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21.10.2014
Internationales Steuerrecht

OECD: Präsentation der ersten Ergebnisse zum Aktionsplan gegen BEPS

Hintergrund

Am 19.07.2013 hatte die OECD ihren Aktionsplan zu BEPS der Öffentlichkeit vorgestellt (siehe Deloitte Tax-News). Ziel des 15 Maßnahmen umfassenden Aktionsplans ist es, einen einheitlichen auf Konsens beruhenden Standard internationaler Steuerregeln zu schaffen, durch den Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen bekämpft und die Besteuerung von Gewinnen in Übereinstimmung mit den wirtschaftlichen Aktivitäten und der Wertschöpfung des Unternehmens erreicht werden.

Aktuelle Entwicklung

Am 16.09.2014 hat die OECD nun die Ergebnisse zu sieben der 15 Maßnahmen ihres Aktionsplanes vorgestellt. Es handelt sich um zwei Schlussberichte (Maßnahmen Nr. 1 und 15), einen Zwischenbericht (Maßnahme Nr. 5) und vier Berichte mit Entwürfen zu Empfehlungen (Maßnahmen Nr. 2, 6, 8 und 13). Die Berichte zu den restlichen Maßnahmen sollen bis Ende 2015 folgen.

Die vorgestellten Papiere betreffen die Bereiche:

  • Besteuerungsprobleme der digitalen Wirtschaft (Maßnahme Nr. 1)
  • Neutralisierung der Effekte von Hybrid Mismatch Arrangements (Maßnahme Nr. 2)
  • Wirksamere Bekämpfung steuerschädlicher Praktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz (Maßnahme Nr. 5) 
  • Verhinderung von Abkommensmissbrauch (Maßnahme Nr. 6)
  • Richtlinie für Verrechnungspreise bei immateriellen Wirtschaftsgütern (Maßnahme Nr. 8)
  • Richtlinie für die Dokumentation von Verrechnungspreisen und für eine länderbezogene Berichterstattung - Country-by-Country Reporting (Maßnahme Nr. 13)
  • Entwicklung eines multilateralen Instruments zur Abänderung bilateraler Steuerabkommen (Maßnahme Nr. 15)

Der Bericht zu den Besteuerungsproblemen der digitalen Wirtschaft enthält wie schon das Diskussionspapier vom 24.03.2014 (siehe Deloitte Tax-News) keine konkreten Empfehlungen. Ziel des Berichts ist es lediglich, die mit der digitalen Wirtschaft verbundenen Problemfelder aufzuzeigen. Diese werden vor allem in der Bedeutung immaterieller Wirtschaftsgüter und deren Mobilität sowie in der Flexibilität der Unternehmen bei der Wahl des Standorts betrieblicher Funktionen gesehen. Die aufgezeigten Aspekte sollen im Rahmen des allgemeinen Vorgehens gegen BEPS berücksichtigt werden, z. B. bei den Maßnahmen zur Hinzurechnungsbesteuerung, gegen Abkommensmissbrauch und gegen die künstliche Vermeidung von Betriebsstätten. Als mögliche Lösungsansätze nennt der Bericht weiter: 

  • die Begründung eines Besteuerungsrechts bei „wesentlicher digitaler Präsenz“; 
  • die Einschränkung der Ausnahmen vom Betriebsstättentatbestand für bestimmte Vorbereitungs- und Hilfstätigkeiten, die für die digitale Wirtschaft eine hohe Bedeutung haben;
  • die Anwendung der Profit-Split-Methode bei Verrechnungspreisen;
  • die Einführung einer Quellensteuer auf digitale Transaktionen mit Unternehmen;
  • die Einführung einer (anrechenbaren) Bandbreiten-Steuer basierend auf dem Datenvolumen einer Internetseite.

Einen zusätzlichen Handlungsbedarf erkennt der Bericht im Bereich der Umsatzsteuer bei grenzüberschreitenden Lieferungen an Private. Hier soll es eine Zusammenarbeit mit anderen OECD-Initiativen geben.


