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19.12.2024
Internationales Steuerrecht

Mindeststeueranpassungsgesetz: 2. Diskussionsentwurf enthält mehr als die Änderung des Mindeststeuergesetzes

​Das BMF hat mit Stand vom 02.12.2024 einen 2. Diskussionsentwurf zum Mindeststeueranpassungsgesetz veröffentlicht. Dieser Entwurf enthält neben den Anpassungen des Mindeststeuergesetzes auch Änderungsvorschläge in anderen Gesetzen, insbesondere dem Einkommensteuergesetz und dem Außensteuergesetz. Damit sollen teilweise Regelungen des sogenannten ATAD I - Gesetzes wieder gestrichen werden. Die vorgeschlagenen Änderungen des Außensteuergesetz sollen sogar rückwirkend Anwendung finden.  

Hintergrund

Das BMF hat mit Stand vom 02.12.2024 einen 2. Diskussionsentwurf zum Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStAnpG) veröffentlicht. Dieser Entwurf enthält neben den Anpassungen des MinStG (siehe Deloitte Tax-News) auch Änderungsvorschläge in anderen Gesetzen, insbesondere dem Einkommensteuergesetz und dem Außensteuergesetz. Die vorgeschlagenen Änderungen des Außensteuergesetzes sollen sogar rückwirkend Anwendung finden.

Wesentliche Inhalte des Diskussionsentwurfes außerhalb der Änderungen des MinStG

Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungsvorschläge des 2. Diskussionsentwurfes in Bezug auf das Einkommensteuergesetz und das Außensteuergesetz dargestellt. 

Abschaffung des Betriebsausgabenabzugsverbots bei Sonderausgaben (§ 4i EStG)

Nach § 4i EStG sind Sonderbetriebsausgaben vom Abzug ausgeschlossen, soweit sie auch die Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat mindern. Das Abzugsverbot findet Anwendung für „double deduction“ Strukturen mit deutschen Mitunternehmerschaften und wurde eingeführt in Reaktion auf die Empfehlungen zu Aktionspunkt 2 (Neutralisierung der Effekte hybrider Gestaltungen) des OECD/G20-Projekts „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)“ (siehe Deloitte Tax-News).

Angesichts der Einführung der umfassenden Anti-Hybrid-Regelung des § 4k EStG mit dem ATADUmsG (siehe Deloitte Tax-News), der den Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen auf Basis der OECD-Empfehlungen sowie in Umsetzung der verbindlichen Vorgaben durch die EU-Anti-Steuervermeidungs-Richtlinie (ATAD) regelt, verbleibt nurmehr ein sehr geringer Anwendungsbereich des § 4i EStG. Aus Sicht des BMF kann diese Vorschrift daher im Sinne eines konsistenten und mit den Vereinbarungen auf internationaler Ebene im Einklang stehenden Regelungskonzeptes zur Neutralisierung von Besteuerungsinkongruenzen entfallen. Es wird die Aufhebung des § 4i EStG ab dem VZ 2025 vorgeschlagen, um Compliance Aufwand zu reduzieren.

Abschaffung der Lizenzschranke (§ 4j EStG)

Durch § 4j EStG sind Aufwendungen für Rechteüberlassungen an nahestehende Personen nicht oder nur anteilig abziehbar, wenn die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger aufgrund einer nicht Nexus-kompatiblen (schädlichen) Präferenzregelung einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 15 % unterliegen. Das BMF hält hier eine Abschaffung für geboten, da der international vereinbarte Übergangszeitraum zur Abschaffung oder Nexus-konformen Anpassung schädlicher Präferenzregelungen zum 30. Juni 2021 abgelaufen und außerdem durch die globale Mindestbesteuerung ein internationales Mindestbesteuerungsniveau von 15 % sichergestellt wird, sodass für eine international nicht abgestimmte Maßnahme wie § 4j EStG zukünftig kein Bedarf mehr bestünde.

Eine Abschaffung der Lizenzschranke hatte des BMF bereits im ursprünglichen Referentenentwurf des Mindestbesteuerungsrichtlinienumsetzungsgesetzes aus dem Juli 2023 vorgeschlagen (siehe Deloitte Tax-News), bereits im Regierungsentwurf aus dem August 2023 wurde anstelle der Abschaffung nur die Absenkung der Niedrigbesteuerungsgrenze auf 15% (einheitlich mit der Hinzurechnungsbesteuerung) vorgesehen.

Entfall der Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter nach § 13 AStG, rückwirkend ab VZ / EZ 2022

§ 13 AStG betrifft die Besteuerung von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter, wenn die Voraussetzungen des § 7 AStG ansonsten nicht erfüllt sind. Es handelt sich somit um eine Hinzurechnungsbesteuerung außerhalb von Beherrschungssituationen (ehemals § 7 Abs. 6, 6a AStG). Diese Besteuerung soll nach dem Vorschlag des Diskussionsentwurfs rückwirkend ab Inkrafttreten des ATADUmsG, also für Hinzurechnungszeiträume ab 2022, entfallen. Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter unterliegen (als normale passive Einkünfte) selbstverständlich weiter der Hinzurechnungsbesteuerung, sofern die Voraussetzungen des § 7 AStG erfüllt sind, insbesondere die in § 7 Abs. 2 AStG definierte Beherrschung gegeben ist.

Zur Begründung für die vorgeschlagene Abschaffung des § 13 AStG verweist das BMF darauf, dass die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung im Fall von Kleinstbeteiligungen regelmäßig zu erheblichen administrativen Schwierigkeiten sowohl auf Seiten der Verwaltung als auch bei den betroffenen Steuerpflichtigen führe. Der Verzicht auf die Regelung würde die Hinzurechnungsbesteuerung auf den wesentlichen Kern zurückführen und sei im Hinblick auf die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der EU nach Ansicht des BMF folgerichtig, da es sich um Regelungen für beherrschte Unternehmen handele, während § 13 AStG auch nicht beherrschende Beteiligungen sanktioniere.

Die vorgeschlagene rückwirkende Abschaffung würde Veranlagungszeiträume betreffen, für die die Abgabefrist für Feststellungserklärungen grundsätzlich bereits abgelaufen ist, soweit nicht allgemein oder im Einzelfall eine Fristverlängerung gewährt wurde. Potenziell betroffene (begünstigte) Steuerpflichtige müssen daher prüfen, wie sie mit dieser Situation und unterschiedlichen Szenarien umgehen. In jedem Fall sollte sichergestellt werden, dass etwaige Feststellungsbescheide (bei bereits erfolgter Abgabe einer Feststellungserklärung) nicht bestandskräftig werden.

Anhebung der relativen und absoluten Freigrenze bei gemischten Einkünften im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 AStG)

§ 9 AStG sieht in der Praxis bislang wenig relevante Freigrenzen bei Zwischengesellschaften, die sowohl aktive als auch passive Einkünfte (gemischte Einkünfte) erzielen, vor. Eine Hinzurechnungsbesteuerung kann dann unterbleiben, wenn (1) bei der Gesellschaft selbst die passiven Einkünfte nicht mehr als 10% der Einkünfte übersteigen und (2) bei dem Steuerpflichtigen dadurch die außer Ansatz zu lassenden Beträge insgesamt (also ggf. aus mehreren Beteiligungen) 80.000 Euro nicht übersteigen. Der Diskussionsentwurf schlägt vor diese beiden Grenzen deutlich zu erhöhen und zwar (1) die gesellschaftsbezogene relative Freigrenze von 10% auf „ein Drittel“ der Einkünfte und (2) die gesellschafterbezogene absolute Freigrenze von derzeit 80.000 Euro auf 250.000 Euro.

Auch diese Änderung soll nach dem Diskussionsentwurf rückwirkend ab dem Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2022 (für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen) zur Anwendung kommen. Es ist zu erwarten, dass damit die praktische Bedeutung der Freigrenze deutlich steigen würde und künftig Compliance-Aufwand reduziert wird. Für den Zeitraum, bis klar ist, ob der Änderungsvorschlag tatsächlich verabschiedet wird, besteht aber auch hier zunächst Unsicherheit für die Steuerpflichtigen.

Weitere Anpassungen in der Hinzurechnungsbesteuerung und im Investmentsteuerrecht

Neben technischen und systematischen Anpassungen des Kürzungsbetrags nach § 11 AStG zur Gleichbehandlung von Organschafts- und Nicht-Organschaftsfällen soll rückwirkend ab dem Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2022 eine Neutralisierung der nach § 8b Absatz 3 und 5 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben für Ausschüttungen aus Zwischengesellschaften und Veräußerungen von Beteiligungen an Zwischengesellschaften erfolgen, wenn Einkünfte bereits der Hinzurechnungsbesteuerung unterlegen haben (§ 11 Absatz 2 und 4 AStG). Dadurch soll zum einen Komplexität reduziert und zum anderen vermieden werden, dass die Steuerpflichtigen neben dem Hinzurechnungsbetrag bei Ausschüttungen zusätzlich mit nicht abziehbaren Betriebsausgaben belastet werden.

Außerdem soll in § 37 Abs. 1 InvStG ergänzt werden, dass Hinzurechnungsbeträge zukünftig nicht mehr in die Ermittlung der Einkünfte nach § 37 Absatz 1 Satz 1 InvStG einbezogen werden sollen. Diese Änderung dient der Gleichstellung mit der Direktanlage, der administrativen Vereinfachung und der Vermeidung einer Schlechterstellung gegenüber ausländischen Spezial-Investmentfonds. Dabei geht es um Fragen der Beherrschung (durch vs. mittelbar über einen Spezial-Investmentfonds), den administrativen Aufwand für die Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch Ermittlung von Minderung- und Kürzungsbeträge nach § 10 Absatz 6 und § 11 AStG sowie die Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischen Spezial-Investmentfonds.

Stand des Verfahrens und weiteres Vorgehen

Im August hatte das BMF bereits eine erste Fassung eines Diskussionsentwurfs zum MinStAnpG veröffentlicht. Die für Anfang November erwartete Veröffentlichung eines Referentenentwurfs ist dann aber dem Bruch der Ampel-Koalition zum Opfer gefallen. Bei dem nun veröffentlichten Entwurf handelt es sich daher erneut nur um einen Diskussionsentwurf, der noch nicht Teil eines offiziellen Gesetzgebungsverfahrens ist. Da jedenfalls hinsichtlich der Umsetzung der OECD-Guidance Handlungsbedarf im MinStG besteht, ist davon auszugehen, dass eine neue Bundesregierung das Verfahren wieder aufgreifen wird und zu Beginn der neuen Legislaturperiode das Verfahren wieder aufnehmen wird. Insbesondere die hier dargestellten Anpassungen sind aber nicht durch international-steuerrechtliche Entwicklungen vorgegeben und können daher im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch Anpassungen unterliegen. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher das weitere Verfahren beobachten und in Abhängigkeit ihrer individuellen Situation die erforderlichen Maßnahmen einleiten.

Fundstelle

Bundesfinanzministerium, Zweiter Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und weiterer Maßnahmen

Ihr Ansprechpartner

Alexander Linn
Partner

allinn@deloitte.de
Tel.: +4989290368558

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