenn mit der Hauptgattung der Anteile an ihr ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet.
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat im März 2025 ein neues Merkblatt zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG bei Anträgen nach § 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Freistellung) und Abs. 3 (Erstattung) EStG auf Entlastung von deutscher Abzugsteuer vom Kapitalertrag veröffentlicht. Dieses Merkblatt ist mit dem Bundesministerium der Finanzen abgestimmt. Es ergeben sich praxisrelevante Änderungen in Bezug auf die persönliche Entlastungsberechtigung und auf die Anwendung der Börsenklausel.
Merkblatt zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG
Im Folgenden haben wir einen Überblick über ausgewählte Aspekte des neuen Merkblatts zur Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG erstellt.
Persönliche Entlastungsberechtigung
Bisher hatte das BZSt unter Berufung auf die Gesetzesbegründung zum Abzugsteuerentlastungs-modernisierungsgesetz (siehe auch AbzStEntModG vom 02.06.2021, BGBl. I 2021, S. 1259, siehe Deloitte Tax-News) die Auffassung vertreten, dass die Antragstellerin Anspruch auf Entlastung hat, soweit die an ihr beteiligten Personen nach derselben Rechtsgrundlage entlastungsberechtigt wären. An dieser Auffassung hält das BZSt nicht weiter fest. Nach dem neuen Merkblatt reicht nun eine Entlastungsberechtigung dem Grunde nach – unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage diese Entlastungsberechtigung beruht. Eine Einschränkung des Entlastungsanspruchs soll künftig nur noch der Höhe nach erfolgen, wenn die Beteiligten einen geringeren Entlastungsanspruch hätten. Das BZSt verweist dazu auf das BMF-Schreiben vom 24.01.2012 (Tz. 4.2).
Sachliche Entlastungsberechtigung
Eine sachliche Entlastungsberechtigung der Antragstellerin liegt vor, soweit die Einkunftsquelle (also die Beteiligung, für die der Kapitalertrag gezahlt wird und welcher der Antragstellung zugrunde liegt) einen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit der Antragstellerin aufweist.
Soweit die sachliche Entlastungsberechtigung der Antragstellerin geltend gemacht wird, ist nachzuweisen, dass die Antragstellerin ihre Tätigkeit mit einem für den Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausübt. Hierfür sind Nachweise insbesondere in Bezug auf das Vorhandensein qualifizierten Personals, Geschäftsräume und technische Kommunikationsmittel erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 20.03.2002, I R 38/00).
Main-Benefit-Test
Gemäß § 50d Abs. 3 S. 2 1. HS EStG wird der Entlastungsanspruch nicht eingeschränkt, soweit die Antragstellerin nachweist, dass keiner der Hauptzwecke ihrer Einschaltung die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist. Die Nachweispflicht dafür, dass die Erlangung eines steuerlichen Vorteils kein Hauptzweck für die Einschaltung der Antragstellerin ist, liegt bei der Antragstellerin.
Börsenklausel
Gemäß § 50d Abs. 3 S. 2 2. HS EStG (Börsenklausel) gilt die Vermutung des steuerlichen Missbrauchs als widerlegt, wenn mit der Hauptgattung der Anteile der Antragstellerin ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer anerkannten Börse stattfindet. Diese Regelung gilt auch, solange eine zu 100 % mittelbar oder unmittelbar an der Antragstellerin beteiligte Gesellschaft existiert, deren Hauptgattung der Anteile ebenfalls an einer anerkannten Börse gehandelt wurde.
Auch in Bezug auf die Börsenklausel hatte das BZSt bisher die Auffassung vertreten, dass die Börsenklausel auf nachgelagerter Beteiligungsebene nur dann Anwendung findet, wenn der Beteiligte einen Entlastungsanspruch auf derselben Rechtsgrundlage hatte. Daran hält das BZSt nicht mehr fest. Nach dem neuen Merkblatt setzt die Anwendung der Börsenklausel lediglich voraus, dass bei mittelbarer Beteiligung auch sämtliche zwischengeschaltete Gesellschaften im Vergleich zur Antragstellerin einen identischen oder höheren Entlastungsanspruch hätten.
Betroffene Normen
§ 50d Abs. 3 EStG
Anmerkung
Englischsprachiger Beitrag
Der englischsprachige Beitrag in den German Tax & Legal News enthält noch weitere Informationen zu diesem Thema.
Fundstelle
Weitere Fundstellen
BMF, Schreiben vom 24.01.2012, BStBl. I 2012, S. 171, siehe auch Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.03.2002, I R 38/00, BStBl. II 2002, S. 819