Die Empfehlungen des Berichts zur Neutralisierung der Effekte von Hybrid Mismatch Arrangements (Maßnahme Nr. 2) gliedern sich in Vorschläge für nationale Regelungen und solche zur Änderung des OECD-Musterabkommens. Mit den Vorschlägen sollen steuermindernde Effekte von Gestaltungen, die die unterschiedliche steuerliche Behandlung eines Rechtsträgers oder eines Finanzinstruments in zwei oder mehr Staaten ausnutzen, verhindert werden. Derartige Effekte können in der mehrfachen Inanspruchnahme eines Betriebsausgabenabzugs für einen Abzugsposten (double deduction), im Abzug einer Zahlung in einem Staat ohne korrespondierende Besteuerung in einem anderen Staat (deduction/no income) und in der mehrfachen Anrechnung einmalig entrichteter ausländischer Quellensteuern bestehen. Im Einzelnen wird im Bereich der nationalen Regelungen empfohlen:

  • zur Vermeidung des doppelten Betriebsausgabenabzugs: vorrangig die Versagung des (nochmaligen) Abzugs bei dem Mutterunternehmen, nachrangig die Versagung des Abzugs beim Zahlenden, bei diesem allerdings nur in Fällen konzerninterner und strukturierter Gestaltungen;
  • zur Vermeidung eines Abzugs ohne korrespondierende Besteuerung beim Empfänger: vorrangig die Versagung des Abzugs beim Zahlenden, nachrangig die Erfassung der Einnahme beim Empfänger als ordentliche Einkünfte;
  • bei Verlagerung des steuermindernden Effekts aus dem Abzug ohne korrespondierende Besteuerung des Empfängers in einen Drittstaat: die Versagung des Abzugs beim Zahlenden, beschränkt auf konzerninterne und strukturierte Gestaltungen.

Als weitere spezifische Maßnahmen schlägt die OECD vor:

  • die Versagung der Dividendenfreistellung bei abziehbaren Zahlungen und
  • die Beschränkung der Steuerentlastung (z. B. Anrechnung) aus Quellensteuern im Verhältnis zu den steuerpflichtigen Nettoeinnahmen aus der Gestaltung.

Für jede Regel wird ein eigener Geltungsbereich im Hinblick auf die Beziehungen der beteiligten Personen zueinander definiert (Konzernzugehörigkeit, Nahestehen, Teil einer strukturierten Gestaltung oder ohne Beschränkung). Abweichend zum Diskussionspapier wird die Beteiligungsgrenze für das Vorliegen einer nahestehenden Person dabei auf 25% (bisher 10%) festgelegt. Das gleichgerichtete Handeln („acting in concert“) ist kein Tatbestand mehr. Die Maßnahmen sollen zudem nur angewendet werden, soweit es zu einer Besteuerungsinkongruenz kommt. Betriebsausgaben dürfen demnach z. B. doppelt abgezogen werden, soweit dem doppelten Abzug auch doppelt berücksichtigte Einnahmen gegenüberstehen.

Im Bereich des Abkommensrechts wird die im Rahmen der Maßnahmen zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch (Maßnahme Nr. 6) vorgeschlagene Änderung des OECD-Musterabkommens in Bezug auf doppelt ansässige Gesellschaften als nicht ausreichend angesehen, um der in dieser Hinsicht bestehenden BEPS-Problematik zu begegnen. Gefordert wird zusätzlich, das nationale Recht dahingehend anzupassen, dass Rechtsträger, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen in einem anderen Staat ansässig sind, nach den nationalen Vorschriften als nicht gebietsansässig gelten. Für transparente Gesellschaften rät der Bericht in Anlehnung an Art. 1 Abs. 7 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den USA, eine Regelung in Art. 1 des OECD-Musterabkommens einzufügen, nach der Einkünfte, die von oder über einen nach dem Steuerrecht eines der Vertragsstaaten transparenten Rechtsträger (oder eine entsprechende Gestaltung) bezogen werden, nur insoweit als Einkünfte einer dort ansässigen Person gelten, als sie nach dem Steuerrecht dieses Staates Einkünfte eines Gebietsansässigen sind. Außerdem wird empfohlen, in Doppelbesteuerungsabkommen die Befreiungsmethode durch die Anrechnungsmethode zu ersetzen und die Anrechnung auf die Höhe der inländischen Steuer, die auf die Einkünfte aus dem Quellenstaat entfällt, zu beschränken.

Die OECD will die Staaten bei der Umsetzung durch Übergangsregeln und Hilfestellungen für die Umsetzung und Anwendung der Regeln unterstützen. Dazu soll bis zum September 2015 ein Kommentar veröffentlicht werden.


