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24.03.2023
Internationales Steuerrecht

FG Köln: Erstattung von Kapitalertragsteuer bei Dividenden an eine US-amerikanische S-Corporation

Die in den USA ansässigen Gesellschafter einer S-Corporation haben -unter Anwendung der einschlägigen Regelungen des DBA-USA - Anspruch auf die vollständige Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer auf Gewinnausschüttungen der deutschen Tochtergesellschaft. Dem 2013 eingeführten § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) kommt lediglich eine verfahrensrechtliche Wirkung zu.

Sachverhalt

Eine Kapitalgesellschaft US-amerikanischen Rechts (Klägerin) mit Sitz in den USA hat nach US-Steuerrecht für die Besteuerung als sog. „S-Corporation“ optiert (im Folgenden „S-Corp“) und ist daher in den USA nicht körperschaftsteuerpflichtig; ihre Einkünfte werden bei den in den USA ansässigen Gesellschaftern besteuert. Ihre Gesellschafter sind natürliche Personen sowie Trusts, deren Begünstigte wiederum ausschließlich in den USA ansässige natürliche Personen sind.

Die „S-Corp“ hält seit mehreren Jahren eine 100%-Beteiligung an der A Deutschland Holding GmbH. Die A Deutschland Holding GmbH schüttete unter Einbehalt von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag eine Dividende an die „S-Corp“ aus. Die „S-Corp“ beantragte die vollständige Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Tatsächlich gewährt wurde lediglich eine Quellensteuerreduktion von 15%. Eine weitergehende Erstattung (auf 0% Quellensteuer) wurde mit der Begründung versagt, dass aufgrund der Einführung des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) die Vergünstigung nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. a) DBA-USA nicht beansprucht werden kann.

Gesetzliche Grundlagen und Hintergrund

Nach § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) steht der Anspruch auf völlige oder teilweise Erstattung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag auf Grund eines DBA nur der Person zu, der die Kapitalerträge nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden. Die Regelung wurde mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 (BGBl. 2013 I, S. 1809) eingeführt. Die Regelung soll sicherstellen, dass die Entlastung von Abzugsteuern nur demjenigen ausländischen Antragsteller gewährt wird, dem der andere Staat die Einkünfte oder Gewinne zurechnet. Seit dem Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz vom 02.06.2021 (BGBl. 2021 I, S. 1259, siehe Deloitte Tax News) findet sich die Regelung des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) (unverändert) in § 50d Abs. 11a EStG (n.F.).
 

Entscheidung

Das FG kommt zu dem Schluss, dass ein Anspruch auf die vollständige Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag besteht. Aufgrund der verfahrensrechtlichen Wirkung des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) ist der o.g. Erstattungsanspruch durch die Gesellschafter der „S-Corp“ geltend zu machen.

Berufung auf bisherige BFH-Rechtsprechung

Das FG ist der Auffassung, dass trotz Qualifikation der „S-Corp“ als sog. hybride Gesellschaft Art. 10 Abs. 3 DBA-USA zur Anwendung kommt. Das FG beruft sich dabei auf bisherige BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2013, I R 48/12) zur Abkommensberechtigung und Schachtelprivilegierung einer S-Corporation.
Nach dem BFH ist eine S-Corporation insoweit eine in den USA abkommensberechtigte Person, als die von der Gesellschaft bezogenen Einkünfte in den USA bei ihren in den USA ansässigen Gesellschaftern wie Einkünfte dort Ansässiger besteuert werden (vgl. Art. 1 Abs. 7 DBA-USA). Der S-Corporation ist nach dem BFH infolge ihrer Qualifizierung als juristische Person in Deutschland auch das sog. Schachtelprivileg nach Art. 10 Abs. 2 S. 1 Buchst. a DBA-USA zu gewähren. Allerdings war das BFH-Urteil noch zur Rechtslage vor Einführung des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) ergangen.

Verfahrensrechtliche Wirkung des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.)

Nach dem FG ändere die Regelung in § 50d Abs. 1 S. 11 EStG a.F. nichts an dem - dem Grunde nach bestehenden - Erstattungsanspruch, da dieser Vorschrift keine materiell-rechtliche, sondern (nur) eine verfahrensrechtliche Wirkung zukommt.
Zwar seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.) nach dem Wortlaut erfüllt, da die Kapitalerträge nach US-Steuerrecht nicht der „S-Corp“, sondern ihrer Gesellschafter zugerechnet werden. Dies führe allerdings nicht zu einer betragsmäßigen Verringerung des Erstattungsanspruchs, sondern lediglich verfahrensrechtlich dazu, dass der Anspruch auf Erstattung nur der Person zustehe, der die Kapitalerträge nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaats (hier: den USA) als Einkünfte einer ansässigen Person zugerechnet werden. Für die Einordnung als verfahrensrechtlichtliche Vorschrift sprechen nach dem FG sowohl der Gesetzeswortlaut, die systematische Stellung als auch die Gesetzesbegründung zu § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.).

Das FG betont ausdrücklich, dass sich auch aus der Neufassung der Regelung in § 50d Abs. 11a EStG (n.F.) keine materiell-rechtliche Wirkung der Vorschrift herleiten lässt.

Betroffene Normen

Art. 10 Abs. 2 Buchst. a) i.V.m. Abs. 3 DBA-USA, § 50d Abs. 1 S. 11 EStG (a.F.)
Streitjahr 2013

Anmerkung

Englischsprachiger Beitrag

Den englischsprachigen Beitrag zum o.g. FG-Urteil findet man hier.

Fundstelle

 FG Köln, Urteil vom 16.11.2022, 2 K 750/19; BFH-anhängig: I R 13/23

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 26.06.2013, I R 48/12, BStBl. II 2014, S. 367, siehe auch Deloitte Tax News

 

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