EU Kommission: Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert
Dezember 2021: Am 22.12.2021 veröffentlichte die EU Kommission einen EU-Richtlinienentwurf zur globalen Mindestbesteuerung ("Pillar 2") (siehe Deloitte Tax News) und einen EU-Richtlinienentwurf zur Bekämpfung der missbräuchlichen Nutzung von Briefkastenfirmen ("ATAD 3") (siehe Deloitte Tax News).
EU Kommission, Pressemitteilung vom 22.12.2021 (Pillar 2)
EU Kommission, Pressemitteilung vom 22.12.2021 (ATAD 3)
Mai 2021: In der „Mitteilung zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“ vom 18.05.2021 hat die EU Kommission Ziele beschrieben und auch konkrete Maßnahmen für die nächsten Monate und Jahre angekündigt. Neben neuen Reporting-Pflichten für große Unternehmen sind im Kampf gegen Steuermissbrauch verschärfte Regelungen für Briefkastengesellschaften als auch ein neuer Vorschlag für eine gemeinsame steuerliche Bemessungsgrundlage für Unternehmen in der EU vorgesehen.
Hintergrund
Die EU Kommission hatte bereits am 15.07.2020 ein Steuerpaket für eine faire und einfache Besteuerung veröffentlicht (siehe Deloitte Tax News) und darin u.a. angekündigt, dass die EU Kommission noch vor Ende des Jahres 2020 in einem Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert die nächsten Schritte darlegen wird. Ziel war schon damals eine tief greifende Reform des Körperschaftsteuersystems im Einklang mit unserer modernen und zunehmend digitalisierten Wirtschaft.
In dem Informationsblatt der EU Kommission vom 04.03.2021 (siehe Deloitte Tax News) wurden bereits erste Ziele der Initiative (u.a. mittelfristige Agenda für die Unternehmensbesteuerung in der EU) und das Umfeld (u.a. COVID-19-Pandemie, steuerliche Herausforderungen aufgrund einer zunehmenden Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaft, neue Steuervermeidungsstrategien, Diskussionen auf OECD-Ebene hinsichtlich einer Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung) erläutert und eine Mitteilung für das zweite Quartal 2021 angekündigt.
Am 18.05.2021 hat nun die EU Kommission die angekündigte Mitteilung („Communication“) mit dem Titel „Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“ an das Europäische Parlament und den Rat veröffentlicht.
Mitteilung der EU Kommission vom 18.05.2021
Die o.g. Mitteilung enthält einen Art Arbeits- und Zeitplan der EU Kommission zu konkreten Maßnahmen, die im laufenden und in den nächsten Jahren erfolgen sollen.
Überblick über die angekündigten Maßnahmen:
1. Ziel: „Grüne Besteuerung“:
- „Reform der Richtlinie 2003/96/ EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom („Energy Taxation Directive“);
- Vorschlag eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus („Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)“) im Rahmen des „Fit for 55 package“: angekündigt für Juli 2021
- Vorschlag für ein überarbeitetes EU-Emissionshandelssystem („EU Emissions Trading System (ETS)“: angekündigt für Juli 2021
2. Ziel: Berücksichtigung einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft bei der Besteuerung:
- Vorschlag einer sog. Digitalabgabe (siehe auch Informationsblatt der EU vom 14.01.2021, Deloitte Tax News), die unabhängig von den Entwicklungen auf OECD-Ebene zu dem zwei-Säulen-Modell („Pillar 1 and 2“) ein- und fortgeführt werden soll: angekündigt für Juli 2021
- Vorschlag einer Richtlinie zur Umsetzung der Säule 1 („Pillar 1“), die die Ausweitung und Neuverteilung von Besteuerungsrechten zwischen Ansässigkeits- und Marktstaaten vorsieht (für weitere Informationen siehe unten, unter „weitere Beiträge“ „zum Thema Pillar 1 und 2“): nach Abschluss der Arbeiten auf OECD-Ebene (voraussichtlich Mitte 2021)