Zur wirksameren Bekämpfung steuerschädlicher Praktiken (Maßnahme Nr. 5) sollen steuerliche Sonderregime, insbesondere Intellectual Property (IP)-Boxen, d. h. die günstigere Besteuerung von Einkünften aus der Überlassung von IP, nur noch gewährt werden, wenn das IP auf einer wesentlichen Tätigkeit (substantial activity) des Steuerpflichtigen beruht. Für die Beurteilung, wann eine solche wesentliche Tätigkeit gegeben ist, werden drei mögliche Ansätze genannt:

  • Wertschöpfungsansatz (value creation approach): Das Unternehmen muss bestimmte bedeutende Entwicklungsaktivitäten entfalten. 
  • Verrechnungspreisansatz (TP approach): Das Unternehmen muss in dem Land bestimmte bedeutende Funktionen in Bezug auf das Wirtschaftsgut innehaben (rechtliches Eigentum, Nutzung, Risikotragung).
  • Nexus-Ansatz (Nexus approach): Der Umfang der Begünstigung richtet sich danach, in welchem Verhältnis die qualifizierten Ausgaben des Steuerpflichtigen für die Entwicklung und Verwertung des IP zu den Gesamtausgaben für diese Tätigkeiten stehen. Die Kosten für den Erwerb des IP sowie Ausgaben für konzerninternes „Outsourcing“ der Forschungs- und Entwicklungsarbeit zählen insoweit nicht zu den qualifizierten Ausgaben.

Von diesen Ansätzen findet der Nexus-Ansatz derzeit innerhalb der OECD den meisten Zuspruch. Daneben befürwortet die OECD zur Verbesserung der Transparenz einen spontanen Informationsaustausch der Finanzverwaltungen über Verwaltungsentscheidungen (sog. „Rulings“) im Zusammenhang mit steuerlichen Sonderregimen.


Die Empfehlungen der OECD zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch (Maßnahme Nr. 6) betreffen im Wesentlichen drei Bereiche: Treaty Shopping, die ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Schachtelvergünstigung bei Dividenden und die abkommensrechtliche Doppelansässigkeit von Gesellschaften. 

  • Zur Verhinderung des Treaty Shopping soll in die Doppelbesteuerungsabkommen eine Limitation-of-Benefits-Klausel aufgenommen werden, durch die nur bestimmte, in dem jeweiligen Vertragsstaat ansässige Personen in den Genuss der Abkommensvorteile kommen. Ergänzend wird die Aufnahme einer allgemeinen Missbrauchsklausel in die Doppelbesteuerungsabkommen vorgeschlagen, nach der die Abkommensvorteile nicht gewährt werden, wenn anzunehmen ist, dass die Erreichung dieser Vorteile der Hauptzweck der Gestaltung ist, es sei denn, die Gewährung der Abkommensvorteile entspricht unter den gegebenen Umständen dem Abkommenszweck (Principle Purposes Test). 
  • Gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Schachtelvergünstigung bei Dividenden empfiehlt der Bericht, die Schachtelvergünstigung im Doppelbesteuerungsabkommen an eine Mindesthaltedauer, innerhalb der die Dividende gezahlt wird, zu knüpfen.
  • Um Abkommensmissbrauch durch eine abkommensrechtliche Doppelansässigkeit von Gesellschaften zu vermeiden, wird eine Änderung von Art. 4 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens dahingehend angeregt, dass sich die Finanzverwaltungen der Vertragsstaaten im jeweiligen Einzelfall bemühen, die Ansässigkeit auf der Grundlage des Orts der tatsächlichen Geschäftsleitung, der Gründung und anderer Faktoren durch Verständigung zu bestimmen und Abkommensvorteile ohne eine solche Verständigung nicht zu gewähren, es sei denn, die Finanzverwaltungen der Vertragsstaaten verständigen sich auf deren vollständige oder teilweise Gewährung.

Ferner soll in die Präambel der Doppelbesteuerungsabkommen der Hinweis aufgenommen werden, dass das Doppelbesteuerungsabkommen dazu dient, Doppelbesteuerung zu vermeiden, und nicht dazu, Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch missbräuchliche Steuergestaltung zu schaffen.


