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19.02.2018
Internationales Steuerrecht

China veröffentlicht neue Regel zur Bestimmung des Nutzungsberechtigten von Doppelbesteuerungsabkommen

 Am 03.02.2018 veröffentlichte die chinesische Finanzverwaltung „State Administration of Taxation“ die Bekanntmachung [2018] Nr. 9 zur Bestimmung des Nutzungsberechtigten für Dividenden, Zinsen und Lizenzeinnahmen von Doppelbesteuerungsabkommen und stellt somit die Voraussetzungen für die nach jeweiligem DBA begünstigte Besteuerung von den aus der Volksrepublik China stammenden Dividenden, Zinsen und Lizenzeinnahmen eines nicht in China ansässigen Zahlungsempfängers klar.

Hintergrund

 Die chinesische Finanzverwaltung „State Administration of Taxation“ („SAT“) hat am 03.02.2018 die Bekanntmachung bezüglich des Nutzungsberechtigten von Doppelbesteuerungsabkommen „DBA“ („SAT Bekanntmachung [2018] Nr. 9“) veröffentlicht. Dies ist Teil der Umsetzung von OECD BEPS Maßnahme Nr. 6 („Base Erosion and Profit Shifting“) zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch. Eine Auslegung der SAT zu der Bekanntmachung Nr. 9 wurde anschließend am 06.02.2018 bekanntgegeben. Diese ausführliche Auslegung stellt anhand zahlreicher Beispiele den Anwendungshinweis für den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung dar, damit die Bekanntmachung Nr. 9 gewisse steuerrechtliche Sicherheit und Durchführbarkeit in der Praxis gewinnt.

Die Bekanntmachung Nr. 9 wird gültig ab dem 01.04.2018 und ersetzt dann die bisher relevanten Regelungen Guoshuihan [2009] 601 und die SAT Bekanntmachung [2012] Nr. 30.

Anwendungsfälle

 Ein nicht in China ansässiger Steuerpflichtiger unterliegt einer abkommensbegünstigten Besteuerung für die aus China stammenden Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, wenn ein DBA zwischen China und dem Staat des Zahlungsempfängers abgeschlossen ist. Gemäß dem aktuellen DBA zwischen China und Deutschland beträgt der Quellensteuersatz 10% für Zinsen. Für Dividenden und Lizenzgebühren betragen die reduzierten Quellensteuersätze 5% bzw. 6% unter bestimmten Voraussetzungen. Hinsichtlich des DBA mit China, das am 01.01.2017 in Kraft trat, verweisen wir auf den Beitrag in den Deloitte Tax-News.

Diese Abkommensbegünstigung setzt voraus, dass der Zahlungsempfänger von den chinesischen Steuerbehörden als „Nutzungsberechtigter“ ("Beneficial Owner") angesehen wird.

Allgemeine Regelungen zur Bestimmung der Identität eines Nutzungsberechtigten

 Im Einklang mit Guoshuihan [2009] 601 definiert die Bekanntmachung Nr. 9 den Begriff „Nutzungsberechtigter“ als eine Partei, die Einkommen und/oder die aus diesem Einkommen entstehenden Rechte/Eigentum besitzt oder kontrolliert.

Grundsätzlich ist von Fall zu Fall zu beurteilen, ob ein nicht in China ansässiger Zahlungsempfänger ein Nutzungsberechtigter im Sinne des DBA ist. Die Bekanntmachung Nr. 9 listet 5 Negativfaktoren auf, welche die Anerkennung eines Zahlungsempfängers als Nutzungsberechtigten verhindern können:

  • Der Zahlungsempfänger ist verpflichtet, mehr als 50% der Einkünfte innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt des Einkommens an eine im Drittland oder -region ansässige Partei zu bezahlen. Dasselbe gilt, wenn zwar keine vertragliche Verpflichtung besteht, aber eine tatsächliche Zahlung innerhalb von 12 Monaten erfolgt (zum Beispiel auch bei Gewährung von Darlehen an verbundene Unternehmen).
  • Der Zahlungsempfänger führt keine sog. substantielle Geschäftstätigkeit durch. Die Bekanntmachung Nr. 9 definiert Herstellung, Handeln, Management und andere Geschäftstätigkeiten mit Substanz als substantielle Geschäftstätigkeiten. Ob die Geschäftstätigkeiten als substantiell anzusehen sind, hängt von den ausgeübten Funktionen und übernommenen Risiken durch den Zahlungsempfänger ab. Ferner sind die Personal- und Vermögensausstattung des Zahlungsempfängers auch in Betracht zu ziehen. So kann durchaus auch eine Management- oder Beteiligungsgesellschaft als Unternehmen mit substantieller Geschäftstätigkeit anerkannt werden. Unternehmen, die außer Management- und Beteiligungsaktivitäten noch weitere Geschäftstätigkeiten ausführen, sind nicht als Unternehmen mit substantiellen Geschäftstätigkeiten anzuerkennen, wenn die Tätigkeiten nicht erheblich sind sowie in dem Fall, dass sonstige Geschäftstätigkeiten nicht erkennbar sind.
  • Das relevante Einkommen wird vom DBA-Vertragsstaat nicht besteuert oder freigestellt, oder mit einem niedrigen effektiven Steuersatz besteuert.
  • Zusätzlich zum Darlehensvertrag, durch den der Zahlungsempfänger Zinseinnahmen erzielt, besteht ein weiterer Darlehensvertrag ("Back-to-back") mit einem Dritten, der in Hinsicht auf allgemeine Bedingungen, Zinssätze, Ausgabedatum oder andere Aspekte ähnlich dem erstgenannten Vertrag ist.
  • Neben einer Lizenzvereinbarung (z.B. für ein Urheberrecht, Patent oder eine Technologie), durch welche Lizenzeinnahmen erzielt werden, hat der Zahlungsempfänger einen weiteren Vertrag ("Back-to-back") mit einem Dritten in Bezug zur Eigentums- oder Nutzungsrechtsübertragung für die betreffenden Urheberrechte, Patente oder Technologien.

