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19.09.2019
Internationales Steuerrecht

Joint Audits: Was ist zu beachten?

Die Art und Weise der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Rahmen von Betriebsprüfungen hat sich in den letzten Jahren gravierend geändert. Diese Entwicklung wird unter den Stichworten „Joint Audit“, „Simultanprüfung“ oder dem Oberbegriff „koordinierte Außenprüfung“ geführt. Insgesamt kann der Trend für den Steuerpflichtigen sehr vorteilhaft sein.  

Im Folgenden werden die wichtigsten Informationen zum Thema „Joint Audits“ in Form einer FAQ-Liste dargestellt. 

Was ist ein Joint Audit?

Ein Joint Audit ist eine gemeinsam durchgeführte Betriebsprüfung von zwei oder mehr Staaten über einen Besteuerungsfall. Dabei können Prüfer auch mit gewissen Einschränkungen im anderen Staat tätig werden und beispielsweise Fragen stellen und Besichtigungen und Interviews durchführen. Details dazu können dem Merkblatt des BMF vom 6. Januar 2017 entnommen werden.

Welche Spielformen gibt es?

Das Joint Audit ist die Spielart mit der engsten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Alternative, abgeschwächte Formen sind die Simultanprüfung (zeitgleich jeweils lokal, aber nicht gemeinsam) sowie die verschiedenen Formen des internationalen Informationsaustauschs.

Mit welchen Staaten ist ein Joint Audit möglich?

Aus deutscher Sicht kommt prinzipiell jeder Staat in Betracht, der seinerseits der Durchführung zustimmt. In der EU sollte dies auf Basis des EU-Amtshilfe Gesetzes grundsätzlich möglich sein und mit der überwiegenden Zahl der EU-Staaten wurden bereits Joint Audits eröffnet (mehrheitlich mit zentraleuropäischen Staaten). Aber auch mit Drittstaaten ist ein Joint Audit möglich, sofern ein entsprechendes Doppelbesteuerungsabkommen besteht oder der andere Staat ebenfalls das Amtshilfeübereinkommen ratifiziert hat - erste Verfahren wurden bereits eröffnet (z.B. USA, Kanada).

Wie viele Joint Audits gibt es?

Bisher wurden rund 200 Fälle mit deutscher Beteiligung eröffnet und ca. 100 Fälle abgewickelt. 

Wie lange dauert ein Joint Audit?

Dies ist sehr fallabhängig und kann von wenigen Wochen bis zu ca. zwei Jahren dauern. Im Durchschnitt kann von einem Jahr ausgegangen werden.

Habe ich als Steuerpflichtiger Einfluss auf den Prozess?

Das Joint Audit kann von einer der beteiligten Steuerverwaltungen initiiert werden. In diesem Fall gibt es praktisch wenig Einfluss auf die Eröffnung dieses Verfahrens, auch wenn deutsche Steuerpflichtige angehört werden und aktive Prüfungshandlungen ausländischer Betriebsprüfer vermeiden können. Der Steuerpflichtige hat zwar kein Antragsrecht, aber die Möglichkeit, ein Joint Audit anzuregen. Die Aussichten auf Eröffnung sind in diesem Fall grundsätzlich gut. Im Rahmen der Prüfung hat der Steuerpflichtige mitzuwirken. Hier ist die Möglichkeit der Mitwirkung vergleichbar einer rein nationalen Betriebsprüfung. Das Ergebnis wird zwischen den Steuerbehörden vereinbart. Insofern hat der Steuerpflichtige gewisse Einsichten, schlussendlich findet die Einigung jedoch ohne den Steuerpflichtigen statt. Sollte der Steuerpflichtige nicht mit dem Ergebnis einverstanden sein, stehen ihm der nationale Rechtsweg und anwendbare Verfahren zur Beseitigung der Doppelbesteuerung – z.B. Verständigungsverfahren – zur Verfügung.

Wie verlässlich ist das Ergebnis?

In der Praxis ist ein im Rahmen eines Joint Audit gefundener Kompromiss sehr belastbar. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ein Staat von dem in der Prüfung festgestellten Sachverhalt und der vereinbarten Würdigung abweicht. 

Was ist mit Folgeperioden?

Das Ergebnis wird nur für den Prüfungszeitraum festgestellt und ist nur für diesen Zeitraum bindend. Eine faktische Bindung gibt es aus praktischer Sicht für Folgeperioden, wenn der Sachverhalt unverändert bleibt. Es ist grundsätzlich möglich, über das Ergebnis für Folgeperioden ein auch rechtlich bindendes Vorabverständigungsverfahren durchzuführen. Da die Sachverhaltsermittlung entfällt und das Ergebnis schon feststeht, ist dieses viel schneller und kostengünstiger zu erreichen, als ein klassisches Vorabverständigungsverfahren, wo diese Prozesse noch durchlaufen werden müssen.

