EU Kommission: Freier Kapitalverkehr bei Immobiliengewinnen eingeschränkt
Die EU Kommission hat am 14.11.2024 entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Der freie Kapitalverkehr sei aufgrund der diskriminierenden steuerlichen Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien eingeschränkt.
Hintergrund
Die Vorschrift des § 6b EStG ermöglicht einen Steueraufschub für Veräußerungsgewinne aus bestimmten Vermögenswerten, indem es Unternehmen gestattet, die Veräußerungsgewinne von den Anschaffungskosten für in den Folgejahren erworbene neue Vermögenswerte abzuziehen. Zu den begünstigten Wirtschaftsgütern zählen u.a. Grund und Boden sowie Gebäude, die mindestens sechs Jahre ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört haben.
Mit Urteil vom 16.04.2015 (C-591/13) hatte der EuGH entschieden, dass die Beschränkung der Übertragung stiller Reserven durch § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG auf die Anschaffung oder Herstellung von Ersatzwirtschaftsgütern, die einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, gegen das Unionsrecht verstößt. Mit dem Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015 (BGBl. I 2015, Nr. 43, S. 1834, siehe auch Deloitte Tax-News) wurde auf diese Rechtsprechung mit der Einfügung des § 6b Abs. 2a EstG reagiert. § 6a Abs. 2a S. 1 EStG ermöglicht eine Stundung der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer, wenn die stillen Reserven auf Ersatzwirtschaftsgüter übertragen werden, die einem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zuzuordnen sind.
Auffassung der EU Kommission
Die EU Kommission hat am 14.11.2024 entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Nach Auffassung der EU Kommission ist der freie Kapitalverkehr aufgrund der diskriminierenden steuerlichen Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien eingeschränkt.
Während bei nach deutschem Recht gegründeten Unternehmen ein Steueraufschub für reinvestierte Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von deutschen Immobilien gewährt wird (Annahme einer Betriebsstätte in Deutschland, selbst wenn sie in Deutschland keiner gewerblichen Tätigkeit nachgehen), werde bei vergleichbaren nach dem Recht eines anderen EU- oder eines EWR-Mitgliedstaats gegründeten Unternehmen kein Steueraufschub für reinvestierte Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von deutschen Immobilien gewährt. Diese unterschiedliche Behandlung stellt nach der EU Kommission eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) dar, für die die Kommission keine überzeugende Rechtfertigung finden konnte.
Hinsichtlich der Anforderung einer Reinvestition von Veräußerungsgewinnen stellt die EU Kommission fest, dass die frühere Bestimmung des deutschen Steuerrechts, wonach neu angeschaffte Anlagegüter einer in Deutschland gelegenen Betriebsstätte zugeordnet werden, vom Gerichtshof der Europäischen Union bereits als Verstoß gegen das EU-Recht gewertet wurde (siehe C-591/13, Kommission/Deutschland).
Fundstelle
EU Kommission, Pressemitteilung vom 14.11.2024
Anmerkung
Für weitere Informationen, siehe auch den englischsprachigen Beitrag von Deloitte UK.