EuGH: Organschaft zwischen gebietsansässigen Schwestergesellschaften einer gebietsfremden Muttergesellschaft
Nach luxemburgischen Steuerrecht war es nicht möglich, eine ertragsteuerliche Organschaft zwischen inländischen Schwestergesellschaften (horizontale Organschaft) einer gebietsfremden Muttergesellschaft zu bilden. Diese Vorschrift des luxemburgischen Steuerrechts verstößt nach dem EuGH gegen die Niederlassungsfreiheit. Mit Urteil vom 14.05.2020 bestätigt der EuGH seine bisherige Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 12.06.2014, C-39/13 (SCA Group Holding BV)).
Sachverhalt
Die Gesellschaften B, C und D sind in Luxemburg steuerlich ansässige Schwestergesellschaften einer in Frankreich steuerlich ansässigen Muttergesellschaft A. Die Gesellschaften B, C und D beantragten bei dem luxemburgischen Finanzamt die Bildung einer (horizontalen) Organschaft zwischen den Schwestergesellschaften für die Steuerjahre 2013 und 2014.
Das luxemburgische Finanzamt lehnte diesen Antrag ab.
Nach den Vorschriften des luxemburgischen Steuerrechts, die für die o.g. Streitjahre Anwendung finden, setzt eine Organschaft zwischen unbeschränkt steuerpflichtigen gebietsansässigen Kapitalgesellschaften eine unbeschränkt steuerpflichtige gebietsansässige Muttergesellschaft oder eine inländische Betriebsstätte einer gebietsfremden Muttergesellschaft voraus.
Erst ab dem Steuerjahr 2015 gilt eine geänderte Rechtslage in Luxemburg, die eine horizontale Organschaft zwischen gebietsansässigen Tochtergesellschaften einer EU/EWR-Muttergesellschaft möglich macht.
Anmerkungen
Der EuGH bestätigt mit der o.g. Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung (vgl. EuGH-Urteil vom 12.06.2014, C-39/13 (SCA Group Holding BV)). Mit Urteil vom 12.06.2014 hatte der EuGH bei den niederländischen steuerlichen Regelungen zur Organschaft bereits ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit bejaht, da diese bei einer gebietsansässigen Muttergesellschaft, die gebietsansässige Tochtergesellschaften hält, Anwendung finden, während der Anwendungsbereich bei gebietsansässigen Schwestergesellschaften, deren gemeinsame Muttergesellschaft weder ihren Sitz noch eine Betriebstätte in diesem Mitgliedstaat hat, nicht eröffnet ist.
Fraglich ist, welche Auswirkungen das o.g. Urteil des EuGH auf die deutschen Organschaftsregelungen hat. Schon länger wird kontrovers diskutiert, ob die deutschen Organschaftsregelungen EU-rechtskonform sind. Das System der deutschen Organschaft unterscheidet sich u.a. durch das Erfordernis einen Ergebnisabführungsvertrag abzuschließen von anderen Gruppenbesteuerungskonzepten. In jedem Fall erhöht die o.g. Entscheidung des EuGH den Druck die deutschen Organschaftsregelungen zu reformieren.
Fundstelle
EuGH, Urteil vom 14.05.2020, C-749/18
Weitere Fundstelle
EuGH, Urteil vom 12.06.2014, C-39/13 (SCA Group Holding BV)