- Vorschlag einer Richtlinie zur Umsetzung der Säule 2 („Pillar 2“), die eine globale Mindestbesteuerung vorsieht (für weitere Informationen siehe unten, unter „weitere Beiträge“ „zum Thema Pillar 1 und 2“), und ggfs. Folge-Anpassungen an bestehenden Richtlinien, wie beispielsweise der Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD) (insbesondere bei der Hinzurechnungsbesteuerung), ggfs. Verabschiedung der geänderten Zins- und Lizenzrichtlinie (COM (2011) 714 final) und eine entsprechende Anpassung der Liste der EU über nicht kooperative Länder und Gebiete für Steuerzwecke dahingehend, ob Drittstaaten eine Mindestbesteuerung nach dem Muster der Säule 2 haben: nach Abschluss der Arbeiten auf OECD-Ebene (voraussichtlich Mitte 2021)
3. Ziel: Bessere Transparenz bzw. Fortschritte bei der Bekämpfung von Steuerbetrug:
- Vorschlag zur verpflichtenden Offenlegung der effektiven Steuersätze, die von großen Unternehmen in der EU gezahlt werden (basierend auf der Methodik der Säule 2, über die derzeit auf OECD Ebene noch diskutiert wird): angekündigt für das Jahr 2022
- Vorschlag zur Bekämpfung des steuerlichen Missbrauchs von „Mantel-“ bzw. „Briefkasten“-Gesellschaften durch eine neue Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD 3), der neue Offenlegungspflichten und die Versagung von steuerlichen Vorteilen für bestimmte Gesellschaften vorsehen soll: angekündigt für das 4. Quartal 2021
4. Ziel: Wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie:
- Empfehlung an die EU-Mitgliedsstaaten zur Einführung eines Verlustrücktrags zur Abmilderung der Auswirkungen der Covid-19-Krise, vor allem für kleine und mittelgroße Unternehmen (siehe auch Empfehlung (EU) 2021/801 der Kommission vom 18.05.2021 zur steuerlichen Behandlung von Verlusten während der COVID-19-Krise)
- Vorschlag zu steuerlichen Abzugsmöglichkeiten bei Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierungen mit dem Ziel die steuerliche Ungleichbehandlung von Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierungen zu reduzieren und Unternehmen zu ermutigen eine Eigenkapitalfinanzierung zu wählen (sog. „Debt-Equity Bias Reduction Allowance (DEBRA)“): angekündigt für das 1. Quartal 2022
5. Ziel: Einheitliches Unternehmenssteuersystem in Europa:
- Vorschlag eines neuen Regelungssystems für die Unternehmensbesteuerung in Europa („Business in Europe: Framework for Income Taxation (BEFIT)“, welches eine gemeinsame steuerliche Bemessungsgrundlage und eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten (auf Grundlage der Entwicklungen der Säulen 1 und 2 auf OECD-Ebene) beinhalten soll. Im Gegenzug soll der Richtlinienvorschlag für eine gemeinsame (konsolidierte) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) nicht weiterverfolgt werden: angekündigt für 2023.
Es handelt sich hierbei sicherlich um eine ehrgeizige Agenda der EU Kommission, deren weitere Umsetzung, insbesondere aufgrund des Einstimmigkeitsprinzip in der Steuergesetzgebung in der EU, noch nicht gesichert ist, aber weiter verfolgt werden muss.
Fundstellen
EU Kommission, Mitteilung vom 18.05.2021
EU Kommission, Pressemitteilung vom 18.05.2021
EU Kommission, Weitere Informationen zur Mitteilung “Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert“
Weitere Informationen in einem ausführlichen englischsprachigen Beitrag von Deloitte Luxemburg (tax@hand).
Weitere Beiträge
Zum Thema „Pillar 1 und 2“:
- OECD: Tax Report to G20 Finance Minsters and Central Bank Governors vom 07.04.2021 (siehe Deloitte Tax News)
- OECD: Pillar 1 Konzept – Überblick zum Konsultationspapier 2020 (siehe Deloitte Tax News)
- OECD veröffentlicht Vorschlag für einheitlichen Ansatz zur Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle (siehe Deloitte Tax News)
Zum Thema „ATAD“:
- ATAD-UmsetzungsG: Bundestag verabschiedet Gesetz (siehe Deloitte Tax News)
- ATAD II: ECOFIN: Richtlinie zu hybriden Gestaltungen mit Drittländern verabschiedet (siehe Deloitte Tax News)
- ATAD I: ECOFIN: Einigung auf BEPS-Richtlinie (siehe Deloitte Tax News)