Erweiterung der „Safe-Harbour“ Regelungen

 Im Vergleich zur alten Bekanntmachung Nr. 30 gibt die Bekanntmachung Nr. 9 ein breiteres Spektrum für automatisch qualifizierte Personen an. Nach Artikel 4 der Bekanntmachung Nr. 9 ist ein Zahlungsempfänger ohne Prüfung der wesentlichen Geschäftstätigkeiten als ein Nutzungsberechtigter von den in China generierten Dividenden anzusehen, wenn der Steuerpflichtige:

  • ein staatliches Organ im Vertragsstaat des DBA ist;
  • ein börsengehandeltes Unternehmen im Vertragsstaat ist;
  • eine natürliche Person im Vertragsstaat ist; oder
  • direkt oder indirekt zu 100% von einer oder mehreren obengenannten automatisch qualifizierten Parteien gehalten wird. Alle zwischengeschalteten Unternehmen müssen im Falle einer indirekten Beteiligung in China oder dem Vertragsstaat ansässig sein.

Zur Vermeidung von Missbrauch schreibt die Bekanntmachung Nr. 9 eine Haltefrist der Beteiligung für die Anwendung der „Safe-Harbour“ Regelungen vor. Die betroffenen Beteiligungen müssen bereits vor Erhalt der Dividenden für 12 Monate ununterbrochen gehalten worden sein.

„Pass-Through“ Schema für Dividenden

 Bemerkenswerterweise führt die Bekanntmachung Nr. 9 ein Schema ein, das auch den ausländischen Empfängern der Dividenden, die nicht selbst die Voraussetzungen für einen Nutzungsberechtigten erfüllen, die Abkommensbegünstigung für deren in China generierten Dividenden gewährt.

So kann ein Steuerpflichtiger, der die geforderten Kriterien nicht selbst erfüllt, von den Abkommensbegünstigungen profitieren und als Nutzungsberechtigter angesehen werden, wenn i) der Steuerpflichtige direkt oder indirekt zu 100% von einer Person („100% Anteilseigner“) gehalten wird, die nach den Vorgaben als Nutzungsberechtigter eingestuft wird und ii) eine der folgenden zwei Voraussetzungen erfüllt ist:

  • Der 100% Anteilseigner ist im selben Land ansässig wie der Steuerpflichtige; oder
  • Der 100% Anteilseigner und alle Zwischengesellschaften zwischen dem Nutzungsberechtigten und dem Steuerpflichtigen müssen eine zusätzliche Voraussetzung erfüllen, wenn er nicht im selben Land wie der Steuerpflichtige ansässig ist. Die zusätzliche Voraussetzung gilt als erfüllt sobald der 100% Anteilseigner und alle Zwischengesellschaften gleiche oder bessere Abkommensvorteile erhalten als der Steuerpflichtige gemäß dem jeweiligen DBA oder anderen Abkommen mit China.

Die Haltefrist von 12 Monaten gilt auch für die betreffenden Beteiligungen für die Anwendung des „Pass-Through“ Schemas.

Prüfungsschema der Voraussetzungen für einen Nutzungsberechtigten in Bezug auf Dividenden

 Das folgende Schaubild dient dem Gedankengang für die Beurteilung, ob ein Steuerpflichtiger als Nutzungsberechtigter für Dividenden anerkannt werden kann.

Erforderliche Dokumentation

 Laut Artikel 7 der Bekanntmachung Nr. 9 können die lokalen Steuerbehörden insbesondere die Abgabe der Ansässigkeitsbescheinigung über den steuerlichen Sitz für das abgelaufene oder aktuelle Steuerjahr anfordern. Dasselbe gilt für die betreffenden Zwischengesellschaften bei der „Safe-Harbour“ Regelung und dem „Pass-Through“ Schema.

Anmerkungen

 Ferner stellt die Bekanntmachung Nr. 9 klar, dass eine Agenten-Struktur die Anerkennung von Nutzungsberechtigten nicht beeinflusst.

Die Bekanntmachung Nr. 9 ist sehr praxis-relevant für deutsche Investoren, die Dividenden, Zinsen und Lizenzeinnahmen von chinesischen Unternehmen erhalten. Es ist empfehlenswert, die Beteiligungsstrukturen und Strukturen der Transaktionen mit verbundenen chinesischen Unternehmen anhand der neuen „Safe-Harbour“ Regelungen und des „Pass-Through“ Schemas zu prüfen und die neuen Regeln für die künftige Planung von Zahlungsströmen zu berücksichtigen.

Ihre Ansprechpartner

Jobst Wilmanns
Partner

jwilmanns@deloitte.de
Tel.: 069 75695-6243

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clschuermann@deloitte.com.hk
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