Der Bericht zu Verrechnungspreisen bei immateriellen Wirtschaftsgütern (Maßnahme Nr. 8, siehe dazu ausführlich Deloitte Tax-News) enthält teils endgültige und teils vorläufige Empfehlungen. Vorgeschlagen werden insbesondere Änderungen bzw. Ergänzungen zu Kapitel I (Fremdvergleichsgrundsatz), II (Verrechnungspreismethoden) und VI (besondere Überlegungen für immaterielle Wirtschaftsgüter) der Verrechnungspreisrichtlinien. Die Arbeiten zu den Maßnahmen betreffend Verrechnungspreise (Maßnahmen Nr. 8 bis 10) sollen im Jahr 2015 beendet werden.


Hinsichtlich der Verrechnungspreisdokumentation und des Country-by-Country Reportings (Maßnahme Nr. 13, siehe dazu ausführlich Deloitte Tax-News) hat sich die OECD für einen dreistufigen Ansatz entschieden. Dieser beinhaltet:

  • einen Master File (Überblick über den Konzern)
  • einen Local File (detailliertere Ergänzung für die jeweilige lokale Einheit) 
  • einen Country-by-Country Report (länderbezogene Berichterstattung

Details zum Inhalt der einzelnen Dokumente finden sich in den Anhängen 1 bis 3 des Berichts. Die Dokumentationspflichten zu Verrechnungspreisen sollen zeitnah, d. h. im Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls, spätestens mit Einreichung der Steuererklärungen für das betreffenden Geschäftsjahr, für die länderbezogene Berichterstattung, die auf den Jahresabschlüssen aufbaut, spätestens ein Jahr nach Ablauf des Geschäftsjahrs, zu erfüllen und bei Nichteinhaltung der Fristen mit entsprechenden Strafen belegt sein.


Die Entwicklung eines multilateralen Instruments (Maßnahme Nr. 15) hat zum Ziel, die bilateralen Steuerabkommen zur Umsetzung der anderen Maßnahmen durch ein multilaterales Übereinkommen abzuändern. Die OECD kommt in ihrem Bericht zu dem Ergebnis, dass ein solches Instrument möglich und sinnvoll ist und dass es sich dabei zwar um eine Neuerung im Bereich des Steuerrechts handelt, dass es aber erfolgreiche Beispiele aus anderen Bereichen des öffentlichen Rechts gibt.

Die Arbeiten zur Entwicklung des multilateralen Instruments sollen Anfang 2015 begonnen werden.
Für die Berichte zu den übrigen Maßnahmen und die Ergänzungen bzw. Überarbeitung bestehende Berichte sieht der Zeitplan wie folgt aus:

Maßnahme Diskussionspapier bis Verabschiedung durch OECD bis
3 CFC-Rules Anfang April 2015 Sept. 2015
5 Bekämpfung steuerschädlicher Praktiken   Sept. 2015 (Nicht-OECD)
    Dez. 2015 (Kriterien)
6 Verhinderung von Abkommensmissbrauch Mitte Nov. 2014 Sept. 2015
7 Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte Ende Okt. 2014 Sept. 2015
8-10 Übereinstimmung von TP-Ergebnissen und Wertschöpfung Mitte Okt. 2014 Sept. 2015
  Mitte Dez. 2014  
  Anfang April 2015  
11 Erfassung und Analyse von BEPS-Daten und Gegenmaßnahmen Ende Jan. 2015 Sept. 2015
12 Offenlegung aggressiver Steuerplanungsmodelle Ende März 2015 Sept. 2015
14 Streitbeilegungsmechanismen Dez. 2014 Sept. 2015
15 Entwicklung eines multilateralen Instruments   Dez. 2015

Die Finanzminister der G 20 haben die erzielten Fortschritte auf ihrem Gipfeltreffen am 20. und 21. September in Cairns (Australien) begrüßt und sich verpflichtet, die Arbeiten zu allen Aktionspunkten im Jahr 2015 abzuschließen.

Fundstellen

OECD, Address the tax challenges of the digital economy (Action 1) (engl.)
OECD, Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements (Action 2) (dt.)
OECD, Countering Harmful Tax Practices More Effectively, Taking into Account Transparency and Substance (Action 5) (dt.)
OECD, Preventing the Granting of Treaty Benefits in Inappropriate Circumstances (Action 6) (engl.)
OECD,Guidance on Transfer Pricing Aspects of Intangibles (Action 8) (engl.)
OECD, Guidance on Transfer Pricing Documentation and Country-by-Country Reporting (Action 13) (engl.)
OECD, Developing a Multilateral Instrument to Modify Bilateral Tax Treaties(Action 15) (engl.)

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