Was ist, wenn die BP noch nicht ansteht?

In vielen Fällen hängt die Betriebsprüfung in Deutschland ausländischen Prüfungen hinterher. Gleichwohl kann der Steuerpflichtige ein Joint Audit für eine spezifische Transaktion, die ihm am Herzen liegt, anregen. Dann würde die Betriebsprüfung insoweit vorgezogen. Man ist also nicht an den klassischen Betriebsprüfungszyklus gebunden. Die Steuerbehörde wird dann die relevanten Sachverhalte vorab prüfen und die allgemeine Betriebsprüfung „nachziehen“. 

Was sind die Vorteile eines Joint Audit?

Die Vorteile eines Joint Audit sind vielfältig:

  • Das Verfahren ist recht pragmatisch, kooperativ und baut Vertrauen auf.
  • Kritische Fälle können zeitnah gelöst werden. Dadurch werden Zinsen, Verjährungsprobleme und der zwischenzeitliche Verlust von Informationen vermieden.
  • Abgestimmte Fragen und einmalige Sachverhaltsaufbereitung reduzieren Arbeitsaufwand. Gleichzeitig ist das Verfahren lösungsorientiert und nicht primär auf den Aufbau von Positionen gerichtet.
  • Die Sichtweise des anderen Staates wird gleich einbezogen, so dass der Aufbau von Extrempositionen in der Regel vermieden wird. Gleichzeitig sind alle Beteiligten von Anfang an einbezogen.
  • Die tatsächliche Sicht auf die Verhältnisse im anderen Staat (Anlagen, Personal) kann Augen öffnen und Vermutungen oder Annahmen ersetzen.
  • Ergebnis ist die Feststellung eines abgestimmten Sachverhaltes. Dadurch wird der Sachverhalt künftig faktisch gelöst oder kann zumindest einem schlanken Vorabverständigungsverfahren zugeführt werden.
  • Dieses Verfahren hat starken politischen Rückenwind. So werden einerseits Ressourcen in Bund und Ländern aufgebaut und andererseits können bestehende Ressourcen der Betriebsprüfung (priorisiert) genutzt werden.

Welche Nachteile hat ein Joint Audit?

Ein Joint Audit führt wie jeder Informationsaustusch zu erhöhter Transparenz. Zudem haben Steuerbehörden durchaus unterschiedliche Prüfungsansätze, die in Einklang zu bringen sind. Beispielsweise setzt die deutsche Betriebsprüfung vor allem auf Dokumente und Unterlagen, während in anderen Staaten die Befragung von Mitarbeitern eine gehobene Bedeutung haben kann. Dies kann auch einen Mehraufwand bedeuten. Zudem erfolgt die Prüfung geballt in zwei oder mehr Staaten, was die Organisation sehr belasten kann, auch wenn das Verfahren in einer Gesamtschau effektiver ist.

Für welche Fälle bietet sich ein Joint Audit an?

Ganz grundsätzlich sind Fälle gut geeignet, bei denen es darum geht, einen Sachverhalt transparent und einheitlich festzustellen, also wenn Rechtsfragen nicht im Vordergrund stehen. Zudem sollte der Fall eine gewisse finanzielle Relevanz haben (die allerdings nicht sehr hoch sein muss) und mit einer Unsicherheit behaftet sein, die über das Tagesgeschäft hinausgeht. Folgende Fälle wurden in der Praxis bereits beobachtet:

  • Restrukturierungen
  • Konzerndienstleistungen und Umlageverträge (Pool)
  • Existenz und Ausstattung von Betriebsstätten
  • Verrechnungspreistransaktionen unter Anwendung der Profit Split Methode
  • Finanzierungstransaktionen

Ist ein Joint Audit empfehlenswert?

Wenn der Steuerpflichtige einen Sachverhalt verwirklicht hat, über dessen einheitliche steuerliche Behandlung er zeitnah Sicherheit haben möchte, ist ein Joint Audit sehr empfehlenswert. Hierzu ist es nicht erforderlich, dass der Sachverhalt besonders umfangreich ist. Da das Verfahren noch recht neu und damit formal unbelastet ist, lassen sich auch kleinere Fälle auf dem „kleinen Dienstweg“ lösen.

 

Ihre Ansprechpartner

Christian Schoppe
Partner

cschoppe@deloitte.de
Tel.: +49 69 75695 7272

Markus Kircher
Partner

mkircher@deloitte.de
Tel.: +49 69 75695 7